Verkehrte Finanzwelt
Mit Volatilität Geld verdienen. Quelle: Fotolia

Volatilität: Wie funktioniert das Geschäft mit Crash-Versicherungen?

Volatilitätsprodukte wecken das Interesse mancher Anleger. Doch was steckt dahinter?

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Seitdem klar ist, dass die Zeiten positiver Zinsen für risikoarme Anleihen der Vergangenheit angehören, läuft die Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten auf Hochtouren. Hierbei sind unter anderem sogenannte „Volatilitätsprodukte“ in den Fokus gerückt.

Doch was sind das für Produkte und wie funktionieren sie eigentlich?

Beim Handel mit Volatilität dreht es sich nicht direkt um die tatsächliche Schwankung des Marktes. Gemeint ist vielmehr die sogenannte implizite Volatilität. Diese lässt sich herleiten aus den Preisen für Aktienoptionen. Optionen sind Versicherungskontrakte, die den Käufer der Option gegen eine bestimmte Kursentwicklung, etwa einen Crash, versichern. Im Gegenzug zahlt der Käufer eine Prämie für die Versicherung, die sogenannte Optionsprämie. Der Verkäufer hingegen übernimmt bei diesem Handel die Rolle einer klassischen Versicherungsgesellschaft. Er kassiert die Versicherungsprämie, muss im Gegenzug aber auch für den Schaden aufkommen, falls das versicherte Marktszenario eintritt.

Da Marktteilnehmer in der Regel risikoscheu sind, akzeptieren sie für diese Versicherung grundsätzlich einen Preis, der über dem tatsächlich erwarteten Schaden liegt. Ähnliches ist in der traditionellen Versicherungswirtschaft zu beobachten: Um Sicherheit gegen einen bestimmten Schaden zu erlangen, sind Versicherungskunden bereit, ein Prämienvolumen zu bezahlen, das den Betrag übersteigt, welchen die Versicherung zur Regulierung aller Schäden aufwenden muss. Darin liegt die Grundlage der Profitabilität eines Versicherungskonzerns.

Wer nun am Kapitalmarkt mit Volatilitäten systematisch Geld verdienen will, der muss sich als Versicherungsgeber positionieren, also Absicherung – und damit Volatilität – verkaufen.  Bei einem Investment in Volatilität handelt es sich also präzise betrachtet um den Verkauf impliziter Volatilität verbunden mit der Erwartung, dass diese die im Nachhinein realisierten Risiken übersteigt. Diese empirisch bereits häufig nachgewiesene Überkompensation wird als ‚Volatilitätsrisikoprämie‘ bezeichnet.

Je turbulenter die Zeiten, desto höher der Index

Wer sich einen Eindruck davon verschaffen will, wie es um den Preis von Volatilität derzeit steht, der wirft typischerweise zunächst einen Blick auf die Volatilitätsindizes. Prominenteste Vertreter sind hier der VIX Index, der die vom Markt erwartete Schwankung des amerikanischen Aktienmarktes über die nächsten 30 Tage abbildet, sowie sein europäisches Pendant, der VSTOXX Index. Diese erwartete Marktschwankung wird abgeleitet aus den zu der Zeit gehandelten Optionspreisen und bezeichnet genau das Maß an Schwankung, welches eintreten müsste, um den Kauf einer Option zum aktuellen Preis im Nachhinein profitabel werden zu lassen.

Der Blick auf die Indizes im Zeitverlauf spiegelt die jeweilige Stimmungslage an den Börsen wider. Wann immer die Unsicherheit am Kapitalmarkt - etwa aufgrund politischer Turbulenzen wie 2016 nach dem Brexit-Votum oder auch in der Griechenland-Schuldenkrise von 2011/12 - steigt, so steigen die Volatilitäten sprunghaft an. Rekordwerte von über 80 Punkten wurden auf dem Höhepunkt der großen Finanzkrise von 2008 erreicht.

In diesen Situationen sind Anleger bereit, relativ hohe Preise für Absicherung zu bezahlen, während umgekehrt angesichts der bereits aufgelaufenen Aktienverluste nur wenige institutionelle Marktteilnehmer in der Lage sind, das zusätzliche Risiko einzugehen, solche Versicherungen zu verkaufen. Nach dem langanhaltenden Bullenmarkt der vergangenen Jahre ist die Angst vor erheblichen Marktrückschlägen dagegen eher in den Hintergrund getreten, weshalb die Indizes sich bereits seit geraumer Zeit vorwiegend auf geringem Niveau unterhalb von 20 Punkten bewegen.

Eine direkte Positionierung als „Versicherungsgeber“ in diesem Sinne ist vor allem bei institutionellen Investoren zunehmend beliebter geworden. Privatanleger können hier hingegen in der Regel nur indirekt einsteigen, etwa über sogenannte Discount- oder Bonuszertifikate, welche dem Anleger eine Prämie auszahlen, solange ein gewisser „Schadensfall“, etwa ein Markteinbruch eines bestimmten Ausmaßes, nicht eintritt. Alternativ sind auch aktiv gemanagte Volatilitäts-Fonds, welche strategisch Optionen bzw. Volatilität verkaufen, für private Investoren zugänglich.

Volatilität kann sehr profitabel sein, solange die Risiken unter Kontrolle sind

In Zeiten negativer Verzinsung kann sich ein Blick auf die Volatilität als alternative Renditequelle durchaus lohnen. Da die Volatilitäts-Investoren dem Markt mit der Bereitstellung von Versicherung einen wertvollen Dienst erweisen, dürfen sie davon ausgehen, hierfür langfristig durchaus großzügig vergütet zu werden - ähnlich der realen Versicherungsbranche. Wie bei einer realen Versicherung können aber auch hier die Schäden die vereinnahmten Prämien zeitweise deutlich übersteigen. Dies ist besonders deshalb problematisch, da die größten Schäden in der Regel in den Phasen auftreten, in denen das Portfolio ohnehin schon große Rückschläge verkraften muss: im Aktienmarktcrash. Vor diesem Hintergrund erfordern Volatilitätsstrategien ein sorgfältiges Risikomanagement im Portfolio.

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