Versicherer leiden bis heute unter der Lehman-Pleite: Mit der Investmentbank riss es auch die Zinsen in die Tiefe – während öffentliche Anleihen vor fünf Jahren noch bei gut vier Prozent rentierten, waren es in den vergangenen Monaten nur noch 1,0 bis 1,5 Prozent. Das ist misslich, denn vertraglich zugesagt haben Versicherer ihren Kunden je nach Abschlusszeitpunkt der Police zwischen 1,75 und 4,0 Prozent Zins pro Jahr. Im Schnitt liegt der garantierte Zins bei gut drei Prozent, leisten müssen Versicherer den Mindestzins auf die Beiträge abzüglich der Kosten.
Im Schnitt bekommen Kunden noch 3,6 Prozent gutgeschrieben (siehe Grafik). Noch schlagen Versicherer die Bundesanleihe-Rendite locker, weil sie noch viele Papiere aus besseren Zeiten im Portfolio haben. Doch die Depots drehen sich langsam, allein 2012 haben Lebensversicherer zusammen mit Pensionskassen und -fonds brutto rund 130 Milliarden Euro neu angelegt – Geld aus Beitragseinnahmen oder ausgelaufenen Anleihen. So fressen sich die Niedrigzinsen nach und nach ins Depot.
Die Gegenstrategie ist wenig erleichternd: Mehr Risiko wollen Versicherer kaum eingehen, die Aktienquote liegt in der Branche bei unter drei Prozent. Doch einen Tick höhere Zinsen gibt es gegen längere Laufzeiten – und die haben Versicherer bedenklich gestreckt: 2008 war das Geld nur fünf bis sechs Jahre angelegt, heute ist es schon fast auf zehn Jahre fixiert. Folge: Selbst wenn die Zinsen eines Tages steigen, liegen die niedrig verzinsten Papiere über Jahre wie Blei in den Depots.
Der oberste deutsche Versicherungsaufseher hat kürzlich zugegeben, dass es irgendwann eng werden dürfte: „Kurz- bis mittelfristig werden die Versicherer ihre Leistungsversprechen erfüllen können. Wenn die niedrigen Zinsen langfristig anhalten, wird es enger, das steht außer Frage“, sagte Felix Hufeld, Chef-Versicherungsaufseher bei der BaFin, dem „Handelsblatt“.