Verkehrte (Finanz-)Welt

Neuer Boom bei Wandelanleihen

Seite 2/2

Wandelanleihen schlagen Anleihen im Zinsanstieg

Die spezielle Anleihegattung der Wandler hat eine deutlich geringere Zinssensitivität gegenüber normalen Anleihen. Neben der vergleichsweise kürzeren durchschnittlichen Restlaufzeit von drei bis vier Jahren spielt das Umtauschrecht eine entscheidende Rolle. Zum einen gilt: je höher die Zinsen, desto höher der Wert des Wandelrechts – das ist von Vorteil im Zinsanstiegsumfeld.

Aufgrund dieser Eigenschaften können Wandler Kursgewinne bei steigenden Zinsen und gleichzeitig positiven Aktienmärkten generieren (siehe Grafik).

In fast jeder Zinsanstiegsperiode seit dem Jahr 2000 haben Wandelanleihen die Anleihemärkte geschlagen.

Unternehmensanleihen (blaue Balken) entwickeln sich in Perioden steigender US-Zinsen deutlich schlechter als Wandelanleihen (rote Balken).Lesebeispiel: Über den Zeitraum, der im Jahr 2000 endet (exakt Okt. 1998 bis Feb. 2000), stiegen die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen um 2,51% an. Während dieser Zeit lieferten Unternehmensanleihen einen Ertrag von rund 1%, während Wandelanleihen rund 45% zulegten.

Doch auch Wandelanleihen bringen gewisse Risiken mit sich: Sofern das emittierende Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten gerät, riskiert der Anleger den Verlust des Investments. Fällt der Aktienkurs stark, aber das Unternehmen wird nicht zahlungsunfähig, dann hat der Investor lediglich eine Schuldverschreibung des Unternehmens und kann mit der Rückzahlung seines Investments rechnen. Das Aktientauschrecht (Option) wird in solchen Konstellationen hingegen praktisch wertlos.

Wird das Rating des Unternehmens herunter gestuft (ohne Zahlungsschwierigkeiten), reagiert die Wandelanleihe mit Kursabschlägen.

Die Preisbildung für Wandelanleihen ist zudem hochkomplex und hängt von zahlreichen Faktoren wie dem allgemeinen Zinsniveau, der unternehmensspezifischen Krediteinstufung, vom Aktienpreis des betreffenden Unternehmens und vom Umtauschverhältnis ab.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Marktliquidität für einzelnen Titel begrenzt ist, sodass ein Verkauf kurzfristig vielleicht nicht oder nur zu einem ungünstigen Preis möglich ist.

Aus diesen Gründen sind Wandelanleihen für Privatanleger nur selten als Direktanlage geeignet. Privatanleger sollten diese Assetklasse daher mit der nötigen Umsicht angehen und sie sich stattdessen eher über einen Publikumsfonds erschließen.

Angesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen sowie der Unsicherheiten, die diese für Investoren mit sich bringen, dürfte das Interesse an Wandelanleihen von Käuferseite weiter stark bleiben. Steigende Zinsen begünstigen diese Entwicklung, nicht zuletzt weil sie auch neue Emissionen mit sich bringen dürften. Insofern kann es durchaus sein, dass 2018 noch zum Jahr der Wandelanleihe wird.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%