Börsennotierte Firmen wie BioNTech stehen beispielhaft für Chancen und Investmentpotenziale im Gesundheitsmarkt. Die Bewertung des Impfstoffherstellers vervielfachte sich seit Anfang 2020 und für das laufende Jahr werden Umsätze in Höhe von 13 bis 17 Milliarden Euro prognostiziert. Indes: Das Mainzer Unternehmen steht eher für die Ausnahme als die Regel.
Corona hat sich auf einzelne Subindustrien im Gesundheitsmarkt sehr unterschiedlich ausgewirkt, einige Akteure – vor allem, wenn sie (grob) nicht den Bereichen Diagnostik, biopharmazeutische Industrie, Labormaterialien oder Geräte- und Intensivmedizin zugehören – mussten im ersten Jahr der Pandemie sogar Rückschläge bei den Patenten (Beispiel Medizintechnik: minus 13 Prozent) und der Anzahl der Beschäftigten (minus 4 Prozent) hinnehmen.
Selbst Schwergewichte wie Fresenius ringen mit den Folgen der Pandemie und verbuchten zuletzt empfindliche Kursverluste.
Wonach Anleger suchen
Ob Omikron das Ende der Pandemie bedeutet, darauf sollte sich im Moment niemand verlassen. Zahlreiche Experten gehen jedoch von einem Übergang in eine endemische Phase (die dadurch gekennzeichnet ist, dass ein großer Teil der Bundesbürger einen Schutz aufgebaut hat) aus. Viele Anleger fragen sich, inwieweit sie ihr Portfolio jetzt mit einer Investition im Healthcare-Markt anreichern sollten. Ließe sich damit ein Beitrag leisten, um Vermögen zu schützen und das Depot gegen aktuelle Inflations- und Zinsrisiken zu wappnen? Sind Erträge – auch entgegen der Entwicklungen am Gesamtmarkt – erwartbar? Letztlich geht es dabei auch um die übergeordnete Frage, inwieweit Healthcare-Titel einen Baustein für die etwaige Rotation von Growth zu Value bilden – schließlich gelten diese in der Regel als relativ konjunkturrobust und eher wenig schwankungsintensiv.
Es lohnt sich daher einen Blick darauf zu werfen, welche Anlageformen hierzulande zugänglich sind, um am Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg des Gesundheitssektors zu partizipieren.
Public Markets: Diese Anlagemöglichkeiten gibt es
Mit einem an der Börse gehandelten Indexfonds (ETFs) können Anleger in nationale oder internationale Sektorbarometer – beispielsweise den MSCI World Health Care oder den S&P 500 Health Care – investieren. Eine Mindesteinlage wird in der Regel nicht vorausgesetzt, das heißt, Anleger können auch mit kleinen Anlagesummen (und – je nach Index – mit einem relativ breit gestreuten Risiko) eins zu eins an der Wertentwicklung teilhaben.
Wer einen Mehrertrag gegenüber der allgemeinen Branchenentwicklung anstrebt, dem stehen auch zahlreiche aktiv gemanagte Publikumsfonds zur Auswahl. Hier sollten Anleger auf den Track Record und ausreichende Erfahrungen des Managers achten, also ob dieser den Gesundheitssektor-Index, an dem er oder sie sich orientiert, nachhaltig geschlagen hat.
Viele Unternehmen der Life-Science-Branche sind mittlerweile börsennotiert, oftmals sind es jedoch die mittelständisch geprägten Innovatoren, die zu den Weltmarktführern gehören. Wer über den Handel mit Einzelaktien direkt in aussichtsreiche Unternehmen investieren möchte, der sollte die Usancen und Risiken, die sich zum Beispiel aus dem regulatorischen Umfeld, aus Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie weiteren Kriterien ergeben, sorgfältig recherchieren.
Trend: Mittelständische Player und Private Markets
Zwei Trends zeichnen sich ab, die den Markt für Healthcare-Investments erheblich beeinflussen: Erstens verlagert sich ein signifikanter Teil der Wertschöpfung aktuell von an der Börse gehandelten Investments zu Privatmärkten. Allein im vergangenen Jahr sind laut Daten der Unternehmensberatung McKinsey fast 1,2 Billionen US-Dollar in Private Equity-Fonds und weitere Privatmarktanlagen geflossen. Börsennotierungen gehen zurück, außerbörsliche Finanzierungen legen zu, bestätigte unlängst auch die Weltbank.
Auch am Markt für Bio- und Pharmatechnik orientieren sich mehr Investoren abseits der öffentlichen Börsen. Als Motiv beobachten wir einerseits die Suche nach einer Verbesserung des Rendite-Risiko-Verhältnisses. Dies ist aber nur ein Grund und führt zu Trend Nummer zwei, der aus den skizzierten strukturellen Besonderheiten des Gesundheitsmarktes resultiert.
Weite Teile der Wertschöpfung in der industriell-technologischen Gesundheitswirtschaft, je nach Berechnungsmethode 90 Prozent oder mehr, sind mittelständischen Unternehmen zuzurechnen. Schaut man allein auf die Patente in der Medizintechnik, so rangieren die deutschen Hidden Champions auf einem beeindruckenden zweiten Platz hinter den USA. Viele dieser Betriebe stehen nicht nur aufgrund der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR), mit der die EU-Bürokratie nach Ansicht vieler Marktbeobachter über das Ziel hinausschießt, vor erheblichen Herausforderungen. Die MDR sieht klinische Studien für Produkte vor, die bereits seit Jahren am Markt befindlich sind und vervielfacht die Kosten für neue Zulassungen. Gleichsam stehen strategische Entscheidungen an, etwa Finanzierungsfragen, Erschließungen neuer Märkte sowie Nachfolgethemen oder Divestments. Deutlich häufiger als früher werden zur Bewältigung dieser Themen strategische Gesellschafter, etwa spezialisierte Private Equity-Häuser, mit verschiedenen Investoren- und Beteiligungsmodellen an Bord geholt.
Ausblick
Angesichts demografischer Megatrends und eines steigenden Anteils medizinischer Ausgaben am BIP dürfte der Gesundheitssektor, der ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft bildet, für Investoren attraktiv bleiben. Entsprechende Titel sind über eine Palette unterschiedlicher Assetklassen im deutschen Markt abgebildet und investierbar.
Private Markets inklusive Private Equity erleben angesichts der Umwälzungen in der Industrie merkliche Zuflüsse. Dafür müssen Anleger längere Laufzeiten und eine eingeschränktere Handelbarkeit als bei Aktien beziehungsweise Branchen-ETFs und offenen Fonds hinnehmen. Die beste Diversifikationswirkung verspricht ein Mix aus liquiden Healthcare-Assets (Public Market) mit alternativen Private Markets-Anlagen.
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