WirtschaftsWocheClub-Gespräch Geldanlage „Der Boom ging an vielen Aktien vorbei“

Üblicherweise erklären ältere Herren Anlegern die Aktien- und Anleihewelten. Aber drei Fondsmanager beweisen, dass sie auch in jungen Jahren viel vom Geschäft verstehen: Ufuk Boydak, Thomas Orthen und Goran Vasiljevic (von links nach rechts). Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Drei Aktienexperten über Börsen im Zeichen des Zollkonflikts, die Abhängigkeit von den USA, günstige Märkte trotz des langanhaltenden Aktienbooms und Bankenfusionen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Fondsmanager hautnah erlebten WirtschaftsWoche-Clubmitglieder in Frankfurt. Die drei Börsenexperten, alle unter 40 Jahre alt, verantwortlich für Milliarden und jahrelang im Geschäft, stellten die Anleger im Gespräch mit WirtschaftsWoche-Korrespondentin Heike Schwerdtfeger auf volatilere Zeiten ein. Zum Schwarzmalen gibt es aber keinen Grund für Ufuk Boydak vom Vermögensverwalter Loys, Thomas Orthen von Allianz Global Investors, Goran Vasiljevic von Lingohr & Partner. Günstig bewertete Unternehmen finden sie ebenso, wie besonders wachstumsstarke mit langfristig guten Kurschancen.

WirtschaftsWoche: Meine Herren, an den Aktienmärkten steigt die Spannung. Als die Europäische Zentralbank vor gut einer Woche bekanntgegeben hat, dass sie ihr Anleihenkaufprogramm halbieren wird und damit das üppig verteilte Geld langsam wieder einsammelt, ist der Deutsche Aktienindex auf über 13.000 Punkte geschossen. Es schien so, als ginge es bei Aktien nur noch aufwärts. Jetzt folgt die Ernüchterung. Wie geht es weiter?
Thomas Orthen: Wir müssen uns damit abfinden, dass die Aktienmärkte volatiler geworden sind. Unternehmensnachrichten werden aktuell viel kritischer aufgenommen. Unternehmen, die vielleicht nur kurzfristig die Erwartungen der Analysten nicht erfüllen, werden stärker abgestraft und die Aktien verlieren mitunter zweistellig. Wir nutzen solche Phasen und gesunkene Kurse und stocken vereinzelt die Unternehmen auf, von denen wir besonders überzeugt sind. So suchen wir in volatilen Phasen Chancen, um einen Mehrwert gegenüber Aktienindizes zu erzielen.

Ufuk Boydak: Zur EZB muss man sagen, dass wir uns seit Jahren auf einem unbekannten Terrain befinden und niemand weiß, welche Konsequenzen der Ausstieg aus dem Niedrigzinsumfeld und den Anleihekäufen genau haben wird. In Folge solcher Nachrichten fließen oft kurzfristig massiv Gelder etwa in Indexfonds und das hebt dann alle Aktien. Der Eindruck, dass alle Aktien gewinnen, täuscht aber. Zurzeit sind es besonders die Technologieunternehmen, die in aller Munde sind. Auf der anderen Seite gibt es viele Unternehmen, die niemand mit der Kneifzange anfassen will. An diesen Aktien ist der Aktienboom der letzten Jahre fast vollständig vorbeigegangen. Hier sehen wir noch immer viele Chancen.

Ufuk Boydak (32) ist Vorstandsvorsitzender des Vermögensverwalters Loys AG mit Sitz in Oldenburg und Frankfurt. Zusammen mit seinem Mentor Dr. Christoph Bruns lenkt er 1,7 Milliarden Euro in verschiedenen Aktienfonds. Der Diplomkaufmann und Chartered Financial Analyst (CFA) arbeitet seit 2009 bei Loys. Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Wie finden Sie die?
Boydak: Die Börse lebt in der Zukunft und auch Unternehmen werden an dem gemessen, was sie zukünftig erwirtschaften. Hier können die Meinungen schon einmal unterschiedlich sein und so Ineffizienzen im Markt entstehen. Wir schauen vor allem auch in der zweiten und dritten Reihe genau hin, dort wo die großen Börsenscheinwerfer nicht immer hinleuchten. Dazu haben wir unter anderem eine interne Datenbank mit über 3000 Unternehmen aufgebaut die wir ständig beobachten. Außerdem treffen wir mehr als 500 Unternehmen pro Jahr. Wir betreiben also wirklich noch Primärrecherche. Was die Europäische Zentralbank macht, ist für uns daher nur indirekt interessant.

Herr Vasiljevic, Sie steuern die Lingohr-Fonds mit einem Computermodell, das gezielt nach unterbewerteten Aktien sucht. Hat der Computer auf die Notenbankeinflüsse reagiert?
Goran Vasiljevic: Nein, er reagiert nur auf unternehmensspezifische Kriterien, da konzentrieren wir uns besonders auf die Ertragskraft und Kennzahlen, die sich in der Vergangenheit als bewehrt gezeigt haben. Alles andere blenden wir aus. Man sollte in solchen Momenten, wenn es Aussagen der Notenbanken gibt, in der Reaktion der Märkte nie nach einer Weisheit suchen. Die Märkte handeln oft irrational. Die Kursgewinne nach der US-Präsidentenwahl waren der beste Beweis, zuvor waren die Aktienkurse gestiegen, weil Hillary Clinton vorne lag. Aber am Ende gab es nach der Wahl von Trump einen der stärksten Boommärkte.

Thomas Orthen (39) stieg als Trainee 2005 bei Allianz Global Investors ein und managt heute den 2,2 Milliarden Euro großen deutschen Aktienfonds Fondak von Allianz Global Investors. Orthen ist Diplom-Betriebswirt FH, hat einen Bachelorabschluss in International Business und den Titel eines Chartered Financial Analyst (CFA). Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Sie managen Aktienfonds, keine Rentenfonds, aber mal die Frage: Welche Reaktionen an den Anleihemärkten erwarten Sie jetzt?
Boydak: Für uns bleibt das Niedrigzinsumfeld in Europa bestehen und die Divergenzen zwischen einzelnen Ländern bleiben auch bestehen. Nach der EZB-Ankündigung haben ja auch die Anleihen Kursgewinne gehabt. Aber bei den Prognosen sieht es so aus, dass es etwa bei den zehnjährigen US-Anleihen nur eine Rendite von 2,9 Prozent gibt, bei den zweijährigen aber sogar von 2,5 Prozent. Längerfristig sind die Wachstumserwartungen also in den USA schon niedriger, das ist die Botschaft aus dem Bondmarkt.

Orthen: Das Zinsniveau bleibt vorerst niedrig, deshalb wird es am Aktienmarkt keine große Veränderung durch den EZB-Fahrplan geben. Anders ist es schon in den USA, wo die Zinsen höher sind. Dort könnten einzelne Anleger das Zinsniveau für ausreichend attraktiv halten, um in festverzinsliche Anlagen zu investieren.

„Rezessionen kann man nicht vorhersagen, selbst die besten Wissenschaftler wissen es nicht“

Schwenken jetzt Großanleger wieder um? Steigen sie aus Aktien aus und in Anleihen ein?
Boydak: Ich habe kaum deutsche Großanleger erlebt, die stärker in den Aktienmarkt eingestiegen sind. Das ist ja das Problem in Deutschland. Unsere Vermögen wachsen zu wenig. Wir sparen viel, machen aber zu wenig daraus, weil wir vieles in Barguthaben, Bausparverträgen oder Lebensversicherungen anlegen. Die Inflationserwartungen steigen und jeder kommt mit Inflation in Berührung, das Leben wird teurer und wenn man das Vermögen nicht in realen Sachwerten wie Aktien arbeiten lässt, hat man einen realen Kapitalverlust. Die Löhne steigen in vielen Bereichen nicht in dem Maße wie die Preise.

Herr Orthen, Sie sind 39, ihr Fonds, der Fondak aber hat fast das Rentenalter erreicht, er wurde in den 1950er Jahren gestartet. Wie halten sie ein so altes Depot in Schwung?
Orthen: Der Fondak war schon immer ein Spiegelbild der deutschen Wirtschaft und damit auch der Innovation unserer Wirtschaft. Anleger der ersten Stunde hätten heute jährlich im Schnitt 10,5 Prozent verdient. Das geht über einen so langen Zeitraum nur, wenn sich ein Produkt immer wieder den wirtschaftlichen Bedingungen anpasst. Ich habe bei Übernahme des Fondak-Managements einen stärkeren Fokus auf kleinere Werte aus dem MDAX und TecDax gelegt. Dies spiegelt sich in der neuen Zusammensetzung des Vergleichsmaßstabs aus 60 Prozent DAX, 30 Prozent MDAX und 10 Prozent TecDAX wider. Von den Umbrüchen in der Wirtschaft etwa durch Digitalisierung und in Bezug auf Mobilität sind mittelgroße und TecDax Unternehmen unmittelbar betroffen und treiben solche Umbrüche in vielen Fällen entscheidend voran.

Um davon zu profitieren, haben wir uns stärker in Richtung Tec-Dax-Aktien und kleinere und mittelgroße Unternehmen bewegt. Deren Anteil ist momentan auch höher, als in unserem Vergleichsindex.

Goran Vasiljevic (37) ist Sprecher der Geschäftsführung des Erkrather Vermögensverwalters Lingohr & Partner. Nach einem Studium der Finanzwissenschaft in den USA und Stationen in der US-Finanzwelt begann er 2011 bei Lingohr & Partner, 2017 wurde er als Chief Investment Officer verantwortlich für das Anlagevolumen von vier Milliarden Euro. Geboren wurde er in Ostfriesland. Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Hat sich die Umstellung für die Anleger ausgezahlt?
Orthen: Ich würde sagen, ja. Seit Beginn 2017 liegt der Fonds 22 Prozent im Plus und damit knapp fünf Prozentpunkte vor dem neuen Vergleichsindex und elf Prozent vor dem Dax, dem vorherigen Vergleichsmaßstab.

In den letzten Wochen gab es zahlreiche Investorenkonferenzen, auf denen Fondsmanager Unternehmenschefs treffen konnten. Welche Konjunkturerwartungen haben die Unternehmen?
Orthen: Von den Unternehmen hören wir, man sei in der zweiten Hälfte des Wirtschaftszyklus, das ist nach dem langjährigen Wirtschaftswachstum allen klar. Aber es gibt noch eine gute Unterstützung für die Unternehmensgewinne, getrieben unter anderem vom Export und den internationalen Konjunkturdaten. Außerdem haben wir etwa zwei Prozent Wachstum und die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordtief. Das unterstützt in Deutschland auch den privaten Konsum. Die Unternehmensgewinne werden also auch 2019 noch steigen. Zudem erwarten wir weiter insgesamt steigende Dividenden.

Moderation: WirtschaftsWoche-Korrespondentin Heike Schwerdtfeger. Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Jetzt dominiert der Zollkonflikt zwischen den USA und China die Märkte, auch Schwellenländer gelten als Risiko. Braut sich da nicht eine große Gefahr zusammen?
Orthen: Es gibt viele Risiken, darüber können wir lange reden. Auch beim Brexit muss man noch abwarten, welche Folgen er langfristig haben wird. In einigen Schwellenländern wie etwa der Türkei sehen wir, dass die Währung abgewertet hat. Aber die Unternehmensgewinne sind auf breiter Basis positiv. Manche Unternehmen verlieren Marktanteile und liefern nicht, das sind dann häufig aber hausgemachte Probleme.

Vasiljevic: Wir haben weiterhin aus den Datenanalysen den Eindruck, dass die fundamentalen Unternehmenskennzahlen und Bewertungen sehr gut sind. Es gibt in jedem Land noch Unternehmen, die vom Markt vernachlässigt werden, weil die Herde der Anleger anderen Trends folgt und die Unterbewertung von Unternehmen nicht entdeckt. Es lohnt sich immer wieder da zu schauen, wo sich andere nicht hintrauen und wo Gefahren kurzfristig überschätzt werden.

Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Sie sind alle krisengestählt. Wie dramatisch würde ein Abschwung?
Boydak: Ein Abschwung kann dramatisch sein, weil viele Investoren prozyklisch angelegt haben. Wenn die Gelder rausfließen, die etwa in passiven Investments, also den ETF liegen, dann kann es in kürzester Zeit auch ein Minus von 20 Prozent geben. Ein Rückgang befeuert sich selbst. Auslöser könnten externen Events sein, wie eine dramatische Schuldenkrise, aber die konjunkturelle Lage und die Unternehmen bieten keinen Anlass für Crashfantasien.

Orthen: Wir haben seit neun Jahren einen positiven Aktienmarkt, deshalb ist es natürlich, dass die Stimmen lauter werden, die ein Ende heraufziehen sehen. So ein Bullenmarkt wird jedoch nicht einfach an Altersschwäche sterben, sondern erst wenn die Gewinnaussichten signifikant sinken. Das ist aber momentan nicht in Sicht.

Vasiljevic: Rezessionen kann man nicht vorhersagen, selbst die besten Wissenschaftler wissen es nicht. Von den letzten 150 Rezessionen wurden 148 im Vorjahr nicht prognostiziert.

„Jedes Unternehmen, das kurzfristig die Erwartungen die der Markt hat, nicht erfüllt, ist interessant für uns“

Was sind die interessanten Stories, aus denen sich an der Börse noch Honig saugen lässt?
Vasiljevic: Wir sehen in Japan viele gute Unternehmen, sie sind wenig verschuldet, halten viel Geld flüssig und können es ausschütten oder investieren. Sie arbeiten auch nicht an Kapazitätsgrenzen wie manche US-Unternehmen. Außerdem sehen wir bei Schwellenländern noch Aufholpotenzial. In den USA gibt es auch im IT-Segment bei Speicherplatzanbietern interessante Unternehmen. Speicherplatz war früher ein zyklisches Geschäft, heute steckt in jeder Küchenmaschine ein Speicher. Die Branche wird noch als zyklisch bewertet, ist es aber nicht mehr. Solche Veränderungen kann man am Aktienmarkt nutzen.

Herr Boydak, Sie können auch auf fallende Kurse wetten bei einem speziellen Fonds. Ist das ein Hedgefonds?
Boydak: Nein, nicht ganz. Es stimmt, dass wir bei dem Loys Global L/S – das steht für Long-Short, auch von fallenden Aktienkurse profitieren. Dies ist aber als eine dauerhafte Absicherung des Portfolios zu verstehen und ist keine Wette auf zukünftige Kursrückgänge. Im Gegensatz zu Hedgefonds der Einzelaktien leer verkauft (also eine Aktie verkauft, die er nicht besitzt, um sie nach dem Kursrückgang günstiger liefern zu können) nutzen wir Indexfutures auf einen breiten Index wie zum Beispiel den Dax. Dadurch haben wir kein Risiko auf das falsche Pferd zu setzen und sichern unser Aktienportfolio im LOYS Global L/S immer zu rund 2/3 ab. Ansonsten sind wir aber auch hier konservative Investoren und beteiligen uns langfristig an Aktien, die besser laufen sollen als der Markt.

Welche Unternehmen sind für Sie interessant?
Boydak: Jedes Unternehmen, das kurzfristig die Erwartungen die der Markt hat, nicht erfüllt, ist interessant für uns. Wir wissen, dass die Deutsche Bank Probleme hat, es gibt Zulieferer, die für die Bank IT implementieren. Aber mitunter wird das IT-Budget gekürzt. Zulieferern brechen die Umsätze weg, der Markt ist enttäuscht und die Aktien fallen um 20 Prozent. Etwa der US-Anbieter Luxoft oder die Stuttgarter GFT-Technologies leiden darunter. Die Unternehmen sind gut, aber in einem chaotischen Umfeld. Wenn sie neue Kunden gewinnen und die Banken wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen, dann können diese Unternehmen auch bei den Umsätzen stark zulegen und werden am Aktienmarkt wieder entdeckt. Solche temporären Effekte wirken so stark, weil viele Investoren nur kurzfristig orientiert sind.

Orthen: Wir halten die meisten Aktien länger als ein Jahr. Der Großteil sind Unternehmen, die auf attraktiven Endmärkten unterwegs sind. Also etwa Automobil-Zulieferer, die langfristig von strukturellen Trends wie Elektromobilität und autonomem Fahren profitieren. Wenn Marktanteil, Wettbewerbssituation und Kapitalausstattung passen, viele Investoren aber das Wachstum unterschätzen, ist das für uns interessant. Mitunter können solche Unternehmen in eine hohe Bewertung hereinwachsen. Aus dem Dax war das etwa bei Infineon der Fall, der Halbleiterhersteller ist im Automobilbereich sehr stark aufgestellt und hat von diesen Trends profitiert. Vieles, was heute schon das Autofahren komfortabler und sicherer mach geht über Halbleiter und dies wird in Zukunft noch zunehmen. Das Unternehmen ist gut geführt, vielen aber noch aus der Internetblase bekannt. Die Erwartungen von damals werden heute Realität. Über strukturelle Themen hinaus versuchen wir aber taktisch auch Chancen etwa bei Restrukturierungen von Unternehmen zu nutzen.

Fassen Sie deutsche Banken, Autos oder Versorger an?
Orthen: Wir schließen keine Branchen aus, aber setzen Schwerpunkte auf attraktive Branchen, das heißt wachsende Märkte und gutes Wettbewerbsumfeld. Wir sind bei Tech und Finanzwerten übergewichtet, bei letzteren aber vor allem in Versicherern und Börsenbetreibern. Bei Autos sind wir untergewichtet, bei Zulieferern dagegen übergewichtet. Die Autobauer benötigen riesige Investitionen, da bin ich zur Zeit lieber auf der Seite der Unternehmen positioniert, die von vielen Investitionen profitieren, also den gut positionierten Zulieferern, als bei den Autobauern selbst.

„Man lernt bei der Geldanlage wie beim Tennis mehr, wenn man verliert, als wenn man gewinnt“

Herr Vasiljevic, Lingohr&Partner ist dafür bekannt, dass sie auf Substanzwerte, so genannte Value-Aktien, setzen. Die waren aber lange nicht besonders populär. Jetzt läuft es bei ihren Fonds wieder gut. Woran liegt es?
Vasiljevic: Man lernt bei der Geldanlage wie beim Tennis mehr, wenn man verliert, als wenn man gewinnt. Man muss schauen, was lief falsch, was wir  besser machen müssen. Wir haben Modellanpassungen vorgenommen mit einem stärkeren Fokus auf die Bilanzstärke und die Cash-Reserven und das hat zur guten Performance beigetragen.

Herr Boydak, ihr Partner, Christoph Bruns hat seinen Sitz in den USA. Was hören Sie von ihm zum Markt dort?
Boydak: Die Amerikaner haben eine bessere Aktienkultur und sind näher am Kapitalmarkt, die US-Aktien sind deshalb auch tendenziell teurer. Wir sind in Europa Spielball der Amerikaner, weil sie schnell Geld aus Europa abziehen. Die USA aber laufen, auch die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Steuerreform hat einen Impuls gegeben. Uns finden sie nicht bei Netflix oder Tesla, wir sind eher in der dritten Reihe, wo die Scheinwerfer nicht leuchten. Weil wir bei Loys antizyklisch investieren, gehen wir lieber dorthin, wo die Rücksetzer höher sind und deshalb sind wir eher in Europa übergewichtet. Ein Wert den wir länger gehalten haben, jetzt aber gerade verkauft haben, ist der größter Eierhersteller in den USA, Cal-Main Foods. Wenn die Vogelgrippe ausbricht, steigen die Eierpreise. Eier können kaum im Essen ersetzt werden und daher ist der Effekt groß. Kürzlich haben wir ein Unternehmen getroffen, Maple Leaf, ein kanadischer Hersteller für Frühstücksspeck und Aufschnitt, er hat gerade Probleme, beliefert aber Märkte in denen der Verzehr von Schweinefleisch noch steigt.

WiWo-Club: Leser nahmen ebenfalls am Fondsmanager-Roundtable teil. Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Erwarten Sie eine Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank?
Boydak: Wir meiden Banken, weil die Gewinne ans Management gehen, aber die Eigentümer bleiben auf Schäden sitzen, da gibt es zu viele Asymetrien. Man könnte Argumente für einen Zusammenschluss von Deutscher und Commerzbank finden, aber ob das kulturell passt? Jeder der mal bei der Deutschen gearbeitet hat, hat ein Feindbild gehabt, das war die Commerzbank. Und das ist dann schwierig zu integrieren. Für den Regulierer wäre es gut, das Investmentbanking in den USA wäre dann weg, er wäre ein internationaler Unternehmsfinanzierer für die deutsche Wirtschaft.

Orthen: Ich investiere nicht auf Übernahmephantasien hin. Es ist für uns kein Investmentkriterium zu hoffen, dass eine Konsolidierungswelle im Bankensektor stattfindet.

Vasiljevic: Wir hatten im März 2016 ein Bankenübergewicht in Fonds mit vielen skandinavischen Banken, weil die es geschafft haben, neue Umsatzkanäle zu finden. Mittlerweile haben wird die Positionen abgebaut und stärker auf Versicherer und börsennotierte Vermögensverwalter gesetzt wie Azimut in Italien oder die Private-Equity-Gesellschaft 3i in Großbritannien. Banken sind bei uns mittlerweile leicht untergewichtet.

Was könnten die Performancesieger bis zum Jahresende sein?
Boydak: US-Technologieaktien haben momentan eine komfortable Führung. Kurzfristig sollte diese übers Ziel gebracht werden können.

Orthen: Ich habe den Blick eher auf den deutschen Markt gerichtet und erwarte hier weiter ein gutes Umfeld für strukturelle Trends und Aktien, die dort stark positioniert sind. Ich tippe daher auf den Techsektor und TecDAX.

Vasiljevic: Japan ist der attraktivste Markt, Tech-USA von der Nasdaq wird der Verlierer sein, weil er bis jetzt der beste war und die Bewertungen zu schnell angestiegen sind. Also eine sehr antizyklische Meinung.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%