Gerichtsurteil Haftstrafen für die "Rentner-Gang"

Vier Rentner, die ihren erfolglosen Finanzberater verschleppt und zur Rückzahlung hoher Geldbeträge gezwungen hatten, wandern für Jahre hinter Gitter. Die Schwarzgeld-Geschichte hatte für Aufsehen gesorgt.

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Von links nach rechts: Die Quelle: dpa

Das Landgericht Traunstein verurteilte den 74-jährigen Haupttäter heute wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Gefängnis. Ein Komplize erhielt vier Jahre Haft wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung. Zwei Ehefrauen kamen mit Bewährungsstrafen von 21 und 18 Monaten davon. Das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten war krankheitshalber eingestellt worden.

"Einladung" nach Oberbayern

Der Vorsitzende Richter Karl Niedermeier bescheinigte der „Rentner-Gang“ einen „spektakulären Fall von Selbstjustiz“. Die Männer und Frauen im Alter zwischen 61 und 80 Jahren hatten die gemeinsame Tat im Prozess gestanden. Zwei von ihnen hatten den Anlageberater im vergangenen Juli in seiner Wohnung in Speyer überfallen, gefesselt, geknebelt und im Kofferraum eines Autos in das Haus des Haupttäters am Chiemsee verschleppt. Dort hielten sie ihn im Keller gefangen, bedrohten und zwangen ihn, Banküberweisungen auf ihre Konten zu unterschreiben. Auf eine Zahlungsanweisung konnte der Entführte einen versteckten Hilferuf schreiben. Nach vier Tagen wurde er von einem Sondereinsatzkommando der Polizei aus seinem Kellerverlies befreit.

Der 74-jährige Haupttäter hatte zu Prozessbeginn eine Geiselnahme bestritten und lediglich von einer Einladung „für ein paar Tage Urlaub in Oberbayern“ gesprochen. Der entführte Vermögensberater dagegen schilderte vor Gericht, wie er von seinen Peinigern geschlagen, festgehalten und gefesselt wurde. „Ich war voller Panik.“ Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag für den 74-Jährigen neun Jahre und für seinen Komplizen sieben Jahre Haft wegen Geiselnahme gefordert.

Durch Gier ins Gefängnis

Die jüngere der beiden Frauen - wie ihr derzeit verhandlungsunfähiger Mann im Arztberuf - sollte nach dem Willen der Anklagebehörde fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis, die Frau des Drahtziehers mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davonkommen. „Die Gier nach Geld macht vor keiner Schicht Halt“, hatte der Staatsanwalt gesagt.

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