Zum Start von „King of Stonks“ Die besten Finanzskandal-Filme, die es (noch) nicht gibt

Wer mit dem Aufzug hoch fährt, fährt auch wieder runter: Matthias Brandt (r.) als Cable-Cash-Chef Magnus A. Cramer in der Netflix-Serie „King of Stonks“. Quelle: dpa

Die neue Netflix-Serie „King of Stonks“ parodiert das Wirecard-Desaster. Das ist ebenso lustig wie angemessen – aber es gibt noch weitere Anlageskandale, die dringend auf den Fernsehschirm oder die Leinwand gehören.

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Seit dieser Woche können Netflix-Nutzer Magnus A. Cramer, dem Chef des windigen Düsseldorfer Finanzdienstleisters Cable Cash, dabei zuschauen, wie er alle einseift – Kunden, Anleger, Wirtschaftsprüfer, Aufseher. Cable Cash soll nichts weniger sein als der neue Shooting Star der deutschen Wirtschaft, der die Bundesrepublik endlich zu einem Top-Digitalstandort macht. Spoiler: Hinter der glänzenden Fassade des Unternehmens steckt wenig Substanz.

Die allseits gelobte Netflix-Serie „King of Stonks“ zeichnet den Aufstieg des ehemaligen Börsenlieblings Wirecard nach. Es steht zu befürchten, dass Regisseur Jan Bonny dabei nicht so stark überdreht, wie man meinen könnte.

Tatsache ist: Unter Anlagebetrügern gibt es so manche schillernde Figur. Und mancher Anlageskandal, der es bisher nicht auf die große Leinwand oder wenigstens zu Netflix geschafft hat, hätte eine Verfilmung durchaus verdient. Wir hätten da drei Ideen:

Die Fracht-Macher

Der Hamburger Hafen bei Nacht. Ein Mann schleicht zwischen den Containern umher, zählt sie, entziffert im dämmrigen Licht die aufgedruckten Namen, gleicht sie mit einer Liste ab – und muss einen Triumphschrei unterdrücken: Container, die es angeblich geben sollte, existieren gar nicht. So oder so ähnlich könnte der Anfang eines Films über die Pleite von P&R aussehen. Das Unternehmen hatte Direktinvestments in Schiffscontainer angeboten und viele Millionen Euro von Anlegern eingeworben. Bloß: Ein Gutteil der Container existierte nur auf dem Papier. Als das Schneeballsystem des Unternehmens aufflog, verloren rund 54.000 Kleinanleger Geld, darunter viele Rentner.

Filmhandlung: Ein (fiktiver) Reporter deckt den Betrug bei P&R auf, folgt der Spur der angeblichen Container rund um die Welt, von Hamburg bis Shanghai. Am Ende steht er vor einem Gerichtssaal, in dem der Fall P&R verhandelt wird. Dutzende Rentner, die der Verhandlung beigewohnt haben, verlassen das Gerichtsgebäude mit Tränen in den Augen, finanziell ruiniert – ein bitterer Sieg für die Gerechtigkeit.

Besetzung: Henry Cavill („Man of Steel“, „The Witcher“) als Reporter. Aber mit Brille. Superman trug als Journalist Clark Kent auch eine.

Der Trader

Er ist jung, er ist smart, er ist skrupellos: Tom Hayes ist ein aufsteigender Stern am Himmel des Derivate-Tradings. Von der UBS über die Royal Bank of Scotland bis zur Citigroup wollen sie ihn alle haben. Was die Banken nicht wissen: Hayes spielt nicht fair. Zusammen mit einem Netzwerk aus Brokern manipuliert er den Referenzzinssatz Libor, drückt ihn unter sein tatsächliches Niveau. Die Folge: Händler, deren Boni sich am Libor bemessen, streichen Millionen ein – und Bankkunden entsteht ein Schaden von geschätzt 17 Milliarden Dollar.

Filmhandlung: Männer beim Traden, Männer beim Manipulieren, Männer beim sich Feiern – und am Ende: Männer im Gefängnis. Immer dabei: Tom Hayes. Viele Close-ups auf Computermonitore, auf Kurscharts und auf E-Mails, in denen Kunden als Schafe verspottet werden. Hat bei der Verfilmung des Finanzkrisenbuchs „The Big Short“ auch funktioniert.

Besetzung: Matthias Schweighöfer (mit ausgedünntem Haupthaar) als Tom Hayes. Salma Hayek als Spürnase der Börsenaufsicht SEC, stellvertretend für die zahlreichen Ermittlerinnen und Ermittler, die den Betrug aufdeckten.

Chasing Homm

Die Uffizien in Florenz. Touristen schieben sich an den weltberühmten Gemälden vorbei, links ein da Vinci, rechts ein Botticelli – plötzlich: Polizei. Die Polizisten umstellen einen blonden Mann, legen ihm Handschellen an. Der Vorwurf: Verschwörung und Betrug mit Wertpapieren. Bei dem Festgenommenen handelt es sich um den Deutschen Florian Homm, Spekulant und Hedgefondsmanager. Mit seinem Hedgefonds Absolute Capital Management (ACM) mit Sitz in Los Angeles soll er Anleger um 200 Millionen Dollar betrogen haben. Im Zuge der Finanzkrise gerät ACM unter Druck, Homm taucht mit einem dreistelligen Millionenbetrag unter, das FBI ist ihm auf den Fersen. Man vermutet ihn in Südamerika oder Westafrika, betrogene Anleger setzen ein Kopfgeld auf ihn aus. Die Flucht endet in Florenz.

Filmhandlung: Es beginnt mit Homms Verhaftung in den Uffizien. Der Film zeigt in Rückblenden die Jagd der Ermittler nach dem Hedgefondsmanager: Von Los Angeles über Venezuela, Liberia und Berlin (wo Homm kurz vor seiner Verhaftung im Fernsehen auftrat – in Deutschland wurde er nicht gesucht) bis Florenz. In der Schlussszene abonniert ein Anleger Homms aktuellen Börsenbrief „Homm Long & Short“.

Besetzung: Tom Hanks als FBI-Agent, mit derselben Verbissenheit wie in „Catch me if you can“. Willem Dafoe als Florian Homm, leicht heruntergekommen. Wie eben jemand aussieht, der fünf Jahre lang auf der Flucht ist und dabei laut eigener Aussage „in den Achselhöhlen der Welt“ lebt.

Und wenn „King of Stonks“ vorbei ist?

Wer sich das Warten auf die nächste Staffel verkürzen will, hat reichlich Auswahl. Einer der unterhaltsamsten Filme über Abzocker und Anlageskandale, den man durchaus mehrmals schauen kann, ist „The Wolf of Wall Street“ mit Leonardo DiCaprio als überkandideltem Pennystock-Betrüger Jordan Belfort. „The Big Short“ nach dem gleichnamigen Buch von Michael Lewis – mit Christian Bale als Hedgefondsmanager Michael Burry – widmet sich in rasantem Tempo der Frage, wie die Finanzkrise 2008 ins Rollen kam. „Die Geldwäscherei“ mit Meryl Streep und Gary Oldman erzählt von der Veröffentlichung der Panama Papers. Und wenn es ein Klassiker sein soll: „Wall Street: Geld schläft nicht“ mit Michael Douglas als skrupellosem Unsympath Gordon Gekko geht immer.

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