Werner knallhart
Das Essen ist im Großen und Ganzen teurer geworden. Quelle: imago images

Tricks gegen teures Essen: Das Comeback von „Friss die Hälfte“

Egal, ob Sie sich die teuren Lebensmittel nicht mehr leisten wollen oder können: Mit ein paar Tricks und Umstellungen genießen und sparen Sie bei jeder Mahlzeit. Viel ist Psychologie, der Rest Kreativität.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Das Fischstäbchen vereint in sich so ziemlich alle akuten Krisen der Nordhalbkugel. Kein Wunder, dass es teurer wird. Dazu gleich mehr. Zumindest: Das Essen ist im Großen und Ganzen teurer geworden und wir preissensiblen Deutschen haben sofort reagiert:
Viele wechseln laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens POS-Pulse auf billigere Marken (warum eigentlich nicht schon früher? Zeigen doch Produkttests immer und immer wieder, dass billiger nicht gleich schlechter bedeutet. Okay, okay, das gilt nicht für alles, zum Beispiel eindeutig nicht für Käse, Pralinen und Blaubeeren).
Aber viele lassen die Finger auch gleich ganz von bislang so beliebten Lebensmitteln. Laut POS-Pulse sagen 52 Prozent der Befragten, dass sie jetzt weniger Fisch kaufen. Und wenn ich mir angucke, was mittlerweile alleine Lachs kostet, kann ich das sehr gut verstehen. Selbst, wenn das Geld dafür reichen würde: Wenn man weiß, dass es bislang deutlich billiger ging, krampft sich die Faust in der Tasche um die Kreditkarte.

Und jetzt droht auch noch die Fischstäbchen-Krise. Die Gründe: praktisch alles!

1. Der dafür benötigte Seelachs stammt laut Handelsblatt zu 70 Prozent aus russischen Gewässern. Na, wunderbar! Wer seinen Kindern gesundes Protein und Vitamine bieten will, schmeißt indirekt über den Umweg Iglo & Co. der Putin-Wirtschaft Geld in den Rachen.
2. Der bei Russland gefangene Fisch wird dann oft in China zurechtgeschnitten. Und wir wissen ja, was da beim Thema Corona los ist. Die Folge: Lieferengpässe.
3. Die im Idealfall am Ende knusprige Panade besteht im Wesentlichen aus Weizenmehl und Sonnenblumenöl. Und weil die Ukraine für diese Lebensmittel-Rohstoffe eines der wichtigsten Exportländer der Welt war, hoffentlich bald wieder sein wird, aber zurzeit nicht mehr ist, weil Putin den Westen mit Hungersnöten im Weltsüden unter Druck setzen möchte, wird es auch für die Fischstäbchen knapp.
4. Wenn man dann bedenkt, dass Fischstäbchen in Pappe eingeboxt werden und auch Papierverpackungen wegen des Borkenkäfers (Klimawandel) und der Zellstoff-Nachfrage aus China (Geschäfte mit Unrechtsregimen) teurer geworden sind, und die Herstellung von Pappe viel Energie verschlingt (Strom- und Gaspreise), wundert einen doch nichts mehr.

Und dann auch noch die Stromkosten fürs Tiefkühlen, nicht zuletzt in unseren Drei-bis-Vier-Sterne-Gefrierfächern daheim: Oweh!

Bei Fleisch geben 45 Prozent an, kürzer zu treten. Hier greifen der Wunsch zu sparen, Tiere zu verschonen und sich gesünder zu ernähren wohl ineinander. Gesünder ist auch der Rückgang bei Süßem und Snacks: 41 Prozent. Doch ausgerechnet auch bei Gemüse herrscht Zurückhaltung: minus 34 Prozent. Es zeigt: In vielen Produktkategorien geht bei uns allen deutlich weniger.

Doch wie können wir kürzertreten, ohne es als Entbehrung zu empfinden? Antwort: Mit ein paar Tricks zur Umstellung der eigenen inneren Haltung.

1. FDH reloaded: Weniger ist mehr (und billiger)

„Friss die Hälfte“ - diese Jahrzehnte alte und schlichteste aller Diätideen, die keine Vorgaben über das Was macht, sondern nur zum Wieviel, passt umgemodelt auch in die heutige Krisenzeit. Es geht hier jetzt natürlich nicht ums Abnehmen. Sondern um Lebensmittelkosten auf dem Vorkrisen-Niveau. Bleiben wir beim Beispiel Fischstäbchen und spielen wir es mit einprägsamen fiktionalen Preisen nahe der Realität durch:
Angenommen, vor dem Krieg hätten 10 Fischstäbchen 2 Euro 10 gekostet und heute 2 Euro 80, also ein Drittel mehr. Während Sie sich früher das Päckchen zu zweit 5 zu 5 aufgeteilt haben, könnten Sie nun 3 zu 3 teilen und vier aufheben. Dann hätten Sie 40 Prozent weniger gegessen und damit 40 Prozent der Stäbchen-Kosten gespart, so dass die Fischstäbchen-Mahlzeit statt 2 Euro 10 wie früher, nun 1 Euro 68 gekostet hätte. Billiger als vorher.

Klar, dafür haben Sie auch nur drei Fischstäbchen gegessen. Fünf wären mehr. Andererseits - und jetzt kommt das Spiel mit der eigenen inneren Haltung: Was ist Essen? Versorgung mit Nährstoffen plus Genuss. Den Genuss haben Sie aber bei drei Fischstäbchen auch. Er steigt ja sogar (vielleicht ja sogar exponentiell) pro Fischstäbchen, denn Verknappung steigert die Wertschätzung. Und hungern müssen Sie ja trotzdem nicht. Stattdessen:

2. Zelebrieren Sie die gesunden Sattmacher

Wenn Sie hier nicht auf die Bauchspeicheldrüsen-Quäler wie Weißbrot, weißen Reis, Kartoffeln oder Hartweizen-Nudeln ausweichen, sondern etwa auf gedünstetes Gemüse oder Linsen, dann bedeuten zwei Fischstäbchen, ein Schweinemedaillon oder 100 Gramm Steak weniger eben drei Löffel cremiges Linsenpüree mehr. Wenn Sie gelbe oder rote Linsen nehmen, sind Sie in der Küche schneller fertig als mit Reis oder Kartoffeln. Viel Spaß beim Experimentieren beim Würzen mit Kurkuma, Zimt, Chili, Limette und so weiter. Rote Biolinsen kosten rund 1 Euro 80 das Pfund. Und davon essen Sie zu zweit mehrere Tage. Ja, Linsen statt Fisch, das kann man als Verzicht betrachten. Es aber als Verlagerung der Nährstoff-Quellen zu definieren, lässt Sie sicher besser essen und schlafen. Und darum geht es.

Das Gute ist: Mit ein bisschen mehr Sattmachern war das Ganze eben unterm Strich dennoch eine Fischstäbchenmahlzeit. Oder ein Lachs-Dinner oder ein Gericht mit sechs Shrimps statt zehn wie früher.
So vermeiden Sie das Gefühl von: „Wir müssen mittlerweile auf das Besondere verzichten.“

3. Probieren Sie Neues (das Geld spart und gesünder ist)

Linsen sind ja nicht alles. Die europäische Küche gilt etwa im Vergleich zur nord- und lateinamerikanischen als so traditionell experimentierfreudig und raffiniert, weil den Menschen der vergangenen Jahrhunderte in Zeiten der Not nichts anderes blieb, als aus dem, was da war, das Beste zu machen. Pizza, Labskaus und Paella sind nur ein paar Beispiele, die europäische Sterne-Küche hat so manches veredelt.
Experimentieren auch wir in der Krise. Butter etwa ist im Vergleich zu anderen Lebensmitteln sehr teuer geworden. Galt früher die 2-Euro-Grenze für den Klotz gleichzeitig als Schmerzgrenze der Verbraucherinnen und Verbraucher, kostet das halbe Pfund heute mitunter über drei Euro.

Leider ist auch Margarine teurer geworden (und wird außerdem von vielen wegen des fiesen Fettfilms am Gaumen völlig zurecht verschmäht). Jetzt kommt es wieder auf den Spaß am inneren Schräubchendrehen an:

Ich habe einem Kollegen mal erzählt: „Ich bin jetzt von Butter auf Tomatenmark übergegangen“ (damals aus gesundheitlichen Gründen).
Er: „Hä? Tomatenmark schmeckt doch nicht wie Butter.“
Da hatte er natürlich völlig recht. Aber es schmeckt anders gut, ist richtig gesund - und günstiger. Wäre Tomatenmark ein Butterklotz, kostete der beim Discounter rund 1 Euro 25. (schmeckt allerdings nicht jedem unter Marmelade, dafür vielen unter Käse, Wurst und Fisch). Frischkäse einer der Eigenmarken wie „Ja!“ oder „Gut & Günstig“ kostet weniger als einen Euro pro 250 Gramm, der cremige Bruder des Joghurts Skyr weniger als 50 Cent. Und schmeckt auch auf Brot. Allesamt gesünder als Butter.

Werkzeughersteller Russland enteignet Maschinenbauer DMG Mori

Weil die Bundesregierung eine Investitionsgarantie gab, fordert der Konzern jetzt Schadensersatz. Der Vorfall in Russland ist aber nicht das einzige Thema, das am Standort in Bielefeld derzeit für Wirbel sorgt.

Gehalt „Wer pfiffige Ideen hat und hart arbeitet, sollte dafür auch belohnt werden“

In Unternehmen herrscht ein verqueres Leistungsdenken, sagt Interimsmanager Ulvi Aydin. Er fordert, High Performern mehr zu zahlen als den Chefs: „Es gibt Leute, die mehr leisten als andere – das sollte man anerkennen.“

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Es gibt in unserem Land leider nicht wenige Menschen, die sich noch nicht mehr eine kleine Freude im Alltag leisten können. Da helfen auch keine „Mach das Beste draus“-Tipps wie diese. Aber ich glaube: Viele von uns können zu ihren eigenen Gunsten umdenken - und ohne Einbußen beim Genuss sparen. Nicht, weil es westliche Bürgerpflicht wäre und wir uns gefälligst nicht so anstellen sollen. Stark steigende Preise sind ohne Zweifel frustrierend. Aber mit der Fähigkeit, den eigenen Frust zu besiegen, kommen wir bestimmt besser durch diesen Zeiten. Ich finde, einen Versuch ist es wert.

Lesen Sie auch: Preise für Lebensmittel: „Das Schlimmste kommt auf die Haushalte erst noch zu“

Unser Kolumnist Marcus Werner schreibt über die alltäglichen Nebensächlichkeiten in der Wirtschaft, die es wert sind, liebevoll aufgeblasen zu werden. Den Autor erreichen Sie auch über LinkedIn.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%