Hendrik Leber ist schon wieder schlauer geworden. Der Chef des Frankfurter Vermögensverwalters Acatis weiß jetzt, wie er künftig Geschäftsberichte von Unternehmen mithilfe künstlicher Intelligenz auswerten kann. Leber ist begeistert von dem, was ihm sein Mitarbeiter Oliver Rolle gerade demonstriert hat. Es sprudelt aus ihm heraus: „Wir werden kollektiv klüger durch die neue Technik.“
Die Kursturbulenzen an der Börse sind dem promovierten Ökonomen nur einen Nebensatz wert. Zwar rätselt auch er, wie in den USA verschuldete Privatleute mit höheren Zinsen klarkommen sollen. Bei Auto- und Immobilienkrediten gäbe es eine Blase. Es sei wahrscheinlich, dass manche Firmen, die billiges Geld für Aktienrückkäufe ausgegeben hätten, bei Gewinnrückgängen und Zinssteigerungen kollabieren. Im Moment sei aber alles noch im grünen Bereich. Darum rechnet er mit einem positiven Aktienmarkt im Jahr 2018, trotz kurzzeitiger Turbulenzen. „Bei dem Dip“, sagt er, habe er Calls gekauft – Finanzinstrumente, mit denen sich aggressiv auf Kursgewinne spekulieren lässt. Wer die kauft, rechnet sicher mit steigenden Kursen.
Einen „Dip“, einen Taucher, so nennt Leber die dramatischen Kursverluste am Aktienmarkt in der zweiten Februarwoche. Die begann mit einem Schwarzen Montag, zeitweise entfernte sich der Dax mehr als zehn Prozent von seinem Januar-Rekord bei 13.560 Punkten.





An der Börse macht die Angst vor Zinssteigerungen die Runde. Eine fatale Rolle spielten offenbar auch synthetische Produkte, Wettscheine auf eine niedrige Schwankungsbreite an den Märkten. Als die abstürzten, rissen sie die Aktienkurse mit. Automatische Handelssysteme, die Aktien verkaufen, sobald bestimmte Kursschwellen unterschritten werden, ließen die Kurse vor allem in den USA stark abstürzen. Der Kapitalmarkt zeigte mal wieder sein böses Gesicht, launisch und unberechenbar. Die Börse, das Biest.
Vermögensverwalter wie Leber senden beruhigende Botschaften an die Kundschaft. „Aktien sind ein besserer Schutz vor Staatsversagen und Krieg als Sparbücher und Bundesanleihe“, schreibt Leber. Die Botschaft der meisten Geldprofis hat diesen Tenor: Das wirtschaftliche Umfeld ist intakt, die Konjunktur läuft, die Notenbanken haben die Zinsen im Griff – und wir Vermögensverwalter eure Geldanlage.
Für einige, längst nicht für alle, gilt dies tatsächlich. Die besten Geldmanager hat das Fonds-Analysehaus MMD aus Arnsberg für die WirtschaftsWoche ermittelt. Analysiert wurden 1300 Fondsdepots von 400 Banken und unabhängigen Vermögensverwaltern. Leber ist mit seinem weltweit anlegenden Portfolio Acatis Datini Valueflex – wie auch schon im Jahr 2017 – der Sieger unter 562 Teilnehmern im Fünfjahresvergleich. Ein Plus von 163 Prozent zehrt so schnell kein Crash auf.
Unter den ausgezeichneten Geldmanagern ist Leber der mutigste. Das Motto des legendären US-Investors Warren Buffett, „sei gierig, wenn andere ängstlich sind“, beherzigt er wie kaum ein anderer. 2016, am Tag nach dem Brexit-Votum, als die Börse crashte, ist er ebenso aggressiv in den Markt eingestiegen wie aktuell mit den Calls. Auch an seinen Bitcoin-Zertifikaten hält er fest, die er schon 2016 ins Depot aufgenommen hat.

Nicht nur für Mutige und Millionäre
Derart heiße Wetten können schiefgehen. Bei Lebers Strategie müssen Anleger zweistellige Verluste aushalten können. Weil das nicht jedermanns Sache ist, haben MMD-Chef Klaus-Dieter Erdmann und Analyst Nicolai Bräutigam für die WirtschaftsWoche die besten Geldmanager in drei weiteren Gruppen ermittelt. Bei allen drei fließen Risiko-Komponenten mit in die Wertung ein. Gemessen wurden der Wertzuwachs der Portfolios innerhalb von drei Jahren sowie die Kursschwankungen jedes Portfolios (Volatilität). Als dritter Faktor wurden die zwischenzeitlich möglichen maximalen Verluste in die Wertung genommen. Alle im Ranking benoteten Verwalter haben eine Lizenz, um Depots speziell nach Kundenwünschen zu verwalten. Sie arbeiten aber auch mit Fonds, in die jeder einzahlen kann.
Die Ergebnisse der besten Geldmanager der Risikoklasse "Offensiv & flexibel" (max. 100 Prozent Aktien), 562 Portfolios im Ranking (maximal 562 Punkte) | |||||||
Wertzuwachs in Prozent | Risiko | ||||||
Rang | Vermögens- verwalter | Fonds (ISIN) | 3 Jahre | 1 Jahr¹ | Vola- tilität² | Max. Verlust³ | Gesamt- punkte⁴ |
1 | SPSW Capital | DE000A0YJMG1 | 47,8 | 18,4 | 6,3 | -4,9 | 488,8 |
2 | Spirit Asset Management | LU0326961637 | 23,6 | 9,5 | 4,5 | -4,3 | 475,3 |
3 | Sigavest Vermögens- verwaltung | DE000A0MZ317 | 28,5 | 13,3 | 7,1 | -7,0 | 459,3 |
4 | SK Vermögens- verwaltung | LU0328547376 | 25,9 | 11,2 | 7,7 | -7,2 | 445,5 |
5 | Concept Vermögens- management | DE000A0Q8A07 | 23,9 | 13,6 | 7,4 | -6,3 | 444,5 |
6 | Büttner Kolberg und Partner Vermögens- verwaltung | DE000A1J3YJ9 | 28,8 | 11,5 | 8,3 | -8,4 | 433,8 |
7 | WBS Hünicke Vermögens- verwaltung | DE000A0DPZG4 | 22,2 | 13,2 | 7,2 | -7,8 | 426,3 |
8 | MS Finance Support | LU0288319352 | 26,7 | 4,1 | 9,3 | -6,8 | 420,5 |
9 | SMS & Cie. Vermögens- management | DE000A1CXUY2 | 18,5 | 10,9 | 6,1 | -7,7 | 415,0 |
10 | BRW & Co. Vermögens- management | DE000A1110J4 | 24,1 | 7,8 | 8,5 | -8,6 | 413,3 |
11 | WerteFinder Vermögens- verwaltung | DE000A0NEBA1 | 18,0 | 2,3 | 6,5 | -6,3 | 412,3 |
12 | R&M Vermögens- verwaltung | DE000A0MP243 | 22,5 | 7,4 | 8,0 | -8,5 | 410,3 |
13 | Heemann Vermögens- verwaltung | LU0368998240 | 41,6 | 17,9 | 10,5 | -8,5 | 399,5 |
14 | RBV , Gronau | DE000A0MY013 | 27,4 | 11,6 | 9,4 | -9,8 | 395,5 |
15 | FIVV | DE000A0NAAF0 | 28,9 | 11,3 | 9,4 | -10,2 | 395,3 |
16 | Werte Invest Fonds- beratung | DE000A0MS7F3 | 31,5 | 13,9 | 8,9 | -12,7 | 382,0 |
17 | DJE Kapital | LU0174656271 | 31,0 | 13,6 | 10,3 | -10,8 | 375,8 |
18 | Dr. Hellerich & Co. | LU0365982395 | 13,2 | 5,9 | 5,1 | -6,4 | 369,8 |
19 | UBS Asset Management | LU0033036590 | 18,6 | 11,5 | 7,8 | -10,6 | 367,5 |
20 | BLI - Banque de Luxembourg Invest. | LU0048293368 | 16,4 | 5,1 | 7,8 | -8,0 | 362,8 |
21 | Flossbach von Storch | LU0323578657 | 21,1 | 6,2 | 10,0 | -9,5 | 356,5 |
¹ nur zur Information, kein Ranking-Kriterium; beim Wertzuwachs sind jährliche Kosten der Portfolios bereits abgezogen; Portfolios ab 10 Millionen Euro Volumen ² monatliche Schwankungen des Fondskurses um den Mittelwert in Prozent: Je höher die Volatilität (Schwankungsintensität), desto höher ist das Risiko, dass der Anleger Verluste macht, wenn er zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkauft ³ gibt an, wie viel Anleger im schlechtesten Fall in den vergangenen drei Jahren verloren hätten, wenn sie zum Höchstkurs gekauft und zum Tiefstkurs verkauft hätten, ausgewertet für je einen Stichtag pro Monat ⁴ Hälfte der Gesamtpunktzahl für die Rendite aus drei Jahren, je ein Viertel der Punkte aus den beiden Risikokennziffern Volatilität und maximaler Verlust. Höchstpunktzahl ist die Anzahl der Portfolios in der jeweiligen Kategorie, theoretisch niedrigster Wert wäre 1. | |||||||
Quelle: MMD; BaFin; Stand: 31.12.2017 |
Ein bei Anlegern beliebter Fonds wie der Flossbach von Storch Multiple Opportunities des bekannten Kölner Vermögensverwalters landet in der Kategorie Offensiv & Flexibel auf Rang 22 von 562 Portfolios. „Er wird noch immer sehr gut verwaltet“, sagt MMD-Analyst Bräutigam, „aber eine höhere Volatilität verhinderte eine bessere Platzierung.“ Wie schon 2017 ist der Sieger der Kategorie SPSW Capital aus Hamburg. Mittlerweile ist dem Team um Markus Wedel aber das Volumen des Portfolios zu groß geworden, um ihre Strategie, die auf unterbewertete Nebenwerte setzt, noch gewinnbringend umzusetzen. Neue Anleger können in dieses Depot nicht mehr investieren.