Verkehrte (Finanz)Welt
Quelle: dpa

Trouble in Paradise – Warum auch Investoren innovativ sein müssen

Venture-Capital-Fonds haben wenige Investoren wegen der hohen Mindestanlagevolumina. FinTech-Unternehmen machen diese Anlageform für Privatkunden zugänglich. Davor sollte man sich genau mit ihr vertraut machen.

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Innovation macht vor der Finanzbranche nicht halt. Sowohl Venture Capital wie auch Private Equity waren seinerzeit innovativ und hatten entsprechend hohe Renditen. Doch wie bei allen Innovationen, die Profite versprechen, waren die Wettbewerber – in diesem Fall andere Assetmanager – schnell zur Stelle und ahmten die „Gewinnerkonzepte“ nach. Eine Überrendite (Alpha) wird dadurch im Laufe der Zeit immer schwieriger. Die Investitionssummen von Fondsinvestoren haben in den letzten Jahren Rekordwerte erreicht, sowohl in den USA wie auch in Europa. Dadurch sind auch die Unternehmensbewertungen, also die Preise im Einkauf, stark gestiegen.

Für Investoren wird es damit immer schwieriger, eine dem Risiko angemessene Rendite zu erzielen. Anlagemöglichkeiten in sogenannte „Alternative Assets“ waren lange Zeit institutionellen Investoren vorbehalten. Denn während man Aktien oder Rentenpapiere aufgrund der überschaubaren Ticketgröße auch als Privatkunde relativ einfach handeln kann, ist der Zugang zu einigen anderen Anlageklassen ungleich schwerer zu bewerkstelligen. Private Equity- und Venture Capital-Fonds haben einen in der Regel überschaubaren Investorenkreis, allein schon durch die Anforderung siebenstelliger Mindestanlagevolumina, die eine breite Streuung verhindern.

Vor einigen Jahren traten dann erste FinTech-Unternehmen auf den Plan, die solche Anlageformen auch Privatkunden zugänglich machen wollen. Vor der Anlage sollte man sich aber mit der Charakteristik solcher Fonds und den verschiedenen Anlagestrategien vertraut machen.

Private Equity

Der Begriff Private Equity wird heutzutage synonym mit Buy-outs verwandt, das heißt dem vollständigen Erwerb bestehender Anteile an einem Unternehmen, der teilweise mit Fremdkapital finanziert wird. Der Einsatz von Fremdkapital wird dabei auch Leverage genannt, weil der Einsatz des vom Fonds eingesetzten Kapitals „gehebelt“ wird. Hier ein einfaches Rechenbeispiel: Ein für 100 erworbenes Unternehmen, das mit 100 Eigenkapital erworben wird, erzielt im Falle des Verkaufs für 200 eine Verdopplung des Einsatzes (200/100). Wird dasselbe Unternehmen aber mit 50 Eigenkapital und 50 Fremdkapital erworben, hat erhält der Investor das dreifache (150/50) seines Einsatzes zurück.

Diese Strategie ist nicht ganz ungefährlich. Zwar investieren Buy-out-Fonds regelmäßig in profitable und cash-flow-positive Unternehmen, was zu einer vergleichsweise geringen Ausfallrate führt. Jedoch ist diese nicht bei null. Ein zu hoch angesetzter Fremdkapitalanteil führt bei ungeplanten Verlusten des Unternehmens schnell zu einem negativen Eigenkapital, was in der Regel in die Übernahme des Unternehmens durch die Fremdkapitalgeber führt – und damit zu einem Verlust für den Fonds.

Trotzdem hat sich bisher gezeigt: Bis auf extreme Marktkonditionen, gegen die auch Private Equity nicht immun ist, bleiben die Ausfallraten zumeist relativ gering.

Venture Capital

Venture Capital kann nicht umsonst mit „Wagniskapital“ übersetzt werden. Diese Fonds investieren in junge Unternehmen, die oft bestehende Branchen und Business-Modelle disruptieren. Die Unternehmen haben meistens noch keinen oder sehr wenig Umsatz und schreiben Verluste. Gerade diese Anlaufkosten werden mit Venture Capital (VC) quasi vorfinanziert. Hierbei investieren meist mehrere Geldgeber parallel und erwerben dabei nur eine Minderheit der Anteile. Wenn ein Portfolio-Unternehmen dann nach einiger Zeit immer noch keine oder nicht schnell genug wachsende Umsätze produziert, muss eventuell die Nachfinanzierung eingestellt und ein Verlust des eingesetzten Kapitals akzeptiert werden.

Venture Capital-Fonds funktionieren meist nach dem sogenannten Power Law, das heißt, eine Minderheit der gehaltenen Investments trägt den größten Anteil zum Ertrag eines Fonds bei. In der Vergangenheit konnten Venture Capital-Investoren zum Teil eine überdurchschnittlich hohe Rendite erzielen, wenn der Fonds in ein oder mehrere außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmen investiert war. Jedoch besteht auch umgekehrt das Risiko, dass der Manager kein solches Unternehmen findet und der Fonds eine negative Rendite erwirtschaftet. Insgesamt unterliegt Venture Capital deshalb nicht nur auf der Einzelinvestment- sondern auch auf der Fondsebene größeren Schwankungen als Private Equity.

Verschwimmende Grenzen

Da es, wie oben beschrieben, für die einstmals „neuen“ Fonds herausfordernder wird, Alpha zu generieren, ist die Asset Management-Branche zu stetiger Innovation gezwungen und reagiert mit neuen Fondskonzepten. Zunehmend verschwimmen so die Grenzen zwischen Venture Capital und Private Equity, auch in Europa. Auf der einen Seite investieren Venture Capital-Investoren immer häufiger auch in späteren Phasen der Unternehmensentwicklung und mit höheren Volumina. Gerade der Trend, dass Unternehmen länger „private“ bleiben, also nicht an die Börse gehen, hat dem Vorschub geleistet.

Auf der anderen Seite haben inzwischen auch einige Private Equity-Gesellschaften „Growth Fonds“ aufgesetzt, die in eher technologisch orientierte Geschäftsmodelle investieren können und auch offen dafür sind, Minderheitsanteile zu erwerben. Denn Gründer, die häufig noch die Geschäfte leiten, möchten meist nicht zu früh ihr gesamtes Unternehmen verkaufen und würden sonst nicht mit Private Equity-Investoren zusammenarbeiten. Die Investoren müssen sich also an die geänderte ökonomische Realität anpassen, dass technologisch und digital orientierte Unternehmen einen immer größeren Teil der Volkswirtschaft ausmachen.

Privatanleger, die den Zugang zu Alternative Assets suchen, müssen sich also zunächst fragen, welcher Risikotyp sie sind. Wer stark an die Disruption ganzer Branchen durch Startups glaubt und bereit ist, das dort eingesetzte Kapital im schlimmsten Fall zu verlieren, sollte Venture Capital Investments in Erwägung ziehen. Wer es gerne etwas stabiler hätte, kann über Zugang zu Private Equity-Fonds nachdenken. Dies aber in dem Wissen, dass auch sie nicht risikolos sind

Wie in jedem Fall, sollten die Parameter des Investments immer zu den individuellen Möglichkeiten und Zielen (Risikoneigung, Anlagehorizont, Diversifikation etc.) passen.

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