Es gibt sie noch, die Länder der glückseligen Eigenheimkäufer. In Dänemark etwa lassen sich Hauskäufe trotz anhaltender Probleme auf dem Immobilienmarkt und hoher privater Schuldenquote noch immer zum Spottpreis finanzieren. So kostet etwa ein Darlehen mit 30 Jahren Laufzeit des größten dänischen Immobilienfinanzierers Realkredit aktuell um drei Prozent Zinsen pro Jahr. Wer kurzfristig zum variablen Zinssatz den Immobilienkauf finanziert, zahlt sogar nur 0,9 Prozent. Traumkonditionen also für Bauherren und Hauskäufer.
Aber mit den verführerisch niedrigen Bauzinsen kommen auch die Probleme. Denn die Dänen haben ihre Immobilienkäufe in Form einer riskanten Wette auf steigende Immobilienpreise finanziert. Mit der internationalen Finanzkrise platzte aber die Blase und die Immobilienpreise gingen auf Talfahrt. Seit Ende 2006 fielen die Quadratmeterpreise in Dänemark im Durchschnitt um mehr als 20 Prozent. Damit verlor auch die wichtigste Sicherheit für die billigen Kredite - die finanzierte Immobilie - dramatisch an Wert.
Vieles in Dänemark erinnert daher fatal an den zunächst aufgeblähten, dann aber implodierten US-Häusermarkt, welcher sich erst jetzt, sechs Jahre nach seinem dramatischen Einbruch, langsam wieder erholt.
Das Schlimme ist, dass dieses Vorgehen von Banken und Politik sogar ausdrücklich gefördert wurde. Kann das auch in Deutschland passieren? Immerhin ist auch hierzulande ein Baukredit zu Niedrigstkonditionen zu haben. Daran geknüpft ist auch die bange Frage, ob vergleichbare Risiken vom deutschen Häusermarkt ausgehen und Eigenheimbesitzer mittel- bis langfristig in ihrer Existenz bedrohen. Was also unterscheidet in diesem Punkt Dänemark von Deutschland? Um Antworten zu finden, ist ein genauerer Blick auf die beiden Märkte nötig.
Zinsentwicklung
Die Zinsen spielen für die Entwicklung von Immobilienmärkten eine entscheidende Rolle. Schon seit dem Herbst 2008 sind die Zinsen in Deutschland wie auch Dänemark historisch niedrig. Ausgehend vom Höhepunkt der globalen Finanzkrise, die mit der Immobilienblase in den USA ihren Anfang nahm, drückten die Notenbanken aller westlichen Industrienationen inklusive der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen im Eiltempo. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Wirtschaft weiter mit Krediten versorgt wird.
Die Gefahr der Niedrigzinsen
Die Maßnahme blieb in Deutschland nicht ohne Nebenwirkungen. So vielen auch die Zinsen für eine private Immobilienfinanzierung massiv. Und weil sich der Finanzkrise auch noch gleich die Staatsschuldenkrise anschloss, hält die Talfahrt bis heute an. Allein in den vergangenen 24 Monaten fielen die Zinsen bei den günstigsten Anbietern für Hypothekendarlehen mit 10-jähriger Zinsbindung nochmals von rund vier Prozent auf heute nur noch zwei Prozent. Noch in den 90er Jahren verlangten Banken zweistellige Prozentzahlen für eine neue Hypothek.
Die dänischen Immobilienfinanzierer orientieren sich hingegen am Cibor, der Copenhagen Inter-Bank Offered Rate. Das ist ein Interbankenzins, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen und der durch eine Umfrage unter Banken ermittelt wird. Der Cibor war zwischen 2006 und 2008 von rund vier auf mehr als sechs Prozent gestiegen, danach aber innerhalb eines Jahres auf rund zwei Prozent abgestürzt. Aktuell verleihen sich die Banken untereinander Geld zu nur noch 0,7 Prozent. Auf diesem niedrigen Niveau bewegt er sich bereits seit dem Sommer 2012.
Hypothekenverschulden pro Kopf in der EU
Im Durchschnitt der 27 EU-Länder hat jeder Einwohner 13.000 Euro Hypothekenschulden. In Griechenland (8300 Euro) und Italien (7080 Euro) liegen sie sogar deutlich niedriger.
Mit 13.000 Euro pro Kopf sind die Portugiesen genau durchschnittlich mit Hypotheken belastet.
Jeder Franzose schleppt 16.340 Euro Hypothekenschulden mit sich herum.
Auf jeden Deutschen entfallen 16.760 Euro Schulden für eine Immobilienfinanzierung.
Spanier weisen pro Kopf selbst nach der geplatzten Immobilienblase im Land 17.410 Euro Immobilienschulden auf.
18.190 Euro
18.670 Euro Hypothekenschulden pro Kopf sind es bei den Finnen.
Statistisch hat jeder Belgier noch 19.440 Euro für Hypotheken zurückzuzahlen.
Im vergleichsweise teuren Großbritannien lasten auf jedem Briten 28.790 Euro Immobilienschulden.
Mit 37.510 Euro Schulden pro Kopf erreichen die Iren den sechsthöchsten Wert in der EU.
Den fünfthöchsten Wert bei den Hypothekenschulden innerhalb der EU erreichen die Schweden mit 39.450 Euro.
Die Niederländer haben sich mit durchschnittlich 47.590 Euro pro Kopf für ihre Immobilien verschuldet.
Die Luxemburger weisen nicht nur eins der höchsten Pro-Kopf-Einkommen auf, sondern erreichen mit 47.970 Euro Hypothekenschulden auch den dritthöchsten Wert in der EU.
Die ungewöhnlich lasche Kreditvergabekultur in Dänemark beschert jedem Einwohner 54.400 Euro Hypothekenschulden. Das ist der zweithöchste Wert in der EU.
Den Spitzenplatz bei den Hypothekenschulden pro Kopf innerhalb der EU belegen die Norweger mit durchschnittlich 60.850 Euro. Dem stehen aber auch sehr hohe Einkommen gegenüber.
Misstrauen vor anderen Geldanlagen
Die niedrigen Zinsen beflügeln grundsätzlich in beiden Ländern den Immobilienmarkt. In Deutschland lösten die Niedrigzinsphase und die Angst vor einem Zusammenbruch des Währungsraumes einen Ansturm der Immobilienkäufer aus. Befeuert wurde dieser zusätzlich von dem Misstrauen vieler Sparer gegenüber anderen Geldanlagen und den skandalumwitterten Banken. Betongold - wie Immobilien wieder häufiger genannt werden - galt und gilt hingegen als krisenfestes Investment. So ist die Eigentumsquote hierzulande - also der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum - seit 2008 von 43 Prozent auf aktuell geschätzte 48 Prozent gestiegen.
In Dänemark hat Wohneigentum hingegen einen höheren Stellenwert. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wohnt in den eigenen vier Wänden. Zudem besitzen viele Dänen auch noch ein Ferienhaus auf dem Land. Diese Sommerhäuschen sind fester Bestandteil der dänischen Kultur. Der Immobilienmarkt ist in Dänemark daher auch ein gewichtiger Faktor für die Gesamtwirtschaft. Denn Wohneigentümer geben auch viel Geld für Möbel oder Handwerker aus.
Traumhafte Wertsteigerungen
Die Immobilienpreise stiegen in Dänemark daher schon sehr viel länger als in Deutschland. Nach Jahren mit leichten Schwankungen starteten sie in Dänemark Mitte der 90er Jahre richtig durch. Zum Ende des Jahrtausends erfuhren dänische Immobilien jährliche Preissteigerungsraten von bis 15 Prozent - und das mehrere Jahre hintereinander. Als dann zwischen 2000 und 2003 die Preisanstiege bis auf ein Plus von 5,2 Prozent im Jahr zurückgingen, griff die Regierung ein. 2003 entschied sie, Hauskäufern zehn tilgungsfreie Jahre zu ermöglichen. Daraufhin zogen die Immobilienpreise erneut mit zweistelligen Wachstumsraten an - bis 2007 aufgrund der Finanzkrise und einigen Bankenpleiten in Dänemark die Preise einbrachen. Die Blase platzte und die Preise korrigierten bis heute zeitweise um ein Drittel nach unten.
Zwei Finanzierungskulturen
Eine derart dynamische Entwicklung kann Deutschland nicht vorweisen. Jahrelang wenn nicht jahrzehntelang dümpelten die Immobilienpreise dahin. Erst mit Ausbruch der Finanzkrise zogen die Immobilienpreise seit 2008 deutlich an. Im Schnitt liegen die Preise für Wohneigentum aber nur 15 Prozent über dem Niveau von vor fünf Jahren. Zwar fiel der Anstieg vor allem in den Metropolen wie München oder Berlin noch deutlich höher aus, Experten sind jedoch überzeugt, dass bis auf wenige Stadtteile in diesen Metropolen in Deutschland aufgrund des deutlichen Nachholbedarfs noch nicht zu einer Immobilienpreisblase gekommen ist. "Wir sehen bundesweit keine Blasenbildung bei den Immobilienpreisen", sagt etwa Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher des Immobilienfinanzierers Dr. Klein. Die Muttergesellschaft von Dr. Klein, die Hypoport AG, analysiert regelmäßig den Markt für Immobilienfinanzierung in Deutschland. "Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bewegten sich die Immobilienpreise in Deutschland lange Zeit auf extrem niedrigem Niveau und steigen erst in den vergangenen Monaten. Allerdings gibt es in Ballungszentren wir Hamburg und München durchaus Gebiete, in denen sich regionale Blasen gebildet haben", so Gawarecki.
Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung
Vielen Bauherren wird zum Verhängnis, dass sie zu wenig eigenes Kapital für den Immobilienkauf angespart haben. 20 bis 30 Prozent Eigenkapital in der Baufinanzierung sollten es mindestens sein. Wer vermieteten Wohnraum kauft, sollte sich nicht von Finanzberatern überreden lassen, möglichst viel über Kredit zu finanzieren, um Steuern zu sparen. Das ist unsinnig, denn das Finanzamt zahlt maximal die Hälfte der Zinsen zurück.
Baugeld über 15 Jahre kostet derzeit etwa 3,0 Prozent pro Jahr. Wer baut oder kauft, sollte die Niedrigzinsen nutzen, um mehr zu tilgen. Ein Beispiel: Ein Bauherr nimmt 200.000 Euro zu 3,0 Prozent über 15 Jahre auf. Nach Ende der Zinsbindung steigt der Zins auf 5,0 Prozent. Tilgt er 2,0 Prozent pro Jahr ist er nach 28 Jahren und zehn Monaten schuldenfrei. Bei einer Tilgung von 1,0 Prozent pro Jahr dauert es 40 Jahre und acht Monate. Je länger die Baufinanzierung läuft, desto mehr Zinsen zahlt der Kreditnehmer.
Nicht alle Kosten, die die Bank für einen Baukredit berechnet, sind im effektiven Jahreszins enthalten. Einige Banken berechnen beispielsweise Bereitstellungszinsen, wenn das Darlehen bewilligt ist, aber nicht abgerufen wird, andere verzichten darauf. Diese Nebenkosten verteuern den Kredit. Wer diese Extras übersieht, schließt möglicherweise ein schlechteres Angebot ab.
Wer ein Haus baut oder eine gekaufte Immobilie saniert, muss immer mit bösen Überraschungen rechnen. Meist liegen die Baukosten höher als ursprünglich veranschlagt. Wenn das Ersparte und der Kredit nicht ausreichen, steht das Projekt auf der Kippe. Baufinanzierer sollten daher Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent einplanen.
Viele Bauherren wollen selbst anpacken, um Geld zu sparen. Sie überschätzen oft ihre Fähigkeiten oder ihr Zeitbudget. Wenn dann doch Handwerker ranmüssen, stimmt die Kalkulation nicht mehr. Besser ist es, den Wert der Eigenleistung konservativ anzusetzen.
Baufinanzierungen laufen über 30, 35 Jahre. In dieser Zeit fallen weitere Kosten für die Instandhaltung und Sanierung der Immobilie an. Wer nach Zins und Tilgung sein Budget ausgeschöpft hat, kann die Substanz seiner Immobilie nicht erhalten. Immobilieneigentümer sollten daher pro Jahr mindestens ein Prozent des Immobilienwerts als Rücklage ansparen.
Eine Baufinanzierung ist ein Projekt mit vielen Unbekannten. Schicksalsschläge lassen sich weder einplanen noch vermeiden. Tod oder Berufsunfähigkeit des Hauptverdieners können die Angehörigen in finanzielle Not bringen. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz, muss die Immobilie unter Umständen zwangsversteigert werden. Sinnvoll sind Risikolebensversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Banken haben kein Interesse daran, bei sinkenden Marktzinsen, ihre eigenen Konditionen nach unten anzupassen. Wer nicht rechtzeitig umschuldet, zahlt für die Anschlussfinanzierung wahrscheinlich zu hohe Zinsen. Baufinanzierer sollten sich spätestens sechs Monate vor Auslaufen der Zinsbindung nach einer Anschlussfinanzierung umschauen. Dabei sollten sie auch Angebote von anderen Banken als nur von der Hausbank einholen.
Viele Kinder bekommen schon bei der Geburt einen Bausparvertrag. Sie sollen sich damit später ein eigenes Heim finanzieren. Wer allein auf Bausparen setzt, zahlt jedoch am Ende zu viel für seine Baufinanzierung. Meist sind Bankkredite günstiger. Das liegt an der ungünstigen Kombination aus unattraktivem Sparzins und niedrigem Bauzins. Besser ist es, in Eigenregie anzusparen und damit den Eigenkapitalanteil erhöhen.
Wer eine Immobilie finanziert, kann neben der klassischen Finanzierung über Bankkredit oder Bauspardarlehen auch eine Lebensversicherung zur Tilgung einsetzen. Der Bauherr spart dabei in eine Lebensversicherung und zahlt Zinsen für das Baudarlehen. Später tilgt das Guthaben aus der Lebensversicherung den Kredit. Risiko: Oft ist das Guthaben aus der Police zu klein. Es bleibt eine Restschuld, die der Immobilieneigentümer abstottern muss. Besser ist es, auf tilgungsfreie Darlehen ganz zu verzichten.
Dänen haben keine Angst vor Schulden
Die Gefahren in Dänemark liegen nach der scharfen Preiskorrektur jedoch weniger in weiter fallenden Immobilienpreisen begründet, sondern vielmehr in der Art der Finanzierung und der Kultur des Schuldenmachens begründet. Denn offenbar haben Dänen keine Angst vor Schulden. Christian Baumann vom deutsch-dänischen Immobilienunternehmen Triacon International berät Banken und gewerbliche Investoren mit in Not geratenen Immobilien, die oftmals in Finanzierungsschwierigkeiten stecken. Das eigentliche Problem war nach seiner Einschätzung schon vor der Finanzkrise entstanden, als die Immobilienpreise noch von Jahr zu Jahr in die Höhe kletterten - teilweise mit zweistelligen Wachstumsraten.
Die gesetzliche Einführung der Immobilienfinanzierung mit zehn tilgungsfreien Jahren 2003 hat die Kreditspirale und die Immobiliennachfrage nur zusätzlich angeheizt - und die Banken verdienten prächtig daran. Denn die steigenden Immobilienwerte hätten Banken dazu genutzt, um ihren Bestandskunden gleich neue Darlehen anzubieten. Als Sicherheit diente der bislang noch unbeliehene Immobilienwert. "Eigentlich hätten die Dänen für die spätere Schuldentilgung sparen müssen. Stattdessen nahmen viele neue Darlehen für die Einbauküche oder ein neues Auto auf", sagt Baumann. "Oder die Banken empfahlen den Kauf von Aktien als Geldanlage für die spätere Tilgung. Aber auch die sind wie die Immobilien inzwischen deutlich weniger wert. Technisch gesehen, sind viele Hauskäufer schon insolvent, weil sie nun ihr Eigenheim zu 115 oder mehr Prozent beliehen haben."
Gefährlicher Cocktail
In Deutschland ist die Finanzierung schon seit jeher konservativ geprägt - und sie ist es im Immobilienboom auch geblieben. Eine tilgungsfreie Finanzierung - zum Beispiel mit einem endfälligen Kredit, bei dem am Ende der Laufzeit die Schulden auf einen Schlag zurückgezahlt werden müssen - ist in Deutschland immer noch die absolute Ausnahme. Stattdessen haben die sinkenden Zinsen vielmehr dazu geführt, dass mehr zurückgezahlt wird. Lag der Tilgungssatz 2008 noch bei fast zwei Dritteln der Finanzierungen bei einem Prozent, so liegt er nach neuesten Zahlen Immobilienmarktanalysten von Hypoport inzwischen bei durchschnittlich 2,2 Prozent. Gleichzeitig haben sich immer mehr Darlehensnehmer die rekordtiefen Zinsen über einen längeren Zeitraum gesichert. "Die durchschnittliche Zinsbindung hat sich seit 2009 um rund drei Jahre verlängert", bestätigt Gawarecki.
Typisch für den deutschen Hauskäufer ist allerdings auch, dass er weit überwiegend Eigenkapital in die Finanzierung einbringt und den Kaufpreis so nicht komplett über eine Hypothek finanziert. Gawarecki sieht dort kaum Änderungen bei den Finanzierung in den vergangenen Jahren: "Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist der durchschnittliche Beleihungsauslauf in Deutschland sehr stabil bei 75 bis 80 Prozent." Deutsche Käufer tragen somit im Schnitt ein Viertel des Kaufpreises aus eigener Tasche. Bei normaler Bonität des Kunden wird dieser Eigenkapitalanteil von den Banken in aller Regel auch erwartet. Viele Banken bieten zudem nur maximal 80-Prozent-Finanzierungen an. Dennoch haben die niedrigen Zinsen auch in Deutschland sicher Hauskäufer angelockt, die sich unter normalen Marktbedingungen eine Finanzierung sonst nicht leisten könnten. Anders als in Dänemark bilden sie in Deutschland jedoch die eher die Ausnahme als die Regel.
In Dänemark hingegen gilt es offenbar als wenig clever, seine Ersparnisse für einen Immobilienfinanzierung zu opfern, wenn die Banken einen sogar drängen, noch mehr Kredit aufzunehmen. Laut Baumann sind in Dänemark inzwischen viele Verbraucher davon überzeugt, dass die tilgungsfreie Finanzierung nur auf Druck der Finanzlobby zustande kam. Er glaubt, dass die Fälle von Zahlungsunfähigkeit und Zwangsversteigerungen unter privaten Hauseigentümern durchaus zunehmen werden. "Die Zinsen sind noch weiter gefallen und die tilgungsfreien Immobilienkredite werden auch weiterhin vergeben. Zwar bewerten die Banken die Bonität ihrer Kunden vorsichtiger. Aber noch immer können Hauskäufer ohne oder mit nur fünf Prozent Eigenkapital bis zum dreieinhalbfachen ihres Jahresgehalts bei den Banken problemlos finanzieren."
Deutsche grundsolide, Dänen glücklich
Dennoch ist Baumann überzeugt, dass der Immobilienmarkt nicht zusammenbrechen wird: "Ich glaube, dass die Immobilienpreise auf diesem Niveau stagnieren werden - auch wenn die Makler einem gerne glauben machen möchten, dass die Preise wieder ansteigen werden. Sicher bleiben die Immobilienpreise weiter unter Druck, aber sie werden auch nicht ins Bodenlose fallen." Tatsächlich ist der Rückgang der Immobilienpreise 2012 zum Stillstand gekommen - und die Preise zogen wieder leicht an. Einen großen Risikofaktor sieht er dennoch: "Wenn die Zinsen jetzt noch steigen sollten, dann wäre das ein gefährlicher Cocktail. Denn viele Dänen haben Ihr Eigenheimdarlehen auch noch mit einem variablen Zinssatz abgeschlossen. Dann hätten viele Kreditnehmer ein großes Problem."
Vergleicht man die Entwicklungen in Dänemark und Deutschland, so lässt sich klar konstatieren, dass die Bedingungen für einen massiven Anstieg geplatzter Immobilienkredite hierzulande nicht vorliegen. Ausnahmen bestätigen hier eher die Regel. In Dänemark hingegen wird alles darauf ankommen, dass die Banken ihre allzu lasche Kreditvergabe nur langsam zurücknehmen und schleichend auf ein konservativeres System umstellen, so dass laufende Finanzierungen möglichst keinen Schaden nehmen und die Immobilienpreise nicht noch zusätzlich unter Druck geraten.
2011 lagen die Immobilienschulden pro Kopf in Deutschland bei knapp 17.000 Euro und damit nur knapp über dem EU-Durchschnitt. In Dänemark erreichen die Pro-Kopf-Schulden hingegen einen Wert von mehr als 54.000 Euro. Nur in Norwegen liegt dieser Wert noch um ein paar tausend Euro höher. Dafür haben die Dänen noch in einer ganz anderen Disziplin die Nase vorn. Gleich in mehreren Untersuchungen wie dem "Happiness Report" oder dem "Glücksatlas 2012" erreichen die Dänen den ersten Platz. Offenbar macht nicht nur Wohneigentum und Ferienhaus glücklich, sondern auch hohe Schulden. Zumindest tun sie der Zufriedenheit demnach keinen Abbruch. Da könnten die Deutschen Häuslebauer vielleicht doch noch etwas von den Dänen lernen.