Bei vielen Anlegern hat sich der Eindruck festgesetzt, dass langfristige Geldanlage mit verlässlicher Rendite kaum noch möglich ist. Doch Anleger, die ihr Vermögen nach Quoten auf die Anlageklassen verteilt haben, sind gut durch die Krisenjahre gekommen. Empfehlenswert für ein langfristiges Depot ist etwa folgende Aufteilung: je 30 Prozent Aktien und Anleihen, 25 Prozent Gold und 15 Prozent Tagesgeld. Eine solche Strategie, vorgestellt zum Beispiel in WirtschaftsWoche 27/2009 und 3/2012, brachte Anlegern seit dem 12. September 2008 – dem letzten Handelstag vor der Lehman-Pleite – bislang 47 Prozent Gewinn vor Steuern und Gebühren.
Das entspricht 8,1 Prozent Rendite pro Jahr. Anleger können die Anteile je nach Risikoneigung variieren. Wichtig ist, dass sie sich dabei nicht von der jüngsten Wertentwicklung leiten lassen. Setzen sie zum Beispiel den Goldanteil niedrig an, weil Gold zwischenzeitlich stark gefallen ist, riskieren sie, einen hohen Anteil des Kapitals in Anlagen zu stecken, deren Wert bereits stark gestiegen ist. Wenn das Depot steht, sollten Anleger die Depotanteile in fixen Intervallen wieder auf das Ausgangsniveau bringen. Die Musterrechnung geht von einer jährlichen Anpassung aus.
So schützen sie sich vor dem gefährlichen Herdentrieb, also Käufen auf dem Hoch und Verkäufen im Tief. Die Anpassungen steigern die Rendite: Hätten Anleger ihr Vermögen 2008 nur einmal nach der Musteraufteilung angelegt und es dann nicht mehr angerührt, hätte das gleiche Ausgangsdepot nur 7,6 Prozent Jahresrendite gebracht. Hauptgrund: Der anfangs stark gestiegene Goldpreis hätte den Goldanteil im Depot stark steigen lassen. Die späteren Preiseinbrüche hätten das Depot dann deutlich stärker getroffen.
Trotz der letzten Verluste brachte Gold mit 98 Prozent Gewinn seit September 2008 den höchsten Zuwachs. Aktien legten nur 30 Prozent zu, trugen aber seit September 2010 am stärksten zum Gewinn bei und glichen die Goldschwäche locker aus.
Anleihen
Kurz nach der Lehman-Pleite schien zwar die Welt in Trümmern, doch am Anleihemarkt brach eine goldene Zeit an. Metro brachte im Herbst 2008 ein Papier mit fünfjähriger Laufzeit an die Börse mit einer Rendite von sagenhaften 9,375 Prozent. BMW zahlt seither noch bis diesen November ebenfalls üppige 8,875 Prozent an Jahreszins (siehe Grafik).
ThyssenKrupp musste noch im Juni 2009 mehr als neun Prozent bieten, um Investoren in einen Bond zu locken, der kommendes Jahr ausläuft. Wer in die drei Papiere je 10.000 Euro steckte, geht am Ende mit 43.750 Euro nach Hause – vor Steuern und ohne Zinseszins.
Das ganze Dilemma, was Anleger denn nach Rückzahlung der Anleihen mit ihrem Geld anfangen können, zeigt eine Neuanlage von wiederum je 10 000 Euro in Metro-, BMW- und Thyssen-Anleihen mit einer Laufzeit von jeweils fünf Jahren: Metro bringt magere 1,75 Prozent Rendite, BMW zahlt gar nur 1,2 Prozent, und selbst der krisengeschüttelte Thyssen-Konzern legt nur 3,4 Prozent Rendite auf den Tisch. Binnen fünf Jahren werden so aus angelegten 30.000 nur 33.175 Euro – nur ein knappes Viertel des Zuwachses, den eine Post-Lehman-Anlage gebracht hätte.
Anleger sollten frisches Geld aus fälligen Papieren aber trotz anhaltender Niedrigzinsphase nicht horten. Empfehlenswert ist, 20 bis 30 Prozent seines Depots in Anleihen zu halten. Erstklassige Unternehmenspapiere mit Laufzeiten zwischen drei und sieben Jahren und guter Bonität gehören ebenso dazu wie zehnjährige Bundespapiere – trotz Niedrigzins. Denn jede Krisenzuspitzung treibt auch die Bunds. Letztlich sollte die Investition als Versicherung verstanden werden, nicht als Renditeturbo.
Spareinlagen
Das Thema Einlagensicherung, vor Lehman nur ein theoretisches, schob sich weit nach vorn. Seit 2011 gilt EU-weit: 100 000 Euro auf Sparbüchern und Giro-, Tages- oder Festgeldkonten sind gesetzlich geschützt. Manche Banken und alle Sparkassen schützen zwar viel höhere Summen, aber ohne Rechtsanspruch.
Die privaten Banken drücken die Einlagensicherung ab 2015 in zehn Jahren schrittweise auf teils ein Viertel der heutigen Sicherungssummen. Selbst bei kleinen Banken bleiben so aber noch Millionen geschützt. Als im März 2013 Zyperns Banken vor dem Aus standen, erneuerte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Garantie, Spargelder zu retten. Im Ernstfall müsste aber der Bundestag zustimmen.
Die EU gibt den Sicherungssystemen für eine Auszahlung nach einer Pleite derzeit 20 Arbeitstage Zeit. Die EU-Regeln sind für deutsche Sparer wichtig, oft bieten Töchter ausländischer Banken hohe Zinsen. Mit 1,5 Prozent fürs Tagesgeld ragen jetzt etwa Rabo Direct und Renault Bank Direct hervor.
Auch für sie gilt der EU-Mindestschutz, der Kunde müsste sich sein Geld aber von der niederländischen oder französischen Einlagensicherung holen. Eine Alternative sind Geldmarktfonds, sie können als Sondervermögen bei Pleiten nicht verfallen. Viele hatten vor Lehman in Schrottpapiere investiert. Seit 2012 dürfen sie nur Anleihen mit kurzer Restlaufzeit und bester Bonität kaufen.
Gold
Wie 2008 war auch der jüngste Crash die Folge einer am Terminmarkt einsetzenden Preisschwäche und keine Folge schwacher Nachfrage nach Barren und Münzen. Auch die Goldfonds taugen nur bedingt als Erklärung. Deren Bestände schmolzen zwar seit Ende 2012 um 22 Millionen Unzen auf 62 Millionen Unzen zusammen.
Doch allein die Nachfrage in China stieg im ersten Halbjahr um 54 Prozent auf 22,7 Millionen Unzen. Gold wurde zuletzt gar knapp für jene, die sich Gold geliehen und es leerverkauft hatten, in der Hoffnung auf einen weiter fallenden Goldpreis.
Sie mussten sich eindecken und für sofort verfügbare Ware Aufschläge zahlen. Auffällig ist der Markt für Goldleihegeschäfte. Goldbesitzer verleihen dort zinsloses Gold gegen Dollar. Weil sie Dollar verzinst anlegen können, zahlen sie dem Goldleiher einen Zins, die sogenannte Gold Forward Offered Rate. Normalerweise ist dieser Zins positiv. Doch zuletzt war er für kurze Laufzeiten negativ.
Der Goldleiher muss dem Goldverleiher eine Prämie bezahlen. Gold wird also dringend gesucht. Negativ war dieser Zins auch Anfang 2001 und eben im September 2008. 2001 gab diese Anomalie den Startschuss für den Bullenmarkt und 2008 das Signal für die Wiederaufnahme des Aufwärtstrends.
Gleiches sollte jetzt wieder passieren. Das lehrt auch die letzte große Hausse: Von 1974 bis 1976 halbierte sich der Goldpreis, dann kletterte er bis 1980 um 700 Prozent. Auch jetzt könnte Gold Schwung holen für neue Rekordhöhen.
Lebensversicherung
Versicherer leiden bis heute unter der Lehman-Pleite: Mit der Investmentbank riss es auch die Zinsen in die Tiefe – während öffentliche Anleihen vor fünf Jahren noch bei gut vier Prozent rentierten, waren es in den vergangenen Monaten nur noch 1,0 bis 1,5 Prozent. Das ist misslich, denn vertraglich zugesagt haben Versicherer ihren Kunden je nach Abschlusszeitpunkt der Police zwischen 1,75 und 4,0 Prozent Zins pro Jahr. Im Schnitt liegt der garantierte Zins bei gut drei Prozent, leisten müssen Versicherer den Mindestzins auf die Beiträge abzüglich der Kosten.
Im Schnitt bekommen Kunden noch 3,6 Prozent gutgeschrieben (siehe Grafik). Noch schlagen Versicherer die Bundesanleihe-Rendite locker, weil sie noch viele Papiere aus besseren Zeiten im Portfolio haben. Doch die Depots drehen sich langsam, allein 2012 haben Lebensversicherer zusammen mit Pensionskassen und -fonds brutto rund 130 Milliarden Euro neu angelegt – Geld aus Beitragseinnahmen oder ausgelaufenen Anleihen. So fressen sich die Niedrigzinsen nach und nach ins Depot.
Die Gegenstrategie ist wenig erleichternd: Mehr Risiko wollen Versicherer kaum eingehen, die Aktienquote liegt in der Branche bei unter drei Prozent. Doch einen Tick höhere Zinsen gibt es gegen längere Laufzeiten – und die haben Versicherer bedenklich gestreckt: 2008 war das Geld nur fünf bis sechs Jahre angelegt, heute ist es schon fast auf zehn Jahre fixiert. Folge: Selbst wenn die Zinsen eines Tages steigen, liegen die niedrig verzinsten Papiere über Jahre wie Blei in den Depots.
Der oberste deutsche Versicherungsaufseher hat kürzlich zugegeben, dass es irgendwann eng werden dürfte: „Kurz- bis mittelfristig werden die Versicherer ihre Leistungsversprechen erfüllen können. Wenn die niedrigen Zinsen langfristig anhalten, wird es enger, das steht außer Frage“, sagte Felix Hufeld, Chef-Versicherungsaufseher bei der BaFin, dem „Handelsblatt“.
Immobilien
Einer der größten Profiteure der Lehman-Pleite ist der Wohnungsmarkt. Jahrelang hinkten die Preise hierzulande denen in Europa hinterher, real (inflationsbereinigt) sanken sie von 1990 bis 2008 sogar. Das ist mit der Krise schlagartig vorbei (siehe Grafik). Denn die Geldpolitik der Notenbanken (Zinsen runter, Geldmenge rauf) hat Käufern historisch niedrige Zinsen beschert. Zuletzt zogen die zwar wieder etwas an, aber noch immer kostet zum Beispiel eine Hypothek mit zehn Jahren Laufzeit nur rund 2,5 bis 3,0 Prozent.
Die Zinsen haben allerdings eine Kehrseite, die oft vergessen wird: Sie schlagen auf die Immobilienpreise durch. Je niedriger der Zins, desto mehr Menschen erwägen einen Kauf. Hinzu kommt, dass Immobilien einen hervorragenden Ruf als Krisenschutz genießen. Dieser Effekt auf die Preise ist zwar schwer messbar, aber er dürfte erheblich sein: Im Zuge der Euro-Krise hat sich die Nachfrage in vielen deutschen Städten vervielfacht. Entsprechend steigen die Preise, zunächst dort, wo das Angebot schon immer knapp war, inzwischen aber flächendeckend.
Ob die Immobilie nach dem Preisauftrieb noch als Krisenschutz taugt, kommt vor allem auf die Lage an. Wegen ungünstiger Demografie sind manche Objekte auf dem Land in 30 Jahren unverkäuflich. Der gern bemühte Krisenschutz als Sachwert („Kann nicht auf null fallen!“) wird ad absurdum geführt, wenn wegen Leerstands Kosten statt Rendite anfallen. In den Metropolen kann man das zwar fast ausschließen, aber die sind teuer.
Schwierig ist wegen der dort hohen Preise inzwischen das Vermieten zur Kapitalanlage: In den Ballungszentren sind die Mietrenditen bereits kaputt; oft springen netto nur noch zwei Prozent raus. Nichts spricht nach wie vor gegen eine selbst genutzte Immobilie, solange sie solide finanziert ist. Die monatliche Rate (Zins und Tilgung) sollte die letzte Nettokaltmiete oder ein Drittel des Nettoeinkommens nicht übersteigen.