Ulrich „Richie“ Engler Die unglaubliche Geschichte eines Betrügers

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Die Mär vom amerikanischen Traum

Aktien für Langfrist-Anleger

Immer weiter sei er aufgestiegen, bis er schließlich zehn Jahre lang als Chefhändler für das internationale Derivategeschäft und die Bankanleihen verantwortlich gewesen sei. Nach 21 Jahren habe er die Bank verlassen. Es war die Geschichte vom amerikanischen Traum. Seine Vermittler sogen Englers Legende auf und spuckten sie bei den Kunden wieder aus. Alle wollten sie reich werden. Engler, die Vermittler, die Kunden. Und Engler fütterte ihre Wünsche mit seiner Fantasie.

Er war jetzt Ulrich Engler der Börsenspezialist, das Finanzgenie, der Reichmacher. Liest man sich heute die Tausenden Seiten Akten durch, die Englers Fall bei Anwälten, Insolvenzverwaltern, dem LKA und der Staatsanwaltschaft angehäuft hat, stellt sich unweigerlich die Frage, wie so etwas sein kann. Wie konnte Engler so viele Menschen reinlegen? Wieso glaubten so viele seine Mär von sechs Prozent Gewinn im Monat?

„Englers Plan war simpel - er hatte kaum Fehler“, sagt Andreas Warkentin, Kapitalrechtsexperte der Frankfurter Anwaltskanzlei Winheller, die Hunderte geschädigte Anleger vertritt. „Die Broschüren waren überzeugend, sein Auftritt war überzeugend, und das Geld, das er Anlegern monatlich ausbezahlte, war es erst recht.“ Seine Firma nannte Engler PCO - Private Commercial Office. Ein allgegenwärtiger Name in Florida, da Makler damit zu vermietenden Büroraum anpriesen.

Fünf für die Ewigkeit
BASF Quelle: dpa
China Mobile Quelle: REUTERS
Coca-Cola Quelle: dapd
Altria Quelle: AP
Royal Dutch Shell Quelle: dpa

Engler richtete sich ein Konto bei der Suntrust Bank ein, einer amerikanischen Privatkundenbank. Nichts an seinem System war auffällig. Engler warb seine ersten Kunden durch Anzeigen im Handelsblatt, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Welt“. Besuche waren kaum nötig. 72 Prozent Gewinn pro Jahr knipsten den Kunden ihren Verstand aus. „Ich habe nur die Anzeigen geschaltet“, sagt Englers Ur-Vermittler Huber heute. „Hätt' ich gewusst, dass alles ein Betrug ist, wäre ich nie eingestiegen.“

Engler fand weitere Vermittler. Immer mehr Kunden kamen jetzt, und von deren frischem Geld bezahlte Engler die Zinsen der bestehenden Kunden. Im März 2005 floss das erste Geld. Das Schneeballsystem Engler kam ins Rollen.

Huber wird heute von den Ermittlern des Landeskriminalamts als Europa-Chef im System Engler geführt. Neben ihm sind noch drei weitere Topvermittler wegen Betrugs angeklagt: Roland J. Renner aus Bruchsal, Gabriele Balsiger aus der Schweiz, Wilhelm Huber aus Wangen im Allgäu. Engler nannte sie die „Fantastic Four“ - die Fantastischen Vier. Keiner außer Huber wollte mit dem Handelsblatt sprechen, einige drohten sogar mit rechtlichen Schritten, sollten sie im Zusammenhang mit Engler genannt werden. Aber Rechnungen und Passagierlisten beweisen, dass Engler im Oktober 2006 sogar einen Lear-Jet mietete, um seine Fantastic Four nach Las Vegas zu fliegen: Spielen, Schlemmen und Schlafen - alles auf Englers Kosten.

Unter den Fantastic Four arbeitete ein Heer von Vermittlern - am Ende mehr als 120. Darunter Karola und Jürgen Kuprath. Über 1000 Kunden hatten allein die beiden mit ihren Helfershelfern für Engler geworben. Sie waren seine besten Botschafter. „Wir waren 2006 sogar in Florida, haben Engler getroffen und alles überprüft“, sagen die Kupraths. „Ob es das Bankkonto gibt, ob die Notarin existiert. Und er hat uns gezeigt, was er am Vortag gehandelt hat, damit wir verstehen, wie das Day-Trading funktioniert.“

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