Verkehrte (Finanz)welt
Verschiedene Kryptowährungen Quelle: imago images

Krypto-Währungen für Anleger: Zugreifen oder Finger weg?

Erst Bitcoin, Ethereum, Ripple und Co., nun auch noch Facebooks Libra: Kryptowährungen sind wieder angesagt, sogar die Politik mischt sich jetzt ein. Was das perspektivisch für Anleger bedeutet.

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Die noch junge Anlageklasse der Krypto-Assets hat aufregende Zeiten hinter sich: 2017 schossen die Kurse von Bitcoin, Ethereum und Co. in schwindelerregende Höhen. Viele Anleger wollten auf den Zug aufspringen; manche hatten Glück und realisierten traumhafte Renditen, andere stiegen bei Höchstkursen ein und mussten herbe Verluste hinnehmen, als 2018 die Kurse deutlich nachgaben. Seit Kurzem ist das Thema nun wieder in aller Munde: Verständlich, denn die Preise vieler Kryptowährungen – allen voran das „Leit-Asset“ Bitcoin – haben sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt.

Libra: Weckruf für die Geldpolitik

Auslöser vieler kontroverser Diskussionen ist der Internet-Gigant Facebook, der mit Libra eine eigene Kryptowährung auf den Markt bringen will. Und auch wenn sich Libra in vielen Punkten grundlegend von dezentralen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum unterscheidet, so belegt es doch die Relevanz des Themas. Der Vorstoß von Facebook war für viele Politiker und Notenbanker ein Weckruf: Selbst wenn nur ein kleiner Teil der über zwei Milliarden Nutzer des sozialen Netzwerks tatsächlich dessen private Kryptowährung nutzen dürfte, könnte das die Kraftverhältnisse der Finanzwelt gehörig durcheinanderwirbeln.

Die Bundesregierung hat prompt reagiert: In der kürzlich veröffentlichten Blockchain-Strategie verlautete sie, man würde sich dafür einsetzen, dass private „Stablecoins“ – so der Fach-Terminus für wertstabile Kryptowährungen wie etwa Libra – staatlichen Währungen nicht den Rang ablaufen. Das klingt etwas nach Trotzreaktion, denn pauschale Verbote sind meistens ein Irrweg. Gleichwohl: Mit Veröffentlichung der Blockchain-Strategie hat die Bundesregierung Farbe bekannt und Investitionen in Blockchain-Technologien quasi zur Chefsache gemacht. Das heißt konkret: Dezentrale Krypto-Assets wie Bitcoin bleiben legal. Unternehmen, die im Krypto-Umfeld Dienste anbieten, werden stärker reguliert, sollen aber auch gefördert werden, denn die Bundesregierung will „Deutschlands führende Position ausbauen“. Das ist ein starkes Signal an die Branche und an Investoren. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die richtige Balance zwischen Verbraucherschutz und Innovationsförderung findet. Anleger sollten die Regulierung in jedem Fall im Auge behalten und gerade bei neuen Token-Emissionen prüfen, wie diese regulatorisch eingeordnet werden.

Krypto-Assets richtig einschätzen

Jenseits der politischen Diskussion stellt sich für Anleger ganz konkret die Frage, ob die Zeit reif ist für ein Investment in Krypto-Assets. Wie auch schon 2017 suchen viele den richtigen Einstiegszeitpunkt: Soll ich jetzt investieren? Stehen weitere Kurssprünge bevor, oder gehen nach der starken Kursentwicklung in diesem Jahr die Preise nochmal nach unten?

Bevor man sich diesen Fragen widmet, sollte man eine systematische Betrachtung von Krypto-Assets als Anlageklasse vornehmen. Wie bei anderen Investitionen auch, spielen drei Faktoren eine wichtige Rolle: Das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko, die Liquidität sowie die Korrelation mit anderen Anlageklassen.

Krypto-Assets bieten ohne Zweifel die Chance auf hohe Renditen. Der Bloomberg Galaxy Crypto Index beispielsweise, der zum Ziel hat, die Preisentwicklung des Krypto-Marktes abzubilden, hat seit seiner Lancierung im August 2017 im Mittel 28 Prozent Rendite pro Jahr erzielt. Doch mit hohen Renditen gehen im Regelfall auch hohe Risiken einher, das ist bei Krypto-Assets nicht anders. Es handelt sich um eine junge Anlageform, die sich – ähnlich wie Investitionen in Start-Ups – sehr dynamisch entwickelt. Das bedeutet konkret: Auch hohe Verluste sind möglich.

Die Liquidität von Krypto-Assets ist grundsätzlich hoch, insbesondere dann, wenn man andere Frühphasen-Investitionen zum Maßstab nimmt. Während man bei Venture Capital-Investitionen sein Kapital oft auf Jahre binden muss, können Krypto-Assets rund um die Uhr auf Online-Handelsplätzen ge- und verkauft werden. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: Während bei den Schwergewichten Bitcoin und Ethereum, die eine Marktkapitalisierung von mehreren Milliarden US-Dollar aufweisen, ein reger Handel stattfindet, sind die Orderbücher für etwas exotischere Krypto-Werte oftmals deutlich dünner. Wer Liquidität sucht, sollte sich daher auf die „Blue Chips“ unter den Krypto-Assets konzentrieren.

Aus Portfolio-Sicht schließlich bieten Krypto-Assets attraktive Eigenschaften, denn sie sind praktisch nicht zu anderen Anlageklassen korreliert. Das bedeutet, dass sie gut zur Diversifikation und somit zur Risikostreuung eingesetzt werden können. Man sollte sich aber sicher sein, dass das restliche Portfolio die erheblichen Kursschwankungen gut abfedern kann.

Einstieg auf Raten

Geeignet ist die Anlageklasse aufgrund ihrer Besonderheiten vor allem für Anleger, die bereits Erfahrung mit alternativen Anlageformen haben und ihr Portfolio systematisch aufbauen wollen. Die Frage nach dem idealen Einstiegszeitpunkt tritt bei einem systematischen Portfolioaufbau eher in den Hintergrund. Das Timing von Märkten gehört zu den schwierigsten Übungen für Investoren, selbst Profis liegen oft daneben. Die Krypto-Märkte mit ihrer hohen Volatilität sind da keine Ausnahme.

Die grundsätzlichen Charakteristika einer Anlageklasse kann man hingegen systematisch erfassen. Wer die Entscheidung getroffen hat, dass Krypto-Assets in das eigene Portfolio passen, für den empfiehlt sich ein „Einstieg auf Raten“. Damit macht man sich nicht nur von kurzfristigen Kursschwankungen unabhängig(er), sondern sammelt auch Erfahrungen im Umgang mit der neuen Anlageform. Denn die Lernkurve, die selbst erfahrene Investoren zu bewältigen haben, ist meist steil.

Und so lautet auch die Antwort auf die Frage nach dem idealen Einstiegszeitpunkt: Grundsätzlich jederzeit – aber erst einmal mit einem kleinen Betrag.

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