Airbnb, Wimdu & Co. München nimmt Wohnraum-Zweckentfremder in Zwangshaft

Immer mehr Wohnungseigentümer nutzen Portale wie Airbnb aus, um gute Geschäfte mit knappem Wohnraum zu machen. Die Stadt München ist genervt davon – und droht diesen Vermietern nun mit Haftstrafen.

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Figuren aus einem 3D-Drucker vor dem Airbnb-Logo: Die Stadt München will nicht länger zusehen, wie der teure und knappe Wohnraum noch teurer an Touristen statt an Wohnungssuchende vermietet wird. Quelle: Reuters

Düsseldorf Die Stadt München greift durch. Sie will nicht länger zusehen, wie der teure und knappe Wohnraum noch teurer an Touristen statt an Wohnungssuchende vermietet wird. Weil Geldstrafen nicht den gewünschten Erfolg brachten, beantragte das Sozialreferat der Stadt Ersatzzwangshaft gegen einen Wiederholungstäter und bekam damit Recht vor dem Verwaltungsgericht München. Der Betroffen wehrte sich dagegen vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in Ansbach. Vergebens, wie die Immobilien Zeitung zuerst berichtete.

„Es kann nicht sein, dass Einzelne auf dem ohnehin knappen Wohnungsmarkt von illegalen Methoden profitieren, während viele Menschen dringend eine Wohnung suchen“, sagt Münchens Sozialreferentin Dorothee Schiwy. Das Münchener Sozialreferat spricht von einer Einzelfallentscheidung. Die Wohnung wurde über Monate hinweg an wechselnde Untermieter weitervermietet. Alle anderen Versuche, den Vermieter davon abzuhalten seien wirkungslos gewesen, berichtet das Sozialreferat. Üblicherweise kämen diese sogenannten „Zweckentfremder“ den Anordnungen des Sozialreferates nach, spätestens dann, wenn das Gericht die Rechtmäßigkeit der städtischen Maßnahmen bestätigt.

Allerdings bereiten dem Amt zunehmend Personen Probleme, die sich auch durch immer höhere Zwangsgelder von der illegalen Untervermietung nicht abhalten lassen. Die Zwangsgelder ließen sich in diesen Fällen nicht eintreiben, weil die Beschuldigten sich trotz hoher Mieteinahmen plötzlich als mittellos darstellten.

Die Zwangsgelder können allerdings happig ausfallen. Der bayerische Landtag hat den Bußgeldrahmen für Zweckentfremdung auf 500 000 Euro erhöht. Doch auch der harte Kern der Vermieter von illegalen Ferienwohnungen lässt sich von den harten Strafen nicht beeindrucken. Deswegen fordert die Verwaltung in der Landeshauptstadt München ein Gesetz, mit dem sich illegal vermietete Wohnungen räumen lassen können. „Dieses wäre als finales Instrument dringend erforderlich, um die Zweckentfremdung vor Ort faktisch zu beenden“, heißt es im Sozialreferat.

Die Münchener Behörde geht davon aus, dass auf einschlägigen Portalen zurzeit 1000 Wohnungen in der Landeshauptstadt angeboten werden, für die der Verdacht einer illegalen Vermietung an Touristen nahe liegt. Nicht jeder, der über die Plattformen mietet, will die Sehenswürdigkeiten der Stadt kennenlernen. In München sei auch der Medizintourismus stark verbreitet, sagt eine Sprecherin des Sozialreferats. Vor allem Patienten aus dem arabischen Raum bringen während ihrer Behandlung in Münchener Kliniken ihre Angehörigen in kurzzeitig angemieteten Wohnungen unter. Ein lukratives Geschäft, weil diese Gäste bis zu 300 Euro pro Nacht zahlen – üblicherweise in bar.

München und Berlin sind die deutschen Hochburgen der illegalen Wohnungsvermietung an Touristen. Sie stehen nicht nur bei Städtereisenden weit oben auf der Liste, sondern auch bei Menschen, die Arbeit suchen. Beide Metropolen erleben enormen Zuzug. Aber in beiden Städten wird auch seit Jahren zu wenig gebaut. Das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln hat ausgerechnet, dass in Berlin bis 2020 jährlich 31.000 neue Wohnungen neu errichtet werden müssten, um den Bedarf zu decken. In München müssten es gut 17.000 sein. Experten glauben aber nicht, dass diese hohe Nachfrage befriedigt werden kann.


Werden Verstöße ernsthaft kontrolliert?

Entsprechend entschlossen gehen die Städte gegen Zweckentfremder von Wohnraum vor. In Berlin untersagt seit 1. Mai 2014 ein Gesetz die Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken, wenn das Bezirksamt diese andere Nutzung nicht genehmigt hat. In der Praxis gibt es keine Genehmigungen von Bezirksämtern für die wiederholte Untervermietung von Wohnungen an Touristen. Zumal die missbräuchliche Vermietung an Touristen in Städten wie Berlin dazu geführt hat, dass ganze Mietblöcke nur noch auf dem Papier an Bürger der Stadt vermietet sind, in der Praxis aber komplett von Städtereisenden belegt werden.

Vermittler solcher Apartments sind in großem Stil Portale wie Airbnb und Wimdu. Die liegen deswegen auch mit den Städten wie San Francisco, New York, Amsterdam und Paris bis nach Berlin im Clinch. Airbnb setzt inzwischen auf eine Charmeoffensive gegenüber den Kommunen und schickt dabei den in US-Wahlkämpfen erprobten Chris Lehane als Lobbyisten vor. Der handelte für Amsterdam und London Kompromisse aus.

Dort können Gastgeber ihre Wohnung bis zu 60 Tage beziehungsweise 90 Tage in London pro Jahr auf Airbnb anbieten. Anfang des Jahres kündigte er in einem Handelsblatt-Interview an, er werde im Laufe des Jahres auch wieder mit deutschen Stadtverwaltungen sprechen. Der Weg nach Berlin führe ihn dann wieder über München.

Wettbewerber Wimdu verhandelte zumindest Berlin betreffend lieber vor Gericht. „Weil Wimdu zu den Werten des selbstbestimmten Reisens steht und Vielfalt statt Verbote gutheißt, waren wir von Anfang an entschlossen, das Berliner Totalverbot nicht hinzunehmen“, schreibt der Vermittler auf seiner deutschen Internetseite zu seinem Kampf gegen das Berliner Gesetz gegen Zweckentfremdung und berichtet auch gleich über „einen großen Erfolg“ vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg. Die Richter seien zu der Überzeugung gekommen, dass die Berliner Bestimmungen gegen das Eigentumsrecht verstoßen.

Was Wimdu auf seiner Internet-Seite verschweigt: Das OVG Berlin hält das Zweckentfremdungsverbot des Landes Berlin für rechtmäßig, soweit es um den Schutz des Wohnraumbestandes geht. In die Eigentumsrechte greife das Gesetz nur insofern unzulässigerweise ein, soweit es rückwirkend auch eine vor dem 1. Mai 2014 begonnene Vermietung von Räumen als Ferienwohnung als Zweckentfremdung behandele, meinen die Berliner Richter. Sie wollen aber ihre Meinung überprüft wissen und setzten zunächst einmal 41 anhängige Verfahren aus. Nun soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Rückwirkung des Berliner Gesetzes mit dem im Grundgesetz garantierten Eigentumsrecht vereinbar ist.

Unabhängig von der Rechtslage suggerieren Meinungsäußerungen im Internet, dass die Gefahr als illegaler Ferienwohnungsvermieter entdeckt zu werden nicht besonders groß sei. So heißt es bei www.anwalt.de: „Fakt ist und bleibt aber auch, dass die bestehenden städtischen Ressourcen in Form von einigen Mitarbeitern (in einer Mehrmillionenmetropole) der ernstlichen Überprüfung und Kontrolle nicht genügen dürften.“ Man werde auf Denunzianten angewiesen sein. Und es wird die Vermutung geäußert, dass das Abarbeiten der Hinweise aus der Nachbarschaft die Behörden überfordern wird.

München jedenfalls zeigt sich sehr entschlossen, illegalen Ferienwohnungsvermietern das Geschäft zu verderben. „Insgesamt wurden Zweckentfremdungsverfahren über rund 2400 Wohneinheiten bearbeitet“, teilte die Stadt mit. Nicht in allen Fällen ging es um Vermietungen an Touristen. Aber immerhin stehen nun 88 illegale Ferienwohnungen nun wieder Dauermietern statt Touristen zur Verfügung.

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