Vermögensmanagement Was Online-Anlageberatung wirklich taugt

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Sinnvoller als Tagesgeld mit Magerzinsen

Die Gebühren sind für Kleinanleger höher als bei quirion – pro Jahr pauschal 1,25 Prozent des investierten Geldes. Wer mehr als 50.000 Euro anlegt, zahlt 1,0 Prozent; danach sinkt der Satz schrittweise bis auf 0,5 Prozent. Eine regelmäßige Anpassung der Quoten ist ebenfalls im Preis mit drin. Wenn wegen steigender Aktienkurse der Aktienanteil des Portfolios zum Beispiel von 45 auf 60 Prozent gestiegen ist, werden Aktien verkauft und Anleihen gekauft.

Auch dieses Portfolio hält Zittlau für solide, kritisiert aber die empfohlene Laufzeit von drei bis sieben Jahren. „Drei Jahre sind bei einer Aktienquote von 50 Prozent zu wenig“, meint er. Gerade angesichts aktuell starker Börsen müssten Anleger einkalkulieren, dass die Kurse in drei Jahren unter dem jetzigen Niveau liegen.

„Sie sollten notfalls länger auf ihr Geld verzichten können und auch hier mindestens fünf Jahre einplanen“, rät Zittlau. Dabei gelte die Regel: Je höher die Aktienquote, desto wichtiger ist ein langer Atem.

Erst Risiken absichern und Experten fragen

Wer schwache Nerven hat oder nicht lange auf sein Geld verzichten will, wird bei der neuen Online-Avantgarde aber ebenfalls fündig. Das ETF-Portfolio „Ich will’s defensiv“ von FinanceScout24 zum Beispiel enthält zu 90 Prozent Anleihen und zu zehn Prozent Aktien. Empfohlene Laufzeit ist ein bis drei Jahre, die Renditeprognose beträgt 3,7 Prozent.

Die FinanceScout24-Empfehlung: Rohstoffe beigemischt (Für eine vollständige Ansicht bitte anklicken)

Das ist immer noch weit mehr, als es derzeit für Tages- oder Festgeldkonten gibt – bei überschaubarem Zusatzrisiko. Auch mit Lebensversicherungen, die vergleichbar investieren, aber deutlich höhere Gebühren einsacken, kann das Angebot locker mithalten. Die standardisierte Online-Vermögensverwaltung über ETFs sei für alle geeignet, „die mittel- bis langfristig Geld anlegen wollen – zum Beispiel für die Altersvorsorge“, sagt FinanceScout24-Geschäftsführer Ralf Johnsen.

Doch Vorsicht: Wer zweifelt, ob er in Sachen Altersvorsorge das Richtige getan hat, sollte keine einsamen Anlageentscheidungen treffen, sondern zuvor einen Experten seines Vertrauens hinzuziehen. Das gilt insbesondere für Portfolios mit einem hohen Aktienanteil.

Anleger, die elementare finanzielle Risiken wie Berufsunfähigkeit abgedeckt haben und darüber hinaus für eine Einnahmebasis auch im hohen Alter vorgesorgt haben, finden bei quirion und FinanceScout24 dagegen für ihre zusätzlichen Reserven attraktive Angebote, die den Vergleich mit herkömmlicher Bank- und Vermögensberatung nicht zu scheuen brauchen. Und die allemal mehr Sinn machen, als Reserven über Jahre zu Magerzinsen auf dem Tagesgeldkonto zu bunkern.

"Ein Wachstumsthema"

Aber kann sich das Modell hierzulande etablieren? Quirion-Gründer Schmidt ist zuversichtlich. „Es gibt eine große Zahl von Anlegern, die selbst ihre Anlageentscheidungen treffen und von der Flexibilität digitaler Dienstleistungen profitieren wollen.“ Die ersten Zahlen von quirion seien vielversprechend, man habe ohne Werbekampagne einen siebenstelligen Betrag eingesammelt. Auch Johnsen von FinanceScout24 ist optimistisch. „Finanzen im Internet sind ein Wachstumsthema“, sagt er. Allerdings sind Schmidt und Johnsen nicht allein: Auch Vergleichsportale wie Check24 oder vorsorgekampagne.de buhlen um Kunden, die sparen wollen, aber keine Lust mehr auf Bankberater oder Versicherungsvertreter haben. Angeboten werden sogar Konzepte für komplexere Produkte wie die Riester-Rente.

Die etablierten Finanzhäuser tun sich dagegen schwer bei Online-Angeboten zu Geldanlage und Vermögensverwaltung, sagt Alfons Niebuer, Partner der Unternehmensberatung SMP in Düsseldorf. „Das ist für die Branche ein schwieriges Thema.“

Kein Wunder: Wenn Kunden ihr Geld ohne Beratungsgespräch via Internet anlegen, lassen sich hohe Provisionen nicht mehr rechtfertigen.

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