Vorsorge Politik lockt Lebensversicherer in Staatsanleihen

Steuervorteile haben Kapitallebensversicherungen einst riesengroß gemacht. Heute ist das Vermögen der Sparer die Kuh, die der Staat mit neuer Regulierung melken will.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Lebensversicherung Akte Quelle: photocrew - Fotolia

Für Lebensversicherte geht die Rendite seit Jahren nur noch nach unten. Bekamen Kunden vor über zehn Jahren noch im Schnitt mehr als sechs Prozent auf ihren Beitrag gutgeschrieben, sind es heute um die vier, und zwar nur auf den Sparanteil – also jenen Anteil, den Versicherer nach Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Todesfallschutz noch anlegen. Neukunden bekamen noch Anfang 2000 vier Prozent jährlichen Zins auf den Sparanteil garantiert, heute sind es nur noch 1,75 Prozent. Der mickrige Garantiezins wird vom Bundesfinanzministerium festgelegt.

Die meisten Kunden hat den Versicherern dennoch der Staat gebracht. Wer bis Ende 2004 eine Lebensversicherung abschloss, kassiert Gewinne nach zwölf Jahren Laufzeit steuerfrei. 2005 drehte der Staat die Steuerfreiheit zurück. Halbe Steuerersparnis, halbe Kundschaft. Die Zahl der neuen Verträge schrumpfte denn auch kräftig: Konnten Lebensversicherer 2004 noch 11,8 Millionen Neukunden anwerben, waren es 2010 nur noch knapp halb so viele. Ganz ohne Staatshilfe geht es auch heute nicht: Wer heute eine Lebensversicherung abschließt und mindestens zwölf Jahre durchhält, muss bei Auszahlung des Kapitals ab dem 62 Lebensjahr nur die Hälfte seines Zugewinns mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern.

Dank großzügiger staatlicher Unterstützung können die Lebensversicherer heute knapp 750 Milliarden Euro anlegen, europaweit investieren Versicherer das Zehnfache. Diese Summen wecken wiederum Begehrlichkeiten bei den Staaten, die, so scheint es, demnächst ihre Rechnung präsentieren könnten. Staaten wollen sich möglichst günstig verschulden. Sie haben über die neue Regulierung Solvency II, die frühestens 2014 vollständig angewendet werden soll, einen attraktiven Weg gefunden, diese fette Kuh zu melken.

Wo Lebensversicherer investieren

Deutsche Aktien mit hohem Staatseinfluss
Commerzbank Quelle: dapd
Deutsche Börse Quelle: dapd
Deutsche Post Quelle: dpa
Logo der Deutschen Telekom Quelle: APN
E.On-Gebäude Quelle: dapd
RWE-Gebäude Quelle: dpa
Volkswagen Quelle: dpa

Die neue Regulierung sieht vor, dass Investitionen in Aktien, Immobilien oder Unternehmensanleihen künftig als riskant, Staatsanleihen der Euro-Länder aber als risikofrei gelten. Versicherer müssen daher für diese voraussichtlich auch in Zukunft keine zusätzlichen Eigenmittel als Risikopuffer für Ausfälle hinterlegen. Bis heute ist das selbst für griechische Staatsanleihen nicht vorgesehen.

Staatsanleihen risikofrei?

Zusätzliche Mittel auf die vermeintlich riskanteren Anlagen machen Staatsanleihen damit für Versicherer relativ attraktiver. Zwar gibt es hinter den Kulissen noch Diskussionen, ob Banken und Versicherer doch noch Extrageld für Staatsanleihen zur Seite legen müssen. Aber: „Die Eigenkapitalunterlegung für Euro-Staatsanleihen werden schon deswegen nicht angepasst, weil sich das die griechischen, spanischen und vor allem die italienischen Versicherer gar nicht leisten könnten“, sagt Carsten Zielke, Versicherungsanalyst bei der Société Générale. Sinkende Nachfrage nach Staatsanleihen der wackligen Euro-Staaten ist zudem das Letzte, was Politik und Finanzmärkte zurzeit brauchen können.

Günstig für Staaten, magere Renditen für Sparer

Die Konsequenz für Anleger: Versicherer könnten in Zukunft stärker sowohl in ausfallgefährdete Bonds von Pleitekandidaten als auch in niedrig verzinste Anleihen noch relativ stabiler Staaten wie Deutschland investieren.

Deutsche Versicherer halten aktuell mindestens 13,5 Prozent ihrer Investments in Staatsanleihen und Darlehen an Staaten. Viele Anleihen dürften darüber hinaus in Fonds stecken. Höhere Nachfrage hätte zur Folge, dass deren Renditen sinken. Denn Kurse und Renditen von Anleihen verhalten sich entgegengesetzt: Je höher die Nachfrage nach Staatsanleihen ist, desto stärker steigen deren Kurse, und desto mehr sinken die Renditen. Staaten können sich so günstiger verschulden, Sparer bekommen auf ihre staatlich geförderte Altersvorsorge weiter nur magere Renditen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%