Verkehrte (Finanz-)Welt

Das Verlustrisiko von Aktien ist beherrschbar

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Implizite "faire" Bewertung

Für europäische Aktien (MSCI Europe) liegt das Shiller-KGV mit einem Wert von derzeit knapp 19 in der Nähe des langfristigen Durchschnitts. Dies impliziert eine „faire“ Bewertung, so dass in den kommenden zehn Jahren von einer durchschnittlich erwarteten nominalen Rendite im Intervall von sechs bis sieben Prozent pro Jahr ausgegangen werden kann. Am US-Aktienmarkt (S&P 500) hingegen liegen mit einem Shiller-KGV von 30,7 aktuell sehr hohe Bewertungen vor. Deshalb ist hier im Durchschnitt für die nächsten zehn Jahre nur eine Rendite von nominal 2,5 bis 4,0 Prozent zu erwarten.

Kurze Haltedauer macht Aktienverluste wahrscheinlich

Im Folgenden werden diversifizierte Aktienportfolios betrachtet, da deren Risiko geringer als das von Einzeltiteln ist. Für die Beispielsrechnung werden – basierend auf den oben angestellten Überlegungen – in der Zukunft folgende stetige Renditen angenommen: 6,5 Prozent pro Jahr nominal für den europäischen Aktienmarkt und drei Prozent jährlich. (für zehn Jahre) und 6,5 Prozent (anschließend) für den US-Aktienmarkt. Dabei wird mit einer durchschnittlichen Volatilität der Marktindizes von 22 Prozent gerechnet.

Die Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

Verlustwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom Anlagezeitraum.

Wie in der Abbildung zu erkennen ist, sind bei kurzer Haltedauer Verluste am Aktienmarkt recht wahrscheinlich: Bei einer Anlage für ein Jahr liegt die Verlustwahrscheinlichkeit in der Größenordnung von 35 bis 45 Prozent. Zudem nimmt bei hoch bewerteten Aktien (USA) die Verlustwahrscheinlichkeit bei Anlagezeiträumen bis zu zehn Jahren langsamer ab als im Fall einer durchschnittlichen oder günstigen Bewertung. Grund hierfür ist die niedrigere Renditeerwartung, durch welche Rückschläge am Aktienmarkt in geringerem Umfang absorbiert werden.

Bei einem längeren Anlagehorizont von beispielsweise 20 Jahren liegt im betrachteten Beispiel die Wahrscheinlichkeit, mit europäischen Aktien eine negative Rendite zu erzielen, bereits unter zehn Prozent. Selbst bei US-Aktien ist für diesen Zeitraum ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Mit zunehmender Dauer der Anlage nimmt auch der Einfluss der Bewertung auf die Verlustwahrscheinlichkeit ab.

Aktienanlagen für die Altersvorsorge relevant

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Anleger das mit Aktienanlagen verbundene Risiko erheblich senken können, indem sie diversifizierte Portfolios für einen möglichst langen Anlagezeitraum erwerben. Vor diesem Hintergrund erscheinen Aktien zunächst für die frühzeitige Planung der Altersvorsorge interessant. Da jedoch ein „langer Anlagehorizont“ nicht mehrere Jahrzehnte bedeuten muss, kann auch zu einem späteren Zeitpunkt noch über einen Einstieg nachgedacht werden. Besonders in diesem Fall sollte jedoch die Bewertung der Aktienmärkte zum Einstiegszeitpunkt berücksichtigt werden, da diese den erwarteten Ertrag sowie das Verlustrisiko erheblich beeinflussen kann.

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