Über zwei Billionen Euro lagern deutsche Fondsgesellschaften nach Angaben des Deutschen Fondsverbands BVI bei sogenannten Verwahrstellen. Diese bewahren die Vermögensgegenstände für die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen), kontrollieren diese, indem sie etwa prüfen, ob die im Namen des Fonds durchgeführten Geschäfte zu marktüblichen Kursen erfolgt sind, und haften für das verwahrte Kapital.
KVGen sind in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, ihr Fondsvermögen wie Wertpapiere bei einer unabhängigen Verwahrstelle zu deponieren. Diese Vorgabe soll dem Anlegerschutz dienen. Doch der Markt für Verwahrstellen (ehemals Depotbanken) hat sich zuletzt drastisch verändert: Schärfere regulatorische Anforderungen und ein harter Preiskampf setzen insbesondere kleine Anbieter unter Druck. Marktteilnehmer, wie etwa Pensionseinrichtungen und Versicherungen, setzen primär auf den Preis als Auswahlkriterium – und gehen damit möglicherweise ein Risiko ein.

Ausfall ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vermögensgegenstand seitens der Verwahrstelle verloren geht, ist zwar sehr gering. Allerdings kann ein Untergang sehr weitreichende Folgen für den Investor haben. So könnte etwa eine Cyberattacke, bei der Vermögenswerte in großem Umfang entwendet werden, zu einem solchen Ausfall führen. In diesem Fall stellt sich dann die Frage, ob die Verwahrstelle über eine solide Kapitaldecke verfügt, um den Investor zu entschädigen und den Marktwert des verlorengegangenen Vermögensgegenstandes wiederherzustellen.
Der Preis entscheidet (fast) alles
Doch das Geschäftsfeld der Verwahrstellen hat sich über die vergangenen Jahre grundlegend verändert: Seit der Jahrtausendwende ist der Markt durch Übernahmen und Fusionen gekennzeichnet. Er weist heute oligopolistische Strukturen auf, wobei der Großteil der Vermögenswerte bei einer begrenzten Anzahl an Verwahrstellen liegt. Mit einem Marktanteil von 60 Prozent dominieren sechs Anbieter die globale Verwahrstellenlandschaft (Quelle: Basel Komitee, Indikatoren für Global systemrelevante Banken, 2017). Durch die Konsolidierung sollen Skaleneffekte geschaffen und dabei Kosten gesenkt werden. Der Preis entscheidet inzwischen (fast) alles. In Deutschland verwaltet die Verwahrstelle der französischen Großbank BNP Paribas mit über 431 Milliarden Euro das meiste Kapital. Weitere große Anbieter sind die State Street Bank, die DZ Bank und die Bank of New York Mellon.
Bei genauerer Betrachtung zeigen sich beim Aufbau der Verwahrstellen allerdings erhebliche Unterschiede: einige lokale Anbieter werden als Geschäftsbereich von der Konzernmutter gestützt – die im Haftungsfall das nötige Kapital beisteuern könnte. Andere wiederum sind eigenständige rechtliche Einheiten. Insbesondere hier sollte auf das Verhältnis von verwahrtem Gesamtvermögen zu Eigenkapital geschaut werden, welches im Haftungsfall entscheidend ist. Je kleiner die Kapitaldecke, desto drastischer die möglichen Folgen, sollte der Ernstfall wirklich einmal eintreten.
Verwahrstellen sind zwar gesetzlich dazu verpflichtet, Anlegervermögen klar vom Eigenbestand zu trennen und ein weitreichendes Risikomanagement zu betreiben. Doch regulatorische Vorgaben können nicht alles lösen. Auch die Marktteilnehmer sind dazu aufgefordert, ihre Auswahlkriterien anzupassen. Eine genauere Prüfung, wer die eigentlichen Vertragspartner sind, und wie das Verhältnis von Kapitaldeckung zu verwahrtem Gesamtvermögen aussieht, wäre ratsam.
Denn: So sehr das Umfeld für Verwahrstellen sich im Zuge der Finanzkrise gewandelt hat, so sehr Haftungspflichten und Anlegerschutz verstärkt wurden, so wenig scheinen die Kriterien angepasst worden zu sein, anhand derer Verwahrstellen ausgewählt werden. Weiterhin ist der Preis das primäre Auswahlkriterium (vgl. auch: „The Paradigm Shift: Review of the historical evolution of the global custody industry “ von Roel van de Wiel). Ob dieses Vorgehen optimalen Schutz der Vermögensgegenstände bietet, ist fraglich. Marktteilnehmer täten gut daran, Verwahrstellen und ihre Struktur genauer unter die Lupe zu nehmen.