Baufinanzierung Welchen Bauzins Hauskäufer wirklich bekommen

Die Zinsen für Bauherren und Hauskäufer nähern sich dem tiefsten Stand seit 50 Jahren. Aber kaum ein Kunde bekommt den Niedrigzins aus der Bankenwerbung. Welche Faktoren zu Buche schlagen.

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Grundriss Rechner Quelle: Fotolia

„Baufinanzierung für 2,49 Prozent. Sichern Sie sich jetzt ein super günstiges Baudarlehen zu Spitzenkonditionen. Dieses Angebot ist limitiert, also schlagen Sie zu!“ Die Internetwerbung der Bausparkasse Mainz klingt wie viele Werbekampagnen von Baufinanzierern dieser Tage: Eine einmalige Chance - blöd wer da nicht schnell zugreift. Der Gedanke, der sich Kunden aufdrängen soll: Warum Miete zahlen, wenn für das gleiche Geld schon ein Eigenheim drin ist? Das irreführende daran: Es gibt keinen Grund für Hektik, Baufinanzierungen eignen sich nicht für die Schnäppchenjagd. Denn die Billigkonditionen haben praktisch immer einen Haken. Und teurer als die monatliche Miete wird die Finanzierung in aller Regel auch, denn die Lockkonditionen der Banken und Baufinanzierer sind kaum zu bekommen.

Max Herbst, Inhaber und Chef der FMH Finanzberatung, die als unabhängiger Dienstleister die Zinskonditionen der Baufinanzierer vergleicht, bestätigt das: „Die Banken bewerben grundsätzlich nur die Konditionen für den idealen Kunden, der nur 50 bis 60 Prozent des Kaufpreises finanzieren will.“ Das macht die Konditionen zwar vergleichbar, aber wer mehr braucht oder sonst etwas an den Kreditbedingungen anders haben will als beworben, zahlt auch höhere Zinsen.

Was Banken bei der Hausfinanzierung wichtig ist
Haushaltsplan Quelle: FM2 - Fotolia
Gefülltes Portemmonaie Quelle: Klaus Eppele - Fotolia
Mann am Schreibtisch Quelle: detailblick - Fotolia
Holzhaus Quelle: Svenni - Fotolia
VorhabenImmobilien als Kapitalanlage (Gewerbeimmobilien, Mietshäuser) werden nicht von allen Banken finanzier. Häuser in den ländlichen Gegenden der neuen Bundesländer können ebenfalls aufgrund der schlechten Zukunftsaussichten durch das Raster der Bank fallen. Quelle: dpa
Verfallene Häuser Quelle: dapd
Neubau Quelle: obs

Häuslebauer und Käufer von Wohneigentum sollten zunächst Ruhe bewahren und gründlich Konditionen hinterfragen und vergleichen. Übertriebene Eile wäre bei einer Baufinanzierung über Jahrzehnte fehl am Platz, auch wenn das langsam zurückkehrende Vertrauen in den Euro, eine straffere Geldpolitik und die sinkende Nachfrage nach Staatsanleihen den Boden für wieder steigende Zinsen bereiten. „Die Bestzinsen für Immobilienkredite bewegten sich seit Jahresanfang zwischen 2,5 und 3 Prozent - und damit nahe dem 50-Jahres-Tiefs. Wir rechnen allerdings damit, dass Immobilienkäufer selbst bei den günstigsten Anbietern bald wieder mehr als 3 Prozent für zehnjährige Darlehen zahlen müssen“, sagt etwa Kai Oppel vom Baugeldvermittler HypothekenDiscount.

Selbst wenn die Zinsen für die Baufinanzierung wieder anziehen, bleiben sie doch auf absehbare Zeit historisch niedrig. „Im Durchschnitt mussten Immobilienkäufer bei Bestanbietern im ersten Quartal 2012 rund 2,8 Prozent für ihre Immobiliendarlehen zahlen. Das sind rund 2,5 Prozentpunkte weniger als im 30-jährigen Mittel“, bestätigt auch Oppel zu.

Faktoren für Zinskonditionen

Immobilien Quelle: dapd

Für den, der konkret den Immobilienkauf plant, spielen andere Faktoren für die Zinskonditionen eine viel größere Rolle als die Leitzinsen der EZB. Banken und Hausfinanzierer bewerten vor allem die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden. „Für die Finanzierungskonditionen ist die Bonität mindestens so wichtig wie der Objektwert. Teure Wertgutachten lohnen sich meist nicht. Letzten Endes bewerten die Finanzierer das Risiko einer Zwangsversteigerung und gestalten dementsprechend die Zinsauf- oder -abschläge“, sagt Zinsexperte Herbst von FMH.

Wird die Zahlungsfähigkeit eines Kunden stärker strapaziert, steigt das Risiko für die Bank. Dementsprechend erhöht sie auch den angebotenen Zins. Die Banken beziehen hierfür eine Vielzahl von Faktoren in ihre Kalkulation in den konkreten Finanzierungsfall ein.

Das fängt schon mit der anteiligen Höhe der Finanzierungssumme, der sogenannten Beleihung, an. Wer statt der beworbenen 50 oder 60 Prozent des Kaufpreises für die Immobilie gleich 90 oder sogar 100 Prozent finanzieren will, zahlt einen höheren Zins. Zum Beispiel beträgt der Zinsaufschlag bei einer 90-Prozent-Finanzierung gegenüber einem Finanzierungsanteil von 50 Prozent bei einer Hypothek mit zehnjähriger Zinsbindung, einem Prozent Tilgung und einem Finanzierungsbetrag von 200.000 Euro laut FMH-Zinsvergleich auch beim günstigsten Anbieter 0,3 Prozentpunkte. Auf die Laufzeit von 10 Jahren gerechnet, zahlt der Hauskäufer also schon 6000 Euro mehr für den Kredit. Die Banken können für das größere Risiko einer hohen Beleihung je nach Hauspolitik auch einen deutlich höheren Zinsaufschlag berechnen – wenn sie überhaupt gewillt sind, hohe Beleihungsgrenzen zu akzeptieren. Einige Banken finanzieren per se nur bis maximal 80 Prozent des Kaufpreises. Aber auch 100-Prozent-Finanzierungen sind noch bei einigen Banken zu bekommen – wenn die Bonität gewährleistet ist.

Je länger, desto höher der Zinssatz
Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24.de, rät deshalb allen potenziellen Bauherren zu einer Finanzierung bis maximal 70 Prozent des Objektwertes. 20 bis 30 Prozent Eigenkapital sehen alle Banken gern. „Von einer Vollfinanzierung raten wir dringend ab, wenn keinerlei Rücklagen vorhanden sind, da das Haus auch in Stand gehalten werden muss und dafür zusätzlich Geld bereitstehen muss. Außerdem sollten Bauherren noch genügend Puffer für weitere entstehende Kosten zu haben, etwa die Notarkosten oder die Grundsteuer.“

Zweiter entscheidender Faktor ist die Zinsbindungsfrist. Grundsätzlich gilt, je länger der Zins festgeschrieben wird, umso höher ist der Zinssatz. Zum Beispiel beträgt der Zinssatz bei fünfjähriger Festschreibung effektiv – also inklusive der Kreditnebenkosten – 2,35 Prozent. Für eine auf zehn Jahre feste Finanzierung werden schon 2,90 Prozent und für eine auf 15 Jahre festgeschriebene Finanzierung 3,34 Prozent. Als Faustregel müssen Hauskäufer damit rechnen, dass bei einer Zinsbindung von zehn Jahren der Effektiv-Zins etwa 0,6 Prozentpunkte höher liegt als bei fünf Jahren. Für 15 Jahre Laufzeit kommen nochmals 0,3 Prozentpunkte oben drauf, unabhängig vom Objektwert und Darlehenshöhe.

Zinsaufschlag für lange Laufzeit

Rohbauten Quelle: dpa/dpaweb

Da die Hypothekenzinsen wie eingangs beschrieben auf einem historisch niedrigen Niveau sind, rät FMH-Chef Herbst den meisten Hauskäufern zu möglichst langen Laufzeiten: „Wer ruhig schlafen möchte, sollte versuchen, einen Kredit mit 20 Jahren Zinsbindung zu ergattern. Die sind derzeit nur 0,2 Prozent teurer, als Hypotheken mit 15 Jahren Festschreibung.“ Allerdings bieten nur wenige Banken eine 20-jährige Zinsbindung an.

Kundigen Immobilienkäufern mit mehr sportlichem Ehrgeiz ist dennoch möglich, die Kreditkosten zu optimieren. „Die kurzlaufenden Kreditzinsen sind so niedrig, dass sich – rein finanzmathematisch betrachtet – mit einer Finanzierung über nur fünf Jahre laufende Hypotheken einiges Geld sparen lässt. Im Vergleich zu den Baukrediten mit 15 Jahren Zinsbindung liegen sie rund ein Prozent niedriger. Selbst wenn der Zins in fünf Jahren fast zwei Prozent höher liegt, hätte der Hauskäufer noch günstiger finanziert als der Bauherr mit 15 Jahren Festschreibung – gleiche Ratenhöhe vorausgesetzt. Aber das ist nur etwas für Leute mit starken Nerven, die den Markt ständig beobachten wollen“, erklärt Herbst. Letztendlich wäre diese Vorgehen eine Wette auf für die nächsten Jahre höchstens moderat steigende Bauzinsen.

Hohe Objektwerte sind für Banken attraktiv

Das Vergleichsportal Baufi24 hat für WirtschaftsWoche Online ein Beispiel für die Ratenhöhe ausgerechnet: Inklusive einer Tilgungsrate von 1,0 Prozent beträgt die monatliche Rate für ein Objekt im Wert von 200.000 Euro (50-Prozent-Finanzierung) bei einem Zins von 2,4 Prozent (fünf Jahre fest) 283 Euro. Bei zehn Jahren Laufzeit erhöht sich der Zins auf 2,93 Prozent, die Rate steigt dadurch auf 328 Euro. Mit der Zinsbindung für 15 Jahre erhöht sich der Zins auf 3,2 Prozent, die Rate auf 350 Euro.

Anders ausgedrückt: Die Zins- und Tilgungsrate steigt bei einer Laufzeiterhöhung von fünf auf zehn Jahre um etwa 17 Prozent, bei einer Erhöhung von zehn auf 15 Jahre nochmals grob um etwa sieben Prozent.

Hohe Objektwerte hingegen sind für viele Banken attraktiv, weil mit ihnen auch die Zinseinnahmen der Banken steigen. Je mehr Kredit die Bank vergibt – unter Berücksichtung von Bonität und den anderen wichtigen Faktoren – umso besser die Konditionen. Unter dem Strich bieten viele Banken die besten Konditionen immer nur für eine bestimmte Kombination aus Darlehenshöhe, Finanzierungs- oder Eigenkapitalanteil und Zinsbindungsfrist an. Teilweise bieten die Finanziere sogar Sonderkontingente, etwa für den Kauf eines selbstgenutzten Einfamilienhauses mit einer Finanzierungssumme über 200.000 Euro an. Womit wir wieder bei unserem Beispiel aus der Werbung wären. Solche Angebote erwecken Schlussverkaufsatmosphäre.

Zinsen aushandeln

Aufsteiger und Absteiger im Immobilien-Ranking
Bochum Quelle: Presse
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Die Kreditgeber berücksichtigen bei ihrer Finanzierungskalkulation insgesamt bis zu 800 Faktoren. Dazu zählen etwa auch das Alter wegen der Gesamtlaufzeit der Finanzierung oder die Vermögenslage des Kreditnehmers, wie zum Beispiel zusätzliche Altersvorsorge oder bereits abbezahlte Immobilien. Je nach Kunden können die Banken ihre Kalkulation und damit ihre Kreditkonditionen inklusive Effektivzins anpassen.

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Was aber viele Eigenheimfinanzierer nicht wissen: Die Baufinanzierer haben Spielräume. Zusatzoptionen wie Sondertilgung oder eine Änderung der Tilgungsrate während der Zinsbindung bezahlten die Hauskäufer früher mit einem Zinsaufschlag, weil den Finanzierern so potenziell Zinseinnahmen verloren gehen. Die meisten Banken haben aber inzwischen eine Sondertilgung in Höhe von fünf Prozent der Kreditsumme jährlich kostenfrei mit drin. Wer diese Sondertilgungsgrenze von fünf Prozent weiter nach oben verschieben will, bekommt in der Regel einen um 0,01 bis 0,02 Prozentpunkte pro 1 Prozent Sondertilgung erhöhten Kreditzins. Die kostenfreie Tilgungssatzänderung ist bei den meisten Anbietern ein- bis zweimal während der Zinsbindung möglich.

Gut zu verhandeln, zahlt sich für Hauskäufer also aus. „Die Banken haben Verhandlungsspielräume beim Zins. Das gilt vor allem für kleine Sparkassen und Volksbanken. Lediglich die sehr knapp kalkulierenden Finanzierer, die in Zinsvergleichen ganz oben stehen, haben in der Regel keinen Spielraum mehr nach unten“, so Herbst.

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