Seit Jahren treten deshalb Verbraucherschützer dafür ein, die Zinsen für Kontoüberziehungen und Dispokredit nach oben zu begrenzen. Auch die ehemalige Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner forderte im Herbst 2012 eine Begrenzung und eine einheitliche Richtgröße für die verlangten Zinssätze, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist nur noch davon die Rede, dass die Banken verpflichtet werden sollen, „beim Übergang in einen Dispositionskredit einen Warnhinweis zu geben“. Nur wenn der Kunde den Dispo ständig und in erheblichem Umfang die Möglichkeit der Kontoüberziehung nutzt, soll er von der Bank zu alternativen Kreditformen beraten werden.
Während Politik und Verbraucherschützer die verlangten Zinsen für überhöht halten und Handlungsbedarf sehen, verteidigen die Banken ihre Geschäftspolitik. Die Deutsche Kreditwirtschaft, ein bundesweiter Dachverband der Banken mit Kreditgeschäft, betont die besondere Flexibilität von Dispokrediten und den damit einhergehenden hohen Aufwand. „Die Vorhaltung und Überwachung von Dispokrediten ist für die Kreditinstitute aufwändiger als bei anderen Kreditarten“, so Verbandssprecherin Cornelia Schulz. „Der größte Anteil der Dispozinsen ist auf unterschiedlich hohe Kostenbestandteile wie beispielsweise Refinanzierungskosten, Eigenkapitalkosten, Risikoprämie und die Kosten des operativen Geschäfts zurückzuführen. Zudem refinanzieren sich viele Banken in erster Linie über das Kundengeschäft; der Anteil der Refinanzierung über die Europäische Zentralbank nimmt in diesem Zusammenhang meist nur einen einstelligen Prozentanteil ein.“ Tatsächlich hatte die jüngste Zinssenkung der EZB von 0,5 auf 0,25 Prozent keinen signifikanten Einfluss auf die Höhe der Dispozinsen. Sie blieben ebenso wie die Überziehungszinsen unverändert.
Wolfgang Gerke hält von einer Obergrenze für Dispo- und Überziehungszinsen nicht viel. „Das Ziel ist schön und gut, aber wenn der Dispozins zum Beispiel an die Leitzinsen gekoppelt würde, könnte das auch dazu führen, dass das Zinsniveau insgesamt steigt“, so Gerke. Zudem enthielte das Bankengesetz ohnehin schon einen Wucherzinsparagraf, der wie eine Obergrenze wirke. „Der greift aber erst sehr sehr spät. Ich würde schlicht mehr Aufklärung der Kunden und mehr Vergleichbarkeit bei den Konditionen begrüßen.“ Der mündige Kunde könnte so leichter die Bank mit den fairsten Konditionen wählen.
Der Blick auf die verschiedenen Zinssätze für Raten-, Dispo- und Überziehungskredite scheint zu bestätigen, was viele Verbraucher denken: Wer Geldnot geraten ist, wird kräftig zur Kasse gebeten oder ist als Kunde unerwünscht. Wer das Geld aber nicht zwingend benötigt, bekommt es günstig hinterhergeworfen. Denn wer länger seinen Disporahmen ausschöpft oder sein Konto sogar darüber hinaus belastet, läuft Gefahr, dass die Bank den bis dahin kundenfreundlichen Kreditrahmen mit sofortiger Wirkung streicht und um den umgehenden Ausgleich seines Kontos ersucht – fälliger Zinsen inklusive. Wer aber zahlungskräftig ist und solide Finanzen vorzuweisen hat, wird von Banken regelrecht mit Werbung für günstige Konsumkredite bombardiert.