Das Umfeld für Aktien könnte kaum schwieriger sein – die Zinsen steigen, die Wirtschaft wächst nur langsam, die Inflation ist hoch. Also, raus aus dem Aktienmarkt? Alles verkaufen? Nein. Warum? Weil Aktien im Vergleich mit anderen Assetklassen auch im aktuellen Umfeld attraktive Renditechancen für einen langfristigen Vermögensaufbau bieten. Das zeigt allein ein Blick auf die Renditeentwicklung der Aktienmärkte in den zurückliegenden Jahrzehnten.
Ein Anleger, der zum Beispiel Anfang der 1970er-Jahre einen bestimmten Betrag in Dax-Aktien investiert hätte, wäre bis Ende 2022 auf eine jährliche Rendite zwischen sieben und acht Prozent gekommen. Hätte er zu Beginn der 2000er-Jahre in Dax-Unternehmen angelegt, läge die jährliche Rendite immer noch bei vier bis sechs Prozent, je nach Einstiegszeitpunkt.
Nun, könnte man als Skeptiker vielleicht einwenden, das waren ja auch besonders gute Börsenjahre: „Da musste der Markt quasi steigen, aber jetzt ist alles ganz anders.“ Doch das stimmt so nicht. In den 70er-Jahren endete das deutsche Nachkriegswirtschaftswunder. Die Ölkrise führte zu einer Stagnation, die Wirtschaft kippte zeitweise in eine Rezession. Das war für die Bürger damals eine völlig neue Erfahrung. Die Stimmung war mies, Experten rieten zum Ausstieg aus dem Aktienmarkt. Und genau das wäre, wie wir heute wissen, falsch gewesen.
Ähnlich die Situation zu Beginn der 2000er-Jahre. Der Tech-Boom endete, Internetaktien stürzten ab. Einige Zeitgenossen sahen schon das Ende der Technologieaktien gekommen – weit gefehlt, wie wir heute wissen. Es gab also schon immer schwierige Zeiten. Das Auf und Ab der Konjunktur gehört zu unserem Wirtschaftssystem. Die Wirtschaft atmet, könnte man sagen. Versuche, das Aus- und Einatmen etwas abzumildern, wie in der sozialen Marktwirtschaft praktiziert, sind sinnvoll und lobenswert. Geatmet – und das ist gut so – wird trotzdem noch.
Die besten Tage entscheiden
Das Aus- und Einatmen spiegelt sich auch an der Börse wider, die Aktienkurse schwanken. Zum Teil sehr deutlich, aber am Ende eben doch mit der Tendenz nach oben. Ein Umstand, den der Altmeister der Börse, André Kostolany, wohl zu dem Ausspruch bewogen hat: „Wenn es runtergeht an der Börse, und du hast keine Aktien, dann hast du auch keine, wenn die Börse wieder steigt.“ Und das ist genau der springende Punkt. Wer mit Aktien einen Vermögensaufbau betreiben möchte, kann nicht ständig kaufen und verkaufen. Das funktioniert nicht, denn die exakten Tief- und Hochpunkte zu erkennen, an denen man kaufen und verkaufen kann, ist eine Kunst für sich, die nicht selten einem Blick in die Glaskugel gleicht.
Zudem laufen Anleger dann Gefahr, die besten Börsenphasen zu verpassen, die am Ende aber für die Gesamtperformance des Aktieninvestments entscheidend sind. Eine Untersuchung der Quirin Bank zeigt zum Beispiel, dass ein Anleger, der von 1992 bis Anfang 2022 durchgängig im MSCI World Index mit anfänglich 100.000 Euro investiert gewesen wäre, am Ende über fast 1,25 Millionen Euro verfügt hätte.
Schneller schlau: Diese Bilanzbegriffe sollten Sie kennen
HGB steht für Handelsgesetzbuch. Nach dessen Vorschriften müssen Unternehmen in Deutschland ihren Jahresabschluss vorlegen. Der Abschluss nach HGB ist für die auszuschüttenden Dividenden und die Steuerrechnung maßgeblich.
Die internationalen Rechnungslegungsstandards nach IFRS, nach denen große Kapitalgesellschaften ihre Konzernbilanz aufstellen müssen, orientieren sich eher an den amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften nach US-GAAP. Die internationalen Regeln machen Konzernabschlüsse grundsätzlich besser vergleichbar, folgen aber anderen Grundsätzen, zum Beispiel bei der Bewertung von Unternehmenskäufen oder anderen Vermögenswerten.
Leider werden die IFRS-Regeln deutlich häufiger vom International Accounting Standards Board (IASB) geändert, als dies bei den HGB-Vorschriften im deutschen Rechtssystem der Fall ist.
Die in eine Unternehmung eingebrachten (investierten), auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerte, vor allem Grundstücke, Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen, Beteiligungen, Vorräte, Forderungen etc. Grundsätzlich sind die Unternehmen verpflichtet, entgeltlich erworbene Vermögenswerte zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Der Wertminderung unterliegende Vermögensteile müssen während ihrer Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Die Aktivseite informiert über die Mittelverwendung, also in welchen Werten das beschaffte Kapital investiert ist. Aus der Zusammensetzung der Aktivseite können – begrenzt – Schlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Unternehmung gezogen werden, bei Gegenüberstellung zur Passivseite gegebenenfalls auch auf die Zahlungsbereitschaft.
Die auf der rechten Seite der Bilanz stehenden Bilanzpositionen, im Wesentlichen Eigenkapital und Verbindlichkeiten. Die Passivseite der Bilanz zeigt die Quellen, aus denen ein Unternehmen finanziert wird.
Die Umsatzrendite beschreibt das Verhältnis von Gewinn und Umsatz eines Unternehmens. Sie beschreibt, welchen Teil des Umsatzes das Unternehmen als Gewinn verbuchen kann. Der Gewinn eines Unternehmens ist jedoch Schwankungen unterworfen (z.B. Branchenabhängigkeit, Produktabhängigkeit), die eine genaue Bestimmung der Rentabilität erschweren können. Die Umsatzrendite eignet sich vor allem für unternehmensinterne Vergleiche. Sie gibt Aufschluss darüber, welche Rendite die verschiedenen Geschäftsbereiche eines Konzerns erwirtschaftet haben.
Der Bestand an Kapital einer Unternehmung kann aus zwei Quellen zugeführt worden sein: Vermögen der Eigentümer durch: Einzahlung der Unternehmer, Einbehaltung angefallener Gewinne, also Selbstfinanzierung; Vermögen Dritter. Eigenkapital in weitester Deutung sind sämtliche den Gläubigern einer Unternehmung haftenden Mittel, also auch z.B. das Privatvermögen eines voll haftenden Gesellschafters. In engerer Fassung wird unter Eigenkapital das bilanzielle Eigenkapital verstanden, das als Residualgröße aus den übrigen Positionen der Bilanz ermittelt werden kann, wodurch sich die Abhängigkeit des Kapitalausweises von den Bewertungen der Bilanzposten erklärt. Rechnerisch ergibt sich seine Höhe aus der Gleichung: Eigenkapital = Vermögen (Aktivseite der Bilanz) – Schulden – Einlageneinbehaltene Gewinne – Entnahmen – eingetretene Verluste
Die Eigenkapitalquote beschreibt die Beziehung zwischen Eigen- und Gesamtkapital. Dazu wird das auf der Passiva-Seite einer Bilanz ausgewiesene Kapital ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt. Je mehr Eigenkapital ein Unternehmen zur Verfügung hat, desto besser ist in der Regel die Bonität eines Unternehmens, desto höher ist die finanzielle Stabilität und desto unabhängiger ist das Unternehmen von Fremdkapitalgebern. Da Eigenkapital jedoch teurer ist als Fremdkapital belastet eine hohe Eigenkapitalquote die Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Als Dividende bezeichnet man den Anteil am Gewinn, der je Aktie vom Unternehmen ausgeschüttet wird. Die Hauptversammlung beschließt nach dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat über die Höhe. Die Dividende ist immer vom Bilanzgewinn abhängig und kann daher schwanken oder auch ganz ausfallen, etwa wenn die Ertragslage schlecht ist. Sie kann sogar aus den Rücklagen finanziert werden, wenn die Unternehmensgewinne nicht ausreichen.
Die Equity-Methode kommt bei der Bilanzierung von Unternehmensbeteiligungen zum Einsatz, an denen der Konzern weniger als 50 Prozent der Anteile hält. Dabei wird der Umfang der Beteiligung am Eigenkapital der Beteiligungsgesellschaft als Grundlage genommen, um den bilanziellen Anteil an Vermögenswerten in der Konzernbilanz abzubilden. Die wesentliche Größe ist dabei der anteilige Anspruch auf den Gewinn, der dem Konzern aus der Beteiligung zusteht. 100-prozentige Tochterunternehmen sind in einer Konzernbilanz hingegen unsichtbar, weil sie in den regulären Bilanzposten enthalten sind.
Während nach HGB in vielen Fällen die Anschaffungskosten von Finanz- und Sachanlagen in die Bilanz einflossen, fordert die Bilanzierung nach IFRS vorrangig eine Bewertung, die sich an den Marktpreisen orientiert. Existiert für diese Vermögenswerte kein Markt, wird der Bar- oder Zeitwert einer Vermögensposition durch die abgezinsten, monetären Vorteile, die dem Konzern bis weit in die Zukunft daraus erwachsen, durch finanzmathematische Verfahren und aufgrund von Schätzungen im Finanzplan ermittelt. Diese Bewertung nach Fair Value soll ein realistischeres Bild von Vermögenswerten liefern, als die puren Anschaffungspreise.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Latente Steuern sind noch nicht entstandene Steuervor- und nachteile. Zumeist sind sie in nennenswerter Höhe unter den Aktiva einer Bilanz zu finden. Dabei handelt es sich überwiegend um sogenannte Verlustvorträge, die einer Steuerersparnis entsprechen. Macht ein Unternehmen Verlust, erwartet aber in Zukunft wieder Gewinne, können die bereits entstandenen Verluste die Steuerlast in den kommenden Jahren mindern. Die dann zu erwartende Steuerersparnis können Konzerne laut IFRS als Vermögenswert in der Bilanz ansetzen. Diese verbessern das Konzernergebnis, obwohl sie davon abhängen, dass ein Unternehmen den Weg in geplantem Umfang zurück in die Gewinnzone schafft. Passive latente Steuern sind entsprechend Steuerschulden, die erst in der Zukunft entstehen. Macht ein Konzern Verlust, bilanziert aber keine aktiven latenten Steuern, bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Wirtschaftsprüfer nicht an einen Rückkehr in die Gewinnzone glaubt.
Im Zuge einer Unternehmenssanierung trennen sich Konzerne oftmals von ganzen Geschäftsbereichen. Um dem Leser einer Bilanz möglichst große Transparenz zu bieten, werden zum Verkauf stehende Geschäftsbereiche gesondert in der Bilanz aufgeführt. Damit wird die Bilanz um Unternehmensteile bereinigt, die in Zukunft wegfallen sollen. Gelingt der Verkauf jedoch nicht, kann das aber auch revidiert werden. Dann fließen die Bilanzgrößen der nicht fortgeführten Geschäftsbereiche zurück in die Bilanz.
Kapital- und Gewinnrücklage unterscheiden sich in der Art ihrer Entstehung. Die Gewinnrücklage speist sich aus den Jahresüberschüssen der Vorjahre und sind quasi das Sparschwein eines Unternehmens. Die Kapitalrücklage hingegen speist sich aus Einzahlungen der Gesellschafter. Insbesondere für Mittelständler sind Kapitalrücklagen ein Steuersparmodell für die Eigentümer. Wie eine Schenkung an das Unternehmen lassen sich Gelder in der Bilanz parken, auf Beschluss der Eigentümer und er Geschäftsführung jedoch auch wieder auflösen. Aktienrückkäufe, wie sie zur Kurspflege derzeit bei vielen Börsenunternehmen beliebt sind, speisen sich zumeist aus Gewinn- und Kapitalrücklagen. Werden sie aus dem Handel genommen, senken sie in Höhe ihres Nominalwertes das gezeichnete Kapital, dass unter den Passiva zum Eigenkapital des Konzerns zählt.
Hinter den sperrigen Begriffen verbirgt sich nichts anderes, als das flüssige Geld in der Unternehmenskasse. Hierzu zählen insbesondere die jederzeit verfügbaren liquiden Mittel auf Firmenkonten, aber auch andere Zahlungsmittel breiter Akzeptanz, zum Beispiel Goldmünzen, oder Wertpapiere.
Hätte er hingegen nur die besten fünf Tage in diesem Zeitraum, in denen die Börsen am kräftigsten gestiegen sind, versäumt, hätte er am Schluss nur knapp 860.000 Euro gehabt. Das ist immer noch viel, aber eben deutlich weniger, als man mit einer durchgängigen Haltedauer hätte erzielen können. Und wir sprechen hier nur von fünf Tagen, die der Anleger verpasst hat. Hätte er etwa die besten 25 Tage verpasst, was ja schnell passiert, würde er am Ende nur noch auf rund 360.000 Euro zurückgreifen können, also ungefähr einem Drittel des Betrages, den er bei einer Durchhaltestrategie erwirtschaftet hätte.
Unter diesem Gesichtspunkt ist der ebenfalls von Kostolany geäußerte Ausspruch „Kaufe Aktien, nehme eine Schlaftablette und schau Dir die Papiere erst nach vielen Jahren wieder an, dann wirst Du reich sein“ völlig richtig.
Aktives Vermögensmanagement statt rein und raus
Eine solche Durchhaltestrategie schließt ein aktives Vermögensmanagement aber nicht aus. Natürlich können beziehungsweise sollten Anleger ihr Depot zwischenzeitlich neu ausrichten. Während eines wirtschaftlichen Aufschwungs sollte ein Depot, das im Kern aus defensiven Aktien wie etwa aus der Nahrungsmittel- und Gesundheitsbranche besteht, mit zyklischen Werten zum Beispiel aus der Technologiebranche, angereichert werden. In einem Abschwung kann der Anteil der Zykliker hingegen reduziert werden. Aktives Vermögensmanagement passt sich der Situation an, ist aber eben kein ständiges Rein und Raus.
Das Umfeld für Aktien könnte kaum schwieriger sein – stimmt. Aber man könnte auch sagen: Gerade weil das Umfeld herausfordernd ist, bietet der Aktienmarkt große Chancen. Doch von denen können Anleger nur profitieren, wenn sie ihre Aktien behalten.
Lesen Sie auch: Top-Fondsmanager Peter Huber – „Flexibel bleiben und aktiv anlegen wird sich auch 2023 lohnen“
Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.