Verkehrte (Finanz)welt

Warum Risikomanager immer wichtiger werden

Seite 2/2

Value-at-Risk: Vergleichswerkzeug statt Garantie

Aber auch ein auf einer rein historisch basierten Betrachtung ermittelter Value-at-Risk bietet Anlegern entscheidenden Mehrwert als Mittel, um Anlageformen im Hinblick auf ihr Verlustrisiko einzuordnen. Blindes Vertrauen als Zukunftsorakel sollte er natürlich nicht genießen, sondern vorrangig als Vergleichswerkzeug dienen. Und zwar als eines, das stetig beobachtet werden sollte: Steigt der Value-at-Risk, zum Beispiel bei einem Investmentfonds, unabhängig von starken Marktbewegung sprunghaft an, hat wahrscheinlich der Fondsmanager die Positionen umgeschichtet und fährt jetzt ein deutlich höheres Risiko.

Die Zukunft managen?

Mit der anhaltenden Niedrigzinsphase ist der Druck auf Privatanleger und professionelle Investoren gestiegen, auch größere Risiken in Kauf zu nehmen. Entsprechend steigt der Bedarf, „die Zukunft zu managen“. Um diesem gerecht zu werden, sind die Berechnungsmodelle stetig verfeinert und zusätzlich prognosebasierte Stresstests aufgesetzt worden. Der Austausch mit Volkswirten und Fondsmanagern ist dabei zu einem Schlüsselelement geworden, um die Auswirkungen erwarteter volkswirtschaftlicher Entwicklungen auf die Märkte zu evaluieren. Damit einher gehen nicht nur eine sondern mehrere Prognosen: Was wird wahrscheinlich passieren mit Wachstum, Ölpreis und Inflation? Aber auch: Was passiert mit diesen Faktoren, wenn vermeintliche Negativereignisse eintreten?

Zum Beispiel der Beschluss eines großen europäischen Landes aus der EU auszutreten oder die Wahl eines für die Weltwirtschaft vermeintlich schädlichen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Hier herrschte im Vorfeld zum Beispiel in Bezug auf den Brexit große Einigkeit: wenn er beschlossen wird, werden die Kapitalmärkte sehr stark darunter leiden. Daraus folgten Prognosen für den Dax zum Jahresende von deutlich unter 10.000 Punkten. Der Brexit kam und der Dax schloss das Jahr mit 11.481 Punkten. Dies zeigt an, dass nach aktueller Auffassung der Marktteilnehmer die Auswirkungen offenbar doch nicht verheerend sind und andere Faktoren den Brexit-Effekt deutlich überlagert haben.

Dann ist wieder so ein Moment, in dem die Frage nach dem Nutzen von Risikomodellen gestellt wird (gerne auch mal von Risikomanagern selbst). Und dennoch: Wenn die Zukunft auch weiterhin nicht sicher planbar ist, sind Geldanlagen ohne einen Blick auf das kalkulierte Risiko doch ähnlich einer Autobahnfahrt mit verbundenen Augen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%