Vor dem Opec-Treffen Wer ist die Supermacht am Ölmarkt?

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Zwei mögliche Varianten

Einige Beobachter wollen gar einen Komplott von Riad und den USA gegen Russland sehen, von einem kalten Krieg ums Öl ist die Rede. "Bilde ich mir das ein oder haben wir es mit einem globalen Ölkrieg zu tun, mit den USA und Saudi-Arabien auf der einen Seite und Russland und dem Iran auf der anderen ?", fragte der Journalist Thomas Friedman kürzlich in der "New York Times". Natürlich sieht man vor allem in Russland viele Anzeichen für diesen Komplott. "Obama will, dass Saudi-Arabien die russische Wirtschaft zerstört", heißt es in russischen Zeitungen. Ein russischer Ölmanager erklärte im "Spiegel", es sei doch offenbar kein Zufall, dass der für Russland so wichtige Rohstoff ausgerechnet jetzt so viel billiger würde.

Interessanterweise lautet die zweite Theorie für das Verhalten der Saudis genau gegenteilig. Denn es könnte genauso um die zukünftige Spitzenposition auf dem Energiemarkt gehen. Denn ausgerechnet die USA schwingen sich dazu auf, den Saudis ihren Rang abzulaufen - mit Fracking.

von Benjamin Reuter, Philipp Mattheis

Schließlich gilt die umstrittene Schiefergas-Förderung in den USA als Auslöser für die niedrigen Ölpreise, da durch Fracking das Angebot an Öl deutlich gestiegen ist. „Die USA werden als neues Schlachtfeld betrachtet“, sagt Expertin Amrita Sen vom Analysehaus Energy Aspects. Freiwillig wird Saudi-Arabien seine Hauptrolle im Ölkarussell nicht an die USA abtreten wollen.

Gut möglich also, dass die Saudis den Preis niedrig halten wollen, um den Amerikanern das fracken schwer zu machen. Denn je niedriger der Preis je Barrel, desto weniger lohnt sich das kostenintensive Fracking. „Der Markt braucht langfristige Investitionen, für die Preise um die 90 Dollar pro Barrel eine kritische Marke darstellen“, sagt Analystin Sen.

Kein Kurzfristphänomen

Viele Beobachter gehen dagegen davon aus, dass der Preis auch unabhängig vom Treffen der Opec vergleichsweise niedrig bleiben wird. Vor einige Wochen bewegte die US-Investmentbank Goldman Sachs mit einer Studie die Ölmärkte. "The new oil order" heißt die 21-seitige Analyse.

Die Kernaussage: Weiterhin fallende Preise, WTI könnte im nächsten Jahr bis unter 75 Dollar rutschen. Der Grund: Die Weltwirtschaft ersäuft im Öl - die Nachfrage ist wegen der schwachen Konjunktur zu gering und das Angebot zu hoch. Die Marktmacht der Opec-Länder zerbröckelt dank des Fracking-Booms in den USA.

Insgesamt dürfte es also eine Frage der Zeit sein, bis die Preise wieder steigen. Entweder, die Opec reduziert jetzt die Fördermenge. Dann dürften die Kurse zumindest kurzfristig zulegen. Bleiben die Fördermengen hoch, könnten die Preise weiter sinken, irgendwann muss die USA ihre Fracking-Aktivitäten möglicherweise zurückfahren, wenn die teure Schiefergasförderung nicht mehr wirtschaftlich ist. Dann könnten die Preise zwar mittelfristig wieder steigen, weil das Überangebot reduziert würde. Dagegen spricht allerdings, dass Experten davon ausgehen, dass insgesamt deutlich weniger Öl verbraucht werden wird. Die Perspektiven für Verbraucher und Autofahrer sind also nicht schlecht.

Mit Material von dpa.

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