Gold statt Dollar Dollar als weltweiter Standard in Gefahr

Christopher Wood, Chefstratege der asiatischen Investmentgruppe CLSA, über Wege aus der Bankenkrise und das drohende Ende der US-Währung.

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Christopher Wood, 51, kam Anfang 2002 zum Investmenthaus Crédit Lyonnais Securities Asia mit Sitz in Hongkong. Der ehemalige Journalist war einer der wenigen, die die Subprime-Krise in den USA frühzeitig vorhergesagt haben.

WirtschaftsWoche: Mister Wood, die Lage der Weltwirtschaft wird immer bedrohlicher. Wann wird es besser?

Wood: Falls es 2009 überhaupt gute Nachrichten zur Weltwirtschaft geben wird, werden diese aus China kommen. Die chinesische Exportwirtschaft hat einen schweren Schock erlitten. Die Frage ist nun, ob es die Chinesen schaffen, ihre Inlandsnachfrage in Schwung zu bringen. Das könnte mithilfe des massiven Konjunkturpakets, das die Chinesen im November angekündigt haben, gelingen.

Regierungen und Zentralbanken haben Konjunkturpakete geschnürt, Rettungsaktionen für die Banken angeschoben und massiv die Zinsen gesenkt. War das die bisher richtige Reaktion?

Was Regierungen und Zentralbanken bisher gemacht haben, waren nicht mehr als Ad-hoc-Maßnahmen, jedes Mal verbunden mit der Hoffnung, dass es schon irgendwie funktionieren wird. Das ist unmoralisch und ökonomischer Irrsinn. Unmoralisch, weil die Regierungen Steuergelder in die Banken pumpen, der Steuerzahler aber nichts zu sagen hat. Die Citigroup etwa erhielt eine Finanzspritze, deren Volumen größer war als die Marktkapitalisierung der Bank. Der Staat bekam dafür aber nur einen Anteil von zehn Prozent an der Bank. Hinzu kommt, dass die derzeitige Praxis, bei der Regierungen für alles Mögliche bürgen und garantieren, zu Interessenkonflikten und unbeabsichtigten Konsequenzen führt. Beispielsweise werden gesündere Banken bestraft. Bei einem freien Spiel der Marktkräfte würden die gesunden Banken, in Asien wären das etwa HSBC oder Standard Chartered, auf einmal alle Einlagen bekommen und könnten verstärkt Kredite vergeben. Das passiert aber nicht.

Was muss geschehen?

Grundsätzlich glaube ich, dass die Ursache dieser Krise ist, dass westliche Regierungen in den vergangenen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, es nicht zugelassen haben, dass Finanzinstitutionen auch mal untergehen. Es herrschte landauf, landab die Auffassung, es sei zu gefährlich, Banken pleitegehen zu lassen. Das Ergebnis war, dass es keine Disziplin im Finanzsektor mehr gab. Im Kapitalismus muss es aber die Bedrohung des Untergangs geben, sonst funktioniert der Kapitalismus nicht. Das Ergebnis wird nun eine massive Regulierung sein, die dem Bankensystem die Dynamik nehmen wird, das Wachstum einbremst, aber eben auch die Risiken begrenzt.

Der Untergang einer Großbank würde vermutlich eine gewaltige Panik auslösen.

Keine Regierung wird mehr eine Bank vor die Wand fahren lassen. Aber es gibt einen Mittelweg zwischen einer Pleite und einem rettenden Bailout – das schwedische Modell. Während seiner nationalen Bankenkrise Anfang der Neunzigerjahre verstaatlichte Schweden insolvente Privatbanken, die schlechten Vermögenswerte wurden in eine große Bank, eine sogenannte Bad Bank, ausgelagert. Diese wurde von der Regierung gesteuert. Die Regierung entschied dann, über welchen Zeitraum die schlechten Vermögenswerte verkauft wurden. Später wurde die Bank schrittweise reprivatisiert. In Schweden hat das Ganze fünf Jahre gedauert. Ich bin mir sicher, dass die Börsen in einem ähnlichen Modell heute die konsequente Verstaatlichung überschuldeter Banken, vor allem in den USA und in Großbritannien, mit großer Erleichterung aufnehmen würden.

Könnte am Ende das ganze amerikanische Bankensystem verstaatlicht werden?

Nein, das glaube ich nicht. Es gibt in den USA zahllose regionale Banken, die in besserer Verfassung sind. Aber in Großbritannien könnte es passieren, dass alle Großbanken am Ende verstaatlicht sind.

Wird die Krise zu mehr Protektionismus führen?

Das glaube ich nicht, denn die neue US-Regierung, so scheint es zumindest, will keine stärkere Abschottung. Wenn allerdings Peking im Laufe des Jahres seine Währung deutlich abwerten sollte, nimmt das Risiko des Protektionismus stark zu.

Wo sollten Anleger jetzt investieren?

Wer ein bisschen risikobereit ist und mit Sicht auf etwa fünf Jahre investieren will, sollte asiatische Aktien kaufen – aber nur, wenn er das Geld in diesem Jahr nicht unbedingt braucht. Anderenfalls sollte er auf keinen Fall Aktien kaufen. Wer kein großes Risiko eingehen will, sollte Anleihen etablierter, gesunder Unternehmen kaufen. Außerdem sollte jeder Gold im Portfolio haben, einfach als Versicherung gegen das unverantwortliche Vorgehen der Regierungen.

Das Ende des Dollar

Wie wird sich der Goldpreis entwickeln?

Das Risiko ist groß, dass die US-Regierung weiter unverantwortlich handeln, für alles mögliche bürgen und alles garantieren wird. Dann aber bekommen es ausländische Geldgeber irgendwann mit der Angst zu tun und leihen Amerika kein Geld mehr, was zum Ende des Dollar als Reservewährung der Welt führen könnte. Die Zeiten, in denen Asien den amerikanischen Konsum finanziert, sind unwiederbringlich vorbei. Das Ende des Dollar als weltweiter Standard wird zu einem rasch steigenden Goldpreis führen, der schon Ende 2010 bei 3500 Dollar je Unze liegen könnte.

Löst Gold den Dollar als Reservewährung ab?

Ja, das glaube ich. Die Disziplin im US-Finanzsektor ging den Bach runter, seit Richard Nixon 1971 den Gold-Dollar-Standard gebrochen hat. Es ist ein Wunder, dass es nicht schon viel früher geknallt hat. Der einzige Grund dafür, dass das nicht passiert ist, war dieses informelle Abkommen zwischen Amerika und Asien: Asien leiht Amerika Geld, damit die Amerikaner einkaufen gehen können. Aber die Tatsache, dass die Sparquote in den USA jetzt steigt, zeigt dass dieses informelle Abkommen nicht mehr gilt. Darum ist China nun gezwungen, seine Binnenwirtschaft in Schwung zu bringen. Das ultimative Opfer dieser Krise, da bin ich mir sicher, wird der weltweite Dollar-Standard sein.

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