Vermögensverwalter inside Die unbekannte Seite der besten Geldmanager

Vermögensverwalter-Ranking Quelle: imago images

Bei der Recherche zum Vermögensverwalter-Ranking der WirtschaftsWoche und MMD wird viel über Anlagestrategien und Kapitalmärkte gesprochen. Aber immer wieder gibt es Überraschungen, private Einblicke und Tipps am Rande. Fun-Facts der diesjährigen Recherche, von einem Lob für Uli Hoeneß über eine diplomatische Mission in Afrika bis hin zu einem Scheintoten unter dem Kopierer.

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Manchmal ist die Geldwelt so, wie man sie sich vorstellt, etwa in Luxemburg: Aus dem Trubel vieler Baustellen und verstopfter Straßen in der Luxemburger Innenstadt führt eine ausladend breite und fein gepflasterte Tiefgarageneinfahrt vom Boulevard Royal in die Banque de Luxembourg. Ein Concierge überwacht einfahrende Besucher, ein anderer empfängt sie in einem verglasten Raum, der an eine Hotelrezeption erinnert. Schon hier können sich Kunden in Waschräumen frischmachen, am Empfang im Erdgeschoss gibt es im gemütlichen Ambiente Wasser, Kaffee und Feingebäck.

Es ist ein bisschen wie ein Wellnesstempel für Anleger und ihr Vermögen. Eher unorthodox ist derjenige, der dafür sorgt, dass die ihm anvertrauten Portfolios in Luxemburg die Balance behalten. Joel Reuland trägt seine gepflegten langen braunen Haare offen. Die Mähne, eher Hippie als hip, ist unkonventionell. Er wirkt schüchtern und setzt sich nicht gerne in Szene. Beim Fototermin will er auf keinen Fall wie ein kühl-berechnender Banker rüberkommen. Der Fotograf macht seine Sache gut.

Wirtschaftsingenieur Reuland liest gerne und denkt in Ruhe nach. Aber es gibt auch die andere Seite. Reuland bezeichnet sich selbst als „leidenschaftlichen Fan des FC Bayern München“. Die Woche nach Rosenmontag, die Börsen taumelten, aber die Bayern siegten an der Stamford Bridge gegen Chelsea in der Champions League, gewannen in der Bundesliga gegen Hoffenheim und sind auch im DFB-Pokal weiter. Also im Fußball lief es rund. Wenn Reuland die Liebe zum FCB begründet, schimmert allerdings der Banker durch.

Denn er analysiert den Fußballclub ähnlich, wie seit 20 Jahren Aktiengesellschaften, bei denen er zwischen guten und schlechten Managern unterscheiden muss. Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß hat in seinen Augen eine „einzigartige Leistung“ im Weltfußball erbracht. Er habe den Verein in der Spitze des europäischen Clubfußballs etabliert, ohne auf Gelder von Oligarchen oder sonstigen externen Kapitalgebern zurückzugreifen. Zudem werde der FC Bayern wie ein Familienunternehmen geführt, mit „dessen Philosophie ich mich gut identifizieren kann. Dadurch bereiten mir die zahlreichen Erfolge der Bayern noch mehr Freude.“

Reuland hat sich bereits mehrmals in den Vorjahren im Vermögensverwalter-Ranking der WirtschaftsWoche und des Analysehauses MMD aus Arnsberg gut platziert. In diesem Jahr erreicht die Banque de Luxemburg Investments (BLI) den Spitzenplatz unter den offensiven Depots und Rang zwei bei den ausgewogenen Portfolios. Bewertet wurde das nicht nur über das vergangene Jahr, sondern über drei Jahre – die den Profis einiges abverlangten. 2017 waren die Kurse von Aktien, Anleihen und Rohstoffen gestiegen. 2018 sind Aktien stark gefallen. 2019 ging es wieder aufwärts, so rasant, dass mancher vom Krisenmodus gar nicht schnell genug wieder auf Angriff umschalten konnte. Reuland hat jedes Jahr überzeugt, so konstant war die Leistung seines Clubs nicht unbedingt.

Städtetrip zur Geldanlage
Gute Vermögensverwalter gibt es in Städten und in der Provinz, in Orten wie Gronau, Bad Tölz, Paderborn, Aalen, Wackersdorf. Nur im Osten Deutschlands sucht man sie vergebens. „Zu wenig altes Geld“, versucht sich ein Vermögensverwalter in der Begründung. Es fehlten dort die über Generationen vererbten Vermögen. Und wenn es vermögende Familien gibt, dann legen sie ihr Geld auch gerne bei einem Vermögensverwalter in München, Hamburg, Köln oder Frankfurt an. Dort ist die Auswahl groß. „Mancher verbindet jährliche Gespräche mit seinem Geldmanager mit einem netten Städtetrip“. So macht die Rendite auch noch Spaß.

Aber wie halten sich kleine und unbekannte Fondsmanager eigentlich im Spiel, wenn die Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch alles dominiert? Sie ist im WirtschaftsWoche-Ranking seit mehr als einem Jahrzehnt fast immer vorne mit dabei, und das nicht nur in einer Kategorie, sondern in allen. Der Erfolg hat sie groß gemacht: Mit rund 45 Milliarden Euro Anlagegeldern ist Flossbach von Storch mehr als dreimal so groß wie die renommierte DJE Investments aus Pullach.

Viele kleinere Vermögensverwalter haben gerade mal 200 Millionen Euro Volumen zu betreuen. Bestehen können viele. Investoren suchen durchaus auch mal nach Alternativen zu den Kölnern, wenn sie dort bereits sehr viel Geld verwalten lassen. Manche fürchten, dass die Größe den Geldmanager daran hindern könnte, interessante kleinere Aktien oder Anleihen zu kaufen. Mit einem hohen Einsatz würde er deren Kurse zu stark bewegen, mit einem kleinen Einsatz hätte ein solches Papier keinen nennenswerten Einfluss auf die Performance. Flossbach von Storch widerspricht zwar, aber die Konkurrenz wird dafür sorgen, dass diese Vorbehalte weiterhin gepflegt werden.

Nachhaltigkeit und Poesie

Vier Prozent aus Namibia

Jeder hat mitbekommen, dass es einen Hype um Nachhaltigkeit in der Finanzbranche gibt. Viele Fondshäuser erschaffen in Windeseile Nachhaltigkeits-Offices. Aber die Paderborner Bank für Kirche und Caritas (BKC) kennt sich seit 20 Jahren im Nachhaltigkeits-Research aus, als das Thema noch für Räucherstäbchen und Esoterik stand, Jahre bevor sich Geldriesen wie BlackRock einen grünen Anstrich gaben.

Derzeit bemühen sich die Paderborner auf der großen diplomatischen Bühne, dass Namibia die Biowaffenkonvention der UN unterschreibt. Weil die Unterschrift fehlt, kann BKC dort künftig nicht investieren, weil die Unterzeichnung jetzt neue Voraussetzung im Nachhaltigkeitskatalog ist. Deshalb ist Paderborn im Dialog mit den UN und Namibia. „Namibia hat keine Biowaffen, kann sie auch nicht selbst herstellen, die Unterzeichnung wurde schlicht und einfach vergessen“, sagt BKC-Investmentchef Bernhard Matthes. Er würde es bedauern, wenn er sich die ansehnliche Rendite der auf Dollar lautenden Papiere von mehr als vier Prozent bei einer sechsjährigen Laufzeit entgehen lassen müsste.

Leichter erben mit Fonds
Selection Asset Management aus München konnte sich über einen neuen Kunden freuen, der auf Empfehlung eines anderen Kunden zu ihnen kam. Er hatte gerade Münchner Immobilien verkauft, angeblich aus Ärger über eine Erhaltungssatzung und den Mietendeckel. Statt der Immobilien, die ja durchaus Arbeit machen und häufig genug auch nur niedrige Renditen bringen, hat er jetzt Geld in Fondsanteile gesteckt. Durchaus sehr weitsichtig gehandelt, findet man bei Selection Asset Management. Fondsanteile seien nämlich auch viel leichter und individueller an Erben zu übertragen als Wohn- oder Geschäftshäuser. Da kann mancher drüber nachdenken.

Poesie über Aktien
Keiner taucht seine Liebe zur Aktie in so poetische Worte wie Hendrik Leber, Gründer und Fondsmanager der Frankfurter Acatis Investment. Das von Leber zusammengestellte Aktienportfolio Acatis Datini Valueflex hält seit Jahren den Spitzenplatz unter den performancestärksten Portfolios. „Mit kleinen Trippelschritten“ gewinne der US-Gesundheitsversicherer Centene Marktanteile. Das Reiseportal Booking, steige „nach einem heftigen Satz in leichtem Flug in die Höhe“. Der US-Biotechspezialist Regeneron hingegen „stampfe mit festem Schritt nach vorne“, der Grafikkartenproduzent Nvidia hat sich „mit einem kleinen Feuerwerk nach oben entwickelt“.

Die Sätze stammen aus dem Loriot-Sketch „Herren im Bad“, den Leber auf dem alljährlichen Branchentreffen beim „Fondsprofessionell“ Kongress in Mannheim Ende Januar zusammen mit seinem Kapitalmarktstrategen Stefan Riße aufführte. Der auch mal unkonventionellen Anlagen wie Bitcoin oder Cannabis zugeneigte Experte überzeugt auch als Schauspieler.

Geldretter als Lebensretter
Es ist ein schneller, aufreibender Job, Geld renditestark anzulegen und auf jeden Crash vorbereitet zu sein. Wirklich ernst wird es, wenn jede Sekunde zählt, weil es um alles geht, nämlich Leben zu retten. Darauf sind die Vermögensverwalter eines Hauses gut vorbereitet. Neben dem Kopierer am Rande ihres Großraumbüros liegt jemand, es ragen zwei Beine hervor, Adidas-Turnschuhe an den Füssen. Es ist die eine lebensgroße Puppe, liebevoll auf einen regional verbreiteten Jungennamen getauft, an der die Geldexperten regelmäßig Wiederbelebungsmaßnahmen für den Notfall üben. Im Ernstfall werden die Geldretter, die sich in turbulenten Börsenphasen um den Erhalt des Vermögens kümmern, zu Lebensrettern Die regelmäßigen Trainings mögen zwar eine Vorschrift sein, aber für die Experten sind sie längst auch Ehrensache. Vorbildlich und wirklich nachhaltig.

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