In den USA sollen mittlerweile 80 Prozent aller Aktien automatisch gehandelt werden, von Computern nach bestimmten Handlungsanweisungen, sogenannten Algorithmen. Algo-Trader erzielen hohe Gewinne. Der Grund dafür könnte ein ganz simpler sein. Nein, nicht nur ihre Schnelligkeit - die in Nanosekunden aufgegebenen Kauf- und Verkaufsaufträge -, sondern die Tatsache, dass da keine Menschen handeln.
Wir Menschen sind in Gelddingen eigentlich unzurechnungsfähig. Wir machen immer wieder die gleichen Fehler und lernen daraus wenig. Die Entschuldigung: Wir können kaum anders. Forschungen des Neuroökonomen Bernd Weber von der Uni Bonn zeigen, dass Geld unser Belohnungssystem anspricht. Es führt zu einem regelrechten Feuerwerk in unserem Gehirn, so wie sonst vielleicht ein gutes Essen oder Sex es vermögen. Kein Wunder also, dass Verluste uns extrem ärgern.
Wer 1000 Euro an der Börse verliert, ärgert sich sehr viel mehr als ein anderer Anleger sich freut, der einen gleich hohen Gewinn schafft. Forscher schätzen, dass wir Verluste emotional ungefähr doppelt so stark werten wie gleich hohe Gewinne.
Doch diese Angst vor Verlusten hat an den Finanzmärkten eine gefährliche Wirkung. Zum Einen meiden viele Anleger vermeintlich riskante Anlageklassen, wie Aktien, komplett. Dass deren kurzfristige Schwankungen beim langfristigen Sparen keine Rolle spielen, mag ihnen rational vielleicht bewusst sein. Emotional sieht die Welt aber ganz anders aus. Da mögen die langfristigen Renditechancen mit Aktien noch so groß sein, die Sorge vor Verlusten überwiegt. Andererseits gehen Anleger plötzlich größere Risiken ein, wenn sie vorher Geld gewonnen haben.
In ihrer emotionalen Buchhaltung wären sie dann eher bereit, einen Verlust in Kauf zu nehmen, könnten sie ihn doch mit dem vorherigen Gewinn verrechnen. Das aber ist genauso irrational wie der Blick auf den Kurs einer bereits verkauften Aktie. Steigt sie weiter, ärgern wir uns. Fällt sie, freuen wir uns. Dabei ist ihr Kurs für uns eigentlich genauso relevant wie der jeder x-beliebigen Aktie, die wir nie gekauft haben.
Es hilft, sich den Finanzmärkten ganz grundsätzlich zu nähern. Märkte haben Schwankungen, sagt Frerk Frommholz, Finanz-Honorarberater aus Jevenstedt. "Aber nichts und niemand kann diese präzise und nutzbar vorhersehen." Daher bringt es auch nicht per se einen Vorteil, die Geldanlage an vermeintliche Experten zu delegieren. Fondsmanager oder Vermögensverwalter haben auch keine Wunderkugel, mit der sie die weitere Börsenentwicklung vorhersagen könnten. Die richtige Strategie bei der Geldanlage sei eigentlich simpel, sagt Frommholz: "Diversifizierung und Disziplin".
Wer versucht, die Verantwortung in Gelddingen weiterzureichen, tappt oft in eine andere Falle. Er unterschätzt die Bedeutung der dabei entstehenden Kosten. Menschen würden intuitiv keine Zinseszinsrechnung beherrschen, sagt Martin Weber, Finanzwissenschaftler der Uni Mannheim: "Und deshalb fallen wir auf Finanzprodukte mit hohen Kosten herein." Wer jeden Monat 100 Euro für die Altersvorsorge zurücklegt, kommt über 30 Jahre bei vier Prozent Rendite auf ein Guthaben von 68.760 Euro. Drücken Kosten die Rendite um einen Prozentpunkt - was bei aktiv verwalteten Aktienfonds noch ein niedriger Wert wäre - läge das Endguthaben fast 11.000 Euro niedriger. Drei statt vier Prozent Rendite führen hier zu einem Verlust von fast 16 Prozent.