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Immobilien in Deutschland: Wer schützt die Vermieter? Quelle: dpa

Wer schützt die Vermieter?

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

In Deutschland herrscht Wohnungsnot. Doch wer in Mietshäuser investiert, wird mitunter wie ein Bankster behandelt – was wiederum die Not verschärft.

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Olaf Scholz konnte nur verlieren. Als der Bundesfinanzminister vor wenigen Tagen sein neues Konzept für die Grundsteuer vorstellte, hagelte es von allen Seiten Kritik. Er schaffe gerade ein „Bürokratiemonster“, war noch die höflichste Bemerkung zu seinen Ideen. Dabei war Scholz mehr Opfer als Täter. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Erhebung der Steuer in der heutigen Form für verfassungswidrig erklärt. Er musste also handeln.

Aber während sich alle über die Vorschläge aus dem BMF aufregten, wurde eine Forderung der Linken zu diesem Thema als beinahe selbstverständlich hingenommen: Die Grundsteuer dürfe künftig nicht mehr auf die Mieter abgewälzt werden. Basta.

Das passt ins gegenwärtige Klima. Vermieter rangieren in der öffentlichen Diskussion nicht weit weg von Bankstern oder Dieselbetrügern. Sie gelten oft als gierige Unmenschen, die besitzlose Mieter skrupellos ausbeuten. Manchen geht deshalb die beschlossene Verschärfung von Mietrecht und Mietpreisbremse noch zu wenig weit. In Berlin soll gar eine besonders extreme Idee salonfähig gemacht werden. Ein Volksentscheid will Großvermieter enteignen. „Das Grundgesetz erlaubt es, größere wirtschaftliche Machtblöcke zu brechen, wenn es im Sinne des Gemeinwohls ist“, sagten die Initianten dem „Tagesspiegel“.

Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Wohnen ist ein existenzielles Bedürfnis, das man nicht einem Freestyle-Kapitalismus überlassen darf. Selbstverständlich muss man Vermieter bremsen, die ihre Rendite über jede Schmerzgrenze hinaus ausreizen. Selbstverständlich muss man Vermieter sanktionieren, die ihre Unterhaltspflichten sträflich vernachlässigen. Trotzdem darf es nicht sein, dass im Namen der Wohnungsnot Eingriffe ins Eigentumsrecht zur Regel werden und das Vermieten immer unattraktiver machen. Damit wird eine Anreizstruktur geschaffen, die genau das Gegenteil bewirkt. Woher sollen denn die neuen Wohnungen kommen, wenn keiner mehr Lust hat, sie anzubieten? Ein schlechtes Image kombiniert mit mageren Renditen verhindert bereits heute manche Projekte.

Die große Koalition hat 1,5 Millionen neue Wohneinheiten versprochen. Steuerabschreibungen für Private reichen da nicht. Sie müsste ein investorenfreundliches Klima fördern. Dann würde sich vielleicht auch der Vermieter von Olaf Scholz mehr Sicherheitsvorkehrungen leisten – um künftig einen Einbruch wie vergangene Woche verhindern zu können.

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