Verkehrte (Finanz)welt
Jemand analysiert Daten Illustration Quelle: Fotolia

Investments in kleine und mittlere Unternehmen werden schwerer

Höhere Kosten, mehr Aufwand und weniger Aktienanalysen – die Vorbehalte gegen die neue Regulierungsvorschrift MiFID II waren groß. Welche Probleme es tatsächlich gibt.

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Seit etwas mehr als einem Jahr ist die Regulierungsrichtlinie MiFID II nun in Kraft. Die sogenannte „Markets in Financial Instruments Directive“ ist das größte und umfassendste europäische Regelwerk nach der Finanzkrise 2008/2009. Sie zielt darauf ab, die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen und mehr Transparenz für Anleger zu schaffen. Der Handel mit Wertpapieren soll für Anleger sicherer werden. Gleichzeitig sollen auch Provisionen und Anreizsysteme korrigiert werden, die zuvor zu einer allzu starken Verbreitung von risikoreichen Produkten geführt hatten. Mittlerweile allerdings zeigt sich: die Reform könnte teils unerwünschte Nebenwirkungen haben – unter anderem für kleinere Unternehmen. Die Crux liegt in einer scheinbar kleinen Veränderung: dem Aktien-Research. Sind die Befürchtungen begründet?

Sorgen um Aktien-Research

Statt Einzelaktien zu kaufen, bevorzugen deutsche Anleger eher passive und aktive Fonds. Insbesondere Letztere setzen auf Recherchen (das sogenannte Research) und Analysen von Banken, um ihre Anlageentscheidungen zu treffen. MiFID II macht neue Vorgaben dazu, wie dieses zu beziehen und zu bezahlen ist: Fonds und Fondsgesellschaften dürfen das von ihnen genutzte Research nicht mehr indirekt über Wertpapiergeschäfte mit ausgewählten Banken entlohnen, sondern müssen die benutzten Analysen direkt bezahlen und ihre Anleger über die dadurch entstandenen Kosten informieren. Eine „kostenlose“ Annahme von Research-Leistungen ist nicht zulässig, da sie die Unabhängigkeit des Fondsmanagers zu Lasten der Kunden beeinträchtigen könnte.

Auf den ersten Blick ist das im Sinne der Kunden und zudem nur eine kleine Änderung. Trotzdem ergeben sich daraus verschiedene Konsequenzen, die teils heftige Kritik ausgelöst haben. Bedenken äußerten die direkt betroffenen Manager der Fondsgesellschaften und deren Verbände. Sie betreffen im Wesentlichen folgende drei Punkte:

Sorge Nr. 1: Wenn Research nicht mehr über den Wertpapierhandel entgolten wird, könnte es teurer werden. In der Folge stünde weniger Research zur Verfügung, die Datenqualität würde leiden und es könnte leichter zu Fehlentscheidungen kommen.

Sorge Nr. 2: Wenn Research direkt bezahlt werden muss, verursacht das zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Fondsgesellschaften könnten aus Kosten- und Effizienzgründen zunehmend auf wenige, große Anbieter setzen. Nischenanbieter würden aus dem Markt gedrängt. Die geringere Vielfalt an Meinungen könnte wiederum zu einer geringeren Effizienz der Märkte führen, d.h. Wertpapierpreise würden möglicherweise nicht die eigentlich verfügbaren Informationen wiederspiegeln.

Sorge Nr. 3: Research-Anbieter geraten unter Kostendruck und könnten dann ihre Aktivitäten auf die größten und gefragtesten Titel konzentrieren. Das dürften besonders kleine und mittlere Unternehmen zu spüren bekommen: ihre Aktien (sogenannte Small- und Mid-Caps) würden aus dem Blickfeld geraten, was es ihnen schwerer machen würde, Kapital zu beschaffen.

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