Viele Anleger tolerieren derartig hohe negative Abweichungen nicht, oft steigen sie sogar gerade dann aus einem Faktor aus, wenn dieser gerade wieder anfängt zu funktionieren. Für ein erfolgreiches „Faktor Investing“ ist daher enormes Durchhaltevermögen entscheidend. So ist es ein wesentliches Merkmal der Value-Strategie, dass sie sich gerade in den Titeln engagiert, die anderen besonderes unattraktiv oder riskant erscheinen. Sie lag im oben genannten Zeitraum nach der Krise extrem vorne (+68 Prozent), denn sie investierte kurz nach der Lehman Pleite in Banken und Automobile - ein Zeitpunkt, zu dem fast alle Marktteilnehmer von einem Katastrophenszenario für diese Branchen ausgingen.
Zur Person
Thomas Kieselstein, CFA, ist langjähriges Mitglied der CFA Society Germany sowie CIO und Managing Partner der Quoniam Asset Management GmbH.
Um diese kurzfristigen Ausschläge zu dämpfen, wird mitunter empfohlen, die unterschiedlichen Strategien zu mischen. Aber auch ein derartiges Multi-Faktor Portfolio kann lange Jahre enttäuschen, wenn die schwergewichtigen Blue Chips am besten abschneiden – so geschehen etwa während des Technologie- und Medien-Booms Ende der Neunziger Jahre. Ferner ist davon auszugehen, dass bei steigender Popularität die Outperformance einzelner Faktoren im Laufe der Zeit geringer wird. Einige Strategien sind auch schlichtweg nicht liquide genug, um von großen Anlegerscharen genutzt werden zu können.
Es ist also durchaus möglich, trotz weitgehend effizienter Kapitalmärkte den Dax mit einfachen Mitteln zu schlagen. Dazu gehören aber ein langer Atem und Mut zum Risiko. Anleger sollten wohl überlegen, welche Risiken sie eingehen, und ein gutes Verständnis der zugrunde liegenden Produktcharakteristika mitbringen.