




Im Dezember 2012 war die Immobilienfinanzierung so günstig wie nie: Eine Hypothek von 150.000 Euro gibt es inzwischen für nur noch 571 Euro monatlich. Das hat der Finanzdienstleister Dr. Klein für einen Kredit mit zwei Prozent Tilgung, 80-prozentiger Beleihung und zehn Jahren Zinsbindung ausgerechnet. Seit das Unternehmen im Jahr 2009 damit begonnen hat, diese Daten zu erheben, ist das die niedrigste verzeichnete Monatsrate. Genau ein Jahr zuvor war die Monatsrate für diese Standardfinanzierung um mehr als 100 Euro teurer.
Mit den günstigen Finanzierungskonditionen für Hauskäufer und den steigenden Preisen auf dem Immobilienmarkt steigen parallel auch die Kreditsummen: Die durchschnittliche Höhe des Immobilienkredits stieg im Vergleich zum Vorjahreswert um 15.000 Euro auf 166.000 Euro. Mehr als zwei Drittel der Immobiliendarlehen sind mit einem festen Zinssatz ausgestattet. Die durchschnittliche Zinsbindungsfrist für diesen starren Zins liegt bei zwölf Jahren. Kredite mit einem variablen Zinssatz machen hingegen nicht mal 1,7 Prozent der Fälle aus. Kurz: die günstigen Immobilienkredite werden gern genutzt.
Droht das Ende der niedrigen Zinsen?
Als vergangene Woche die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage der Deutschen Bundesbank unter den Geldinstituten erschienen, klang das in den Ohren einiger wie das Ende der billigen Immobilienkredite. Demnach haben die Banken im letzten Quartal des vergangenen Jahres die Richtlinien für Immobilienkredite leicht Verschärft. Schlimmer noch: Die befragten Banken planen eine deutliche Verschärfung ihrer Kreditvergaberegeln im ersten Quartal 2013. Den Daten zufolge plant mehr als ein Fünftel der von der Bundesbank befragten Kreditinstitute, die Kriterien für die Bewilligung einer Hypothek heraufzusetzen.
Je länger ein Markt boomt, umso mehr Leichtsinn gebiert er. Das wissen auch die Banken. Offenbar wollen sie die Risiken aus einer womöglich leichtfertigen Vergabe von Darlehen an Immobilienkäufer weiter begrenzen. Die Immobilienfinanzierung könnte für Verbraucher schwerer werden - vor allem für jene knapp ausreichender Zahlungskraft.
Ist die Zeit der billigen Immobilienkredite damit vorbei? „Bundesbank warnt: Bauzinsen steigen“ war nach Veröffentlichung der Bundebank-Zahlen zu lesen. Beginnt jetzt eine Torschlusspanik unter Hauskäufern, die sich die günstigen Konditionen noch schnell sichern wollen? Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals baufi24.de, glaubt das nicht. „Verbraucher müssen zwei Dinge unterscheiden: Die Verschärfung der Kreditvergabe einerseits und die Bauzinsen andererseits“, sagt Scharfenorth. „Die Kriterien an eine Kreditzusage haben keine unmittelbare Wirkung auf die Zinshöhe. Wir erwarten auf Sicht der nächsten sechs Monate keine signifikanten Zinserhöhungen, allenfalls mal einen leichten Anstieg.“
Mehr Eigenkapital, weniger Beleihung





Einen mittelbaren Effekt auf die Höhe der Bauzinsen hat die etwas restriktivere Kreditvergabe dennoch. Denn grundsätzlich wird der Zinssatz für eine große Hypothek anhand des Einzelfalls kalkuliert. Dabei haben die Banken jedoch Spielräume – und damit ist der Zins auch verhandelbar. Bonität des Darlehensnehmers, Objektbewertung, weitere Sicherheiten und Laufzeit des Kredits sind nur die bekanntesten unter hunderten relevanten Merkmalen eines Finanzierungsfalls, anhand derer eine Bank ihr Kreditausfallrisiko berechnet. Je höher die Bank das Risiko schätzt, umso höher ist der angebotene Zins und umso teurer ist die Finanzierung. Insofern können höhere Anforderungen der Banken an Bonität, Objektwert, et cetera durchaus auch zu einem höheren Hypothekenzins im Einzelfall führen.
Erfüllt ein Immobilienkäufer jedoch nicht einmal die Mindestanforderungen der Banken an einen Finanzierungsfall, gibt es entweder nur ein Angebot für einen Teil der Finanzierungssumme oder schlicht gar kein Kreditangebot. Sofern die Banken nun tatsächlich ihre Vergaberichtlinien anziehen, werden unter dem Strich deswegen auch weniger Immobilienkredite vergeben.
Eins dieser Ausschusskriterien könnte etwa die Beleihungsgrenze für eine Immobilie sein. Vor wenigen Jahren war es nicht ungewöhnlich, dass Banken den Immobilienwunsch des Kunden auch ganz ohne Eigenkapitalanteil finanzierten (die 100-Porzent-Finanzierung), teilweise sogar über den Kaufpreis für das Objekt hinaus. „Seitdem beobachten wir, dass diese großzügige Form der Kreditvergabe weniger wird“, sagt Scharfenorth von baufi24.de. „Es ist hier nicht so schlimm, wie im Vorfeld der amerikanischen Immobilienkrise, aber auch in Deutschland sind die Vergaberichtlinien teilweise zu lax. Es gibt zwar noch keine ernsten Probleme, aber Korrekturbedarf gibt es allemal.“
Das ist auch den Bundesbankzahlen anzusehen. Zu knappe Ersparnisse der privaten Haushalte haben demnach dazu geführt, dass die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten im vierten Quartal 2012 etwas gebremst wurde. Die schwache Eigenkapitalausstattung der potenziellen Hauskäufer belastete die Nachfrage aus Sicht der Banke ebenfalls. Nach den Daten von Dr. Klein ist der durchschnittliche Eigenkapitalanteil beim Immobilienkauf im Vergleich zum Vorjahr von knapp 23 Prozent auf 22 Prozent gesunken. Außerdem haben die Anforderungen der Banken an die Beleihungsgrenze sowie die Kreditnebenkosten zu mehr Zurückhaltung bei der Kreditvergabe beigetragen. Die Verdienstmargen der Banken gerieten leicht unter Druck.
Keine Zinserhöhung in Sicht





Trotz der Bremseffekte stieg die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen insgesamt weiter an. Für das vierte Quartal 2012 registrierten die von der Bundebank befragten Kreditinstitute nochmal einen gewachsenen Bedarf – so, wie in allen Quartalen seit Juli 2010. Auch für das erste Quartal 2013 erwarten die Bankhäuser ein Nachfrageplus. Die Bundesbank begründet das mit dem nach wie vor großen Optimismus auf dem Wohnungsmarkt. Das Refinanzierungsumfeld hat sich für die Kreditinstitute merklich gebessert – nicht zuletzt, weil die Banken damit begonnen haben, ihr Eigenkapital zu stärken und in der Schuldenkrise etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. „Die Kreditgeber können sich nach wie vor extrem günstig refinanzieren. Und sie geben diese Vorteile an die Hauskäufer weiter“, sagt Scharfenorth. „Auf absehbare Zeit rechne ich nicht mit signifikanten Zinserhöhungen.“
Die spannendsten KfW-Programme
Gefördert werden der Kauf oder Bau einer Immobilie mit einem Darlehen in Höhe von maximal 50.000 Euro zu Zinssätzen ab 1,97 Prozent. Kreditnehmer können bis zu hundert Prozent der Gesamtkosten finanzieren, die Zinsbindung beträgt fünf oder zehn Jahre.
Die Förderbank honoriert den Bau oder Kauf eines Energieeffizienz- oder Passivhauses mit günstigen Krediten und Zuschüssen. Bauherren müssen allerdings bestimmte Vorgaben erfüllen. Für einen Effektivzins ab 1,41 Prozent können Kunden bis zu 50.000 Euro leihen. Außerdem lockt ein Tilgungszuschuss von bis zu 5.000 Euro. Das Programm lässt sich mit weiteren Fördermitteln kombinieren.
Dieses Programm fördert Einzelmaßnahmen mit einem Darlehen in Höhe von maximal 50.000 Euro und einem Effektivzins ab einem Prozent. Geförderte werden Eigentümer, Käufer oder Mieter. Die KfW fördert energetische Sanierungen darunter unter anderem Wärmedämmung, Erneuerung von Fenstern und Türen oder eine neue Heizung. Kreditnehmer müssen einen Energieberater hinzuziehen. Das Programm lässt sich mit weiteren Fördermitteln kombinieren.
Hier profitieren Käufer oder Besitzer eines KfW-Effizienzhauses oder denkmalgeschützter Häuser. Auch Mieter können zugreifen. Die KfW vergibt Kredite bis zu 75.000 Euro zu einem Effektivzins ab einem Prozent. Zusätzlich lockt ein Tilgungszuschuss in Höhe von maximal 12,5 Prozent der Kreditsumme. Der Zuschuss steigt mit dem erreichtem Energiesparlevel.
Dieses Programm gilt bei umbauten, die Barrieren aufheben oder die Wohnqualität für Senioren steigern. Das Darlehen zu einem Effektivzins in Höhe von einem Prozent gilt für alle förderfähigen Kosten bis zu einer Summe von 50.000 Euro. Die Zinsbindung gilt für fünf oder zehn Jahre, die Laufzeit beträgt bis zu 30 Jahre. Es besteht außerdem die Möglichkeit, ein endfälliges Darlehen mit einer Laufzeit von maximal acht Jahren abzuschließen. Das Programm können Eigentümer, Vermieter oder Mieter nutzen.
Wer den Einbau einer Solaranlage oder Kraft-Wärme-Kopplung plant, sollte dieses Angebot nutzen. Regenerative Energien werden mit Darlehen in zu einem Effektivzinssatz ab einem Prozent gefördert. Interessant könnte für viele auch die Option von bis zu drei tilgungsfreien Jahren zu Beginn des Darlehens sein. Die Zinsbindung beträgt zehn Jahre, die maximale Laufzeit 20 Jahre. Der maximale Kreditbetrag liegt bei mehreren Millionen Euro.
Vieles deutet darauf hin, dass die historisch niedrigen Zinsen Immobilienkäufern noch länger erhalten bleiben. Zum einen stehen die Immobilienfinanzierer unter hohem Wettbewerbsdruck. Zum anderen bleiben angesichts der ungelösten Euro-Krise und drohender Konjunkturschwäche in Europa die Geldschleusen der Notenbanken noch weiter geöffnet. Geld bleibt für die Banken also billig.
„Die allgemeine Verunsicherung, die zu den niedrigen Zinssätzen geführt hat, ist noch nicht bereinigt. Die Frage, welche Risiken noch immer in den Bankbilanzen stecken, ist noch nicht beantwortet“, sagt Finanzexperte Scharfenorth. „Die großen Abschreibungswellen kommen noch.“ Nur wenn Griechenland, Spanien, Italien und Portugal eine solide Haushaltspolitik vorweisen könnten, kehre das Vertrauen zurück und die Zinsen stiegen wieder. „Erst wenn sich die Bankenbranche konsolidiert hat und alle Risiken richtig verbucht sind, werden die Zinsen wieder steigen und sich ihrem Normalniveau nähern“, ist sich Scharfenorth sicher. „Derzeit ist das Marktgeschehen ausgehebelt, die Stimmung steht im Vordergrund – das gilt auch für den Immobilienmarkt.“
Für Hauskäufer besteht also kein Grund zu Panik – zumal sich der Niedrigzins ohnehin nicht als Argument für die überstürzte Suche nach einer langfristig lohnenden Immobilie eignet. „Für Kapitalanleger und Eigenheimkäufer ist der Zins ohnehin nur eins von vielen Elementen in der Kalkulation“, so Scharfenorth. Laut einer Umfrage des Online-Portals Immoscout24 vor einigen Wochen, glaubt etwa ein Drittel der befragten 1000 Hauskäufer, zu hohe Bauzinsen zu bezahlen. Als Grund gaben die Immobilienbesitzer an, die Zinsen nicht gut genug verglichen und verhandelt zu haben. Die meisten hätten nur ein oder zwei Angebote eingeholt. Offenbar spielten andere Faktoren bei Hauskauf eine größere Rolle als der Zinssatz.