Daher sind von einer Kündigung betroffene Bausparer vielfach unsicher, ob sie sich gegen die Kündigung wehren sollen. Rechtsanwalt Christoph Lang aus Ulm hat bereits einige Bausparer vertreten, wundert sich jedoch über das anscheinend relativ geringe Interesse der gekündigten Bausparer an juristischer Gegenwehr. „Ich hätte da mehr Anfragen erwartet“, sagt der Anwalt. Von Lang befragten Anwaltskollegen geht es da offenbar ähnlich.
Wann sollte man keinen Bausparvertrag abschließen?
Wenn der Banker beim Finanzierungsgespräch einen Bausparvertrag empfiehlt, um das spätere Anschlussdarlehen mit einem Bausparvertrag zu finanzieren. Denn: Würden die notwendigen Bausparraten in die erhöhte Tilgung das Bankdarlehens fließen, müsste der Zins des Anschlussdarlehens nach zehn Jahren meist bis auf acht Prozent und mehr steigen, damit sich der Bausparvertrag lohnen würde. Nur wer solche hohen Anschlusszinsen erwartet, ist mit einem zusätzlich besparten Bausparvertrag auf der sicheren Seite.
Wenn man innerhalb von zwei oder drei Jahren über den zugeteilten Bausparvertrag verfügen möchte. Dann würde die Rückzahlungsrate so hoch ausfallen, dass man diese Rate kaum tragen kann. Bankdarlehen mit hohen Zinsen sollten schnell und Bausparverträge mit niedrigen Zinsen sollten eigentlich langsam getilgt werden.
Wenn der Banker oder Vertreter keinen Zahlungsplan für die gesamte angedachte Laufzeit des Bausparvertrages liefert und/oder keinen gesamten Effektivzins für Bauspar- und Bankdarlehen nennt. Ein Beispiel zeigt, warum: Das Bankdarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung hat einen Effektivzins von 3,87 Prozent, das Bauspardarlehen einen Effektivzins von 3,78 Prozent. Wer nun vermutet, der gesamte Effektivzins läge bei 3,82 Prozent, der irrt. Tatsächlich ergibt sich ein gesamter Effektivzins von 4,39 Prozent, wenn das Bankdarlehen nach zehn Jahren mit dem Bausparvertrag abgelösten werden soll. Der Grund für die Diskrepanz zwischen Annahme und Realität sind die niedrigen Guthabenzinsen in der Ansparphase.
Ein Bausparvertrag eignet sich hervorragend zum Ansparen von Eigenkapital für ein späteres Bauvorhaben oder zur Bildung von Renovierungsrücklagen. Wer jedoch erst zum Zeitpunkt der Finanzierung einen Bausparvertrag abschließt, und damit später die Bankhypothek ablösen will, zahlt in aller Regel drauf. Quelle: FMH-Finanzberatung e.K.
Tatsächlich klingen manche Kündigungsschreiben gut begründet. Die Bausparkassen argumentieren darin gern, dass der Fortbestand des Vertrages keinen Zweck mehr erfüllt und die Sparergemeinschaft unverhältnismäßig belastet. Damit spielen sie auf die hohe Verzinsung an, für die die Bausparergemeinschaft garantiert. Angesichts der rund 30 Millionen Bausparverträge in Deutschland und einer Sparsumme von 800 Milliarden Euro ist das Argument gegenüber den rund 200.000 gekündigten Bausparern jedoch allzu bemüht. Eher ist es so, dass hoch verzinste Verträge die Gewinne der Geldinstitute schmälern.
Kündigung nicht vorgesehen
Das Besondere an Bausparverträgen ist, dass eine Kündigung seitens der Bausparkasse vertraglich in der Regel nicht vorgesehen ist. Grundsätzlich handelt es sich – da sind sich alle Seiten einig – um einen Darlehensvertrag, bei dem Kreditnehmer und Kreditgeber zum Ende der Ansparphase die Rollen tauschen. Solange der Bausparer einzahlt und noch kein Baudarlehen abruft, ist er Darlehensgeber, die Bausparkasse hingegen Kreditnehmer. Ruft der Sparer ein Baudarlehen ab, wird er Kreditnehmer, die Bausparkasse Kreditgeber. Daher finden die allgemeinen gesetzlichen Regelungen zu Kreditverträgen grundsätzlich Anwendung.
Zumindest kristallisieren sich verschiedene Argumentationsstränge heraus. Ob der Einspruch gegen einen Kündigung erfolgversprechend, hängt aber vom Einzelfall und der Ausgestaltung des einzelnen Bausparvertrags ab. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat dennoch in einem Ratgeber zumindest die vier häufigsten Kündigungsgründe kommentiert.
Zehn Jahre ungenutzt
Damit Bausparer das vertraglich vereinbarte Baudarlehen abrufen können, müssen sie zuvor ein Mindestguthaben angespart haben, das oft zwischen 30 bis 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Bausparsumme beträgt. Nach Erreichen dieser sogenannten Zuteilungsreife kann der Sparer den Baukredit in Höhe der Differenz von Bausparsumme und Sparguthaben zum vereinbarten Niedrigzins abrufen. Der Zeitraum, innerhalb dessen der Kreditabruf erfolgen muss, ist in den Allgemeinen Bausparbedingungen oder im Vertrag üblicherweise nicht festgelegt.
Das Argument der Bausparkassen lautet in so einem Fall, dass ein zuteilungsreifer Vertrag, bei dem das Darlehen über zehn Jahre lang nicht genutzt wurde, den Vertragszweck nicht mehr erfülle und daher kündbar sei. Dabei berufen sich die Bausparkassen auf §489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dieser Paragraf ermöglicht zum Beispiel auch Baukreditnehmern mit 15-jähriger Zinsbindung bereits nach zehn Jahren die Kündigung des Darlehens, ohne dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf.
Konkret heißt es im BGB, dass ein Darlehensnehmer „in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten“ einen Kreditvertrag kündigen darf. Da die Bausparkasse während der Ansparphase die Rolle der Darlehensnehmerin einnimmt, beruft sie sich in den Kündigungen auf die zehnjährige Frist.