




Für Verbraucher ist der Finanzmarkt immer noch schwer durchschaubar. Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen Banken ihre Kunden beim Verkauf von Finanzprodukten vielfach über die eigene Gewinn- Interessen im Dunklen. Geldanlagen seien ein Vertrauensgut, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Gerd Billen, am Freitag.
Viele Geldinstitute verkauften Wertpapiere und verschweigen die Provisionen, die sie dafür bekommen. Dabei nutzen manche Banken und Sparkassen Schlupflöcher, um Offenlegungsvorgaben zu umgehen. So würden Wertpapiere zu Festpreisen verkauft, bei denen nicht über Gewinnspannen informiert werden muss. Auch beim Vertrieb von Zertifikaten oder Fonds-Anteilen mit Provision sei die vorgeschriebene Information für die Kunden oft nur schwer verständlich. Nötig seien schärfere Kontrollen und Gesetze.
Was muss im Protokoll drinstehen?
Seit dem 1. Januar 2010 muss die Bank ein Protokoll über jede Anlageberatung erstellen. Darin muss stehen, wer um die Beratung gebeten hat. Wollte der Kunde einen Termin, hat der Berater ein Gespräch vorgeschlagen? Auch ob der Berater auf Wunsch seines Arbeitgebers bestimmte Produkte ansprechen soll, muss unter diesem Punkt aufgeführt sein.
Der Berater muss vermerken, wie lange das Gespräch gedauert hat.
Im Protokoll muss stehen, wie groß das Vermögen des potenziellen Kunden ist, ob er Schulden hat und falls ja, wie hoch sie sind. Außerdem gehört hinein, wie hoch das Einkommen ist.
Damit dem risikoaversen Investor nicht hochspekulative Papiere angedreht werden und es nachher heißt, man hätte von nichts gewusst, gehören die Kundenwünsche ins Protokoll: Welche Risikoneigung hat der Investor, wie viel Rendite will er – und: wie hat der Berater die Entscheidung beeinflusst. Wer wenig Risiko und wenig Rendite will und abschließend ein Pendant der Lehman-Zertifikate kauft, wurde höchstwahrscheinlich falsch beraten.
Alle Produkte, die ein Banker empfiehlt, müssen im Protokoll aufgeführt sein, auch wenn der Investor sich dagegen entscheidet. Außerdem müssen die Gründe, die laut Berater für ein Produkt sprechen, aufgelistet werden.
Der vzbv präsentierte am Freitag entsprechende Ergebnisse einer Untersuchung über die Aufklärungspraxis der Banken. 65 von 126 angeschriebenen Instituten hätten gar nicht reagiert, kritisierte Billen. „Hier scheint die Branche aus der Finanzkrise nicht gelernt zu haben.“ Die Ergebnisse zeigten, dass Geldinstitute Finanzprodukte häufig nicht mehr auf klassische Weise als Kommissionsgeschäft anbieten. Hierbei kaufen Banken Wertpapiere auf Rechnung des Kunden und erhalten dafür vom Anbieter eine Provision, die dem Kunden genannt werden muss. Statt dessen ergab die Untersuchung, dass 80 Prozent der Banken und Sparkassen auch Wertpapiere auf eigene Rechnung kauften und zum Festpreis an den Kunden weitergaben. In diesem Fall sind die Geldhäuser nicht verpflichtet, den Kunden über ihre Marge zu informieren, da es sich formal nicht um Provisionen handelt.
Mit diesem Formwechsel könne offenkundig der bisherige Ansatz zur Schaffung von Transparenz infrage gestellt werden, kritisierte Billen. „Wo es versteckte Interessen gibt, müssen sie offengelegt werden.“ Dies solle unabhängig von der Bezeichnung des Produkts gelten. Der vzbv monierte zudem, dass Provisionen oft in Prozent, aber nicht leichter verständlich in Euro beziffert würden. Das Bundesverbraucherministerium betonte, Kunden müssten Kosten von Finanzprodukten auf einen Blick erkennen können. Ein Sprecher verwies auf schon vorgeschriebene Protokolle von Beratungsgesprächen und Informations-Blättern zu Funktionsweise und Risiken. Wenn es Grauzonen oder Regelungslücken geben sollte, seien sie zu schließen.
Doch gerade die Beratungsprotokolle zeigen bisher wenig Wirkung. Zwar sind Bankberater seit Januar 2010 dazu verpflichtet, das Gespräch mit dem Kunden zu dokumentieren. Die Position des Kunden sollte damit gestärkt werden, im Falle einer Falschberatung sollte das Protokoll die Klage erleichtern. Beispielsweise darf ein Bankberater seinem Kunden nicht mehr so einfach einzelne Aktien empfehlen. Erst wenn er entsprechende Empfehlungen der Aktienresearch-Abteilung eingeholt hat und das im Protokoll vermerkt, darf er auf lukrative Einzeltitel hinweisen. Allerdings zeigen Umfragen, dass die Kunden das Protokoll nicht als Hilfe wahrnehmen. Im Gegenteil: die meisten sehen in den Protokollen lediglich einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand.
Die Verbraucherzentralen forderten deshalb die Einführung eines Finanzmarktwächters. Dieser solle die bei den Verbraucherzentralen eingehenden Beschwerden auswerten und die Verbraucher auf dieser Basis informieren und aufklären. "Das Ziel muss sein, präventiv zu wirken und zu verhindern, dass Verbrauchern Verluste in Milliardenhöhe entstehen", sagte Billen.