
Die Werbeversprechen waren vollmundig: „Volltreffer beim Bausparen“ und „Renditeknaller“ prangten auf dem Prospekt der Bausparkasse BHW aus dem Jahre 1998. Damit warb seinerzeit die private Bausparkasse BHW, heute eine Tochter der Deutschen Bank, für ihr Produkt BHW Dispo Plus – einen Bausparvertrag, in den vermögenswirksame Leistungen von Arbeitnehmern eingezahlt werden konnten – Zuschuss vom Arbeitgeber inklusive. Die Werbebotschaft: „Holen Sie mehr aus ihren vermögenswirksamen Leistungen. Ihr persönliches Renditeplus: BHW Dispo Plus“. Der Clou: eine hohe Verzinsung, Wohnungsbauprämie und nicht zuletzt Bonuszinsen, wenn Kunden nur ansparen, aber auf das Baudarlehen verzichten.
Wer den Werbeprospekt von damals in den Händen hält, kommt kaum darauf, dass es um die Finanzierung einer Immobilie gehen könnte. Vielmehr ging es offensichtlich um eine vergleichsweise hoch verzinste Geldanlage. Und genau so haben sie viele offenbar auch genutzt – so wie Mark Resch*. Er schloss 1998 einen Vertrag über eine Bausparsumme von 30.000 Mark, heute umgerechnet 15.340 Euro. Seitdem zahlt er jeden Monat in den Bausparvertrag ein – und freut sich über einen Guthabenverzinsung von zwei Prozent sowie weitere drei Prozent Bonusverzinsung pro Jahr, wenn er das Bauspardarlehen nicht abruft. Mit neueren Sparverträgen oder Geldanlagen ist eine solch hohe, risikolose Verzinsung vor dem Hintergrund der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank derzeit nicht zu schaffen.
Diese Bausparkassen sollten Sie lieber meiden
Wenn Ihre Kundendaten kaum erfasst werden, Ihr Bausparwunsch unberücksichtigt bleibt, die Finanzierungskosten unnötig hoch sind, Informationen in der Angebotsbroschüre fehlen und beim Beratergespräch auf Diskretion kein Wert gelegt wird, dann sind Sie mit Sicherheit bei einer Bausparkasse, die durch den Test von „Finanztest“ gefallen ist. Nachfolgend finden Sie die schlechtesten Bausparkassen Deutschlands.
Deutsche Ring
Erfassung Kundenstatus: Ausreichend (4,5)
Qualität des Angebots: Ausreichend (3,6)
Kundeninformation: Ausreichend (3,6)
Begleitumstände: Sehr gut (0,9)
Gesamtnote: Ausreichend (3,6)
Stand: Januar 2015
Bausparkasse Mainz
Erfassung Kundenstatus: Befriedigend (3,3)
Qualität des Angebots: Befriedigend (3,4)
Kundeninformation: Mangelhaft (5,0)
Begleitumstände: Befriedigend (2,9)
Gesamtnote: Ausreichend (3,9)
BHW
Erfassung Kundenstatus: Ausreichend (3,7)
Qualität des Angebots: Ausreichend (4,0)
Kundeninformation: Mangelhaft (5,1)
Begleitumstände: Sehr gut (1,5)
Gesamtnote: Ausreichend (4,2)
LBS West
Erfassung Kundenstatus: Ausreichend (3,7)
Qualität des Angebots: Mangelhaft (4,6)
Kundeninformation: Mangelhaft (5,0)
Begleitumstände: Gut (1,8)
Gesamtnote: Mangelhaft (4,6)
Aachener
Erfassung Kundenstatus: Befriedigend (3,5)
Qualität des Angebots: Mangelhaft (4,9)
Kundeninformation: Befriedigend (3,4)
Begleitumstände: Befriedigend (2,6)
Gesamtnote: Mangelhaft (4,9)
Deutsche Bank Bauspar
Erfassung Kundenstatus: Befriedigend (2,7)
Qualität des Angebots: Mangelhaft (5,5)
Kundeninformation: Sehr gut (1,5)
Begleitumstände: Gut (1,8)
Gesamtnote: Mangelhaft (4,9)
LBS Rheinland-Pfalz
Erfassung Kundenstatus: Ausreichend (3,6)
Qualität des Angebots: Mangelhaft (5,4)
Kundeninformation: Mangelhaft (4,9)
Begleitumstände: Sehr gut (1,4)
Gesamtnote: Mangelhaft (5,4)
Doch damit soll nun Schluss sein: Resch wurde der Vertrag seitens der BHW gekündigt. Denn für die Bausparkasse wird der alte Vertrag langsam teuer. Die Gesamtverzinsung von fünf Prozent bekommt auch die BHW am Kapitalmarkt nicht mehr geboten, der alte Bausparvertrag wird für sie zusehends zum Verlustgeschäft. Aber darf eine Bausparkasse deshalb gültige Verträge einfach kündigen?
Seit 2008 kündigen mehrere Bausparkassen Alt-Verträge mit hohen Guthabenzinsen. Um die 150.000 Bausparer sollen schon eine Kündigung erhalten haben. Zuletzt machten vor allem Schwäbisch Hall, die LBS Bayern, die LBS West sowie die BHW damit Schlagzeilen. Dieser Tage erhalten zudem weitere 50.000 Kunden der Schwäbisch Hall eine Vertragskündigung zum Jahresende.
Ob die Kündigungen seitens der Bausparkassen überhaupt rechtens sind, ist jedoch umstritten. Verbraucherschützer und spezialisierte Anwälte raten deshalb dazu, einen möglichen Widerspruch zur Kündigung zumindest zu prüfen und gegebenenfalls der Kündigung zu widersprechen. Keinesfalls sollten Bausparkunden den regelmäßig mitsamt der Kündigung zugestellten Auszahlungsauftrag unterschreiben und zurücksenden, wenn sie lieber weiterhin in den Genuss der hohen Guthabenzinsen kommen wollen. Denn mit dem Auszahlungsantrag beendet der Kunde den Vertrag mit der Bausparkasse. Erst, wenn eine Vertragsprüfung ergibt, dass die Kündigung zulässig ist, sollte sie der Auszahlung zustimmen.
Wissenswertes zur Kündigungswelle bei Bausparkassen (05.2015)
Dieser Tage bekommen erneut Tausende Bausparer Post von ihrer Bausparkasse. Derzeit sind das etwa Kunden der Bausparkasse Wüstenrot. Nach deren Angaben handelt es sich um ein Prozent der Kunden - das sind immerhin rund 30.000 Verträge.
Auch die Landesbausparkasse (LBS) Baden-Württemberg wies Ende des Jahres 22.000 Kunden schriftlich darauf hin, dass sie kündigen will, wie ein Sprecher bestätigt. Ihm zufolge handelt es sich dabei um Verträge, die seit zehn oder mehr Jahren zuteilungsreif sind - für die also längst ein Darlehen in Anspruch genommen werden kann. Die LBS Bayern und Nordrhein-Westfalen handelten ähnlich.
Die Bausparkasse BHW hatte kürzlich ebenfalls 25.000 Verträge gekündigt, bei denen Kunden seit mehr als zehn Jahren kein Darlehen in Anspruch genommen hatten.
Die kursierenden Zahlen zu den betroffenen Bausparern schwanken gehörig: von mehr als 40.000 gekündigten zuteilungsreifen Verträgen seit 2013 spricht etwa das Fachmedium „Der Versicherungsbote“. Nach Zählung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sind es bislang mehr als 120.000 Kündigungen und Kündigungsandrohungen, laut Finanzberatermagazin "Procontra" erhielten mehr als 150.000 Bausparer ein Kündigungsschreiben oder die Aufforderung, sich bei ihrer Bausparkasse zu melden. Bei den Bausparkassen, von deren Kündigungen die Öffentlichkeit erfahren hat, waren bisher zwischen 0,2 und 1,0 Prozent der Kunden betroffen. Aber es ist davon auszugehen, dass künftig noch mehr Kunden von den Bausparkassen Post bekommen werden.
Alte Bausparverträge mit einer im Vergleich zu heute hohen Verzinsung sind vielen Anbietern inzwischen schlicht zu kostspielig. In den Neunzigerjahren bekamen Bausparer auf ihr angespartes Guthaben durchaus vier Prozent Zinsen und mehr. Bei neuen Verträgen liegen die Zinsen heute im Durchschnitt nur noch um 0,25 Prozent.
Das Problem der Bausparkassen: Für das angelegte Kapital bekommen die Anbieter selbst kaum Zinsen, da sie zum Schutz der Sparguthaben nur in besonders risikoarme Wertpapiere investieren dürfen. Die Ausgaben für die Verzinsung alter Verträge sind somit höher als Einnahmen am Kapitalmarkt.
Betroffen sind vor allem Kunden, die das vorgesehene Darlehen nicht nutzen oder die vereinbarte Sparsumme schon überschritten haben und nun das Geld in ihrem Bausparvertrag stehen lassen, um von den hohen Guthabenzinsen zu profitieren. Als hierzulande im Zuge der Finanzkrise die Zinsen – insbesondere für Bauspardarlehen – deutlich sanken, lockten die Bausparkassen sogar vermehrt Sparer, die gar nicht zwingend ein günstiges Baudarlehen wollten, sondern nur eine gut verzinste und sichere Sparmöglichkeit suchten. Vereinzelt warben die Bausparkassen sogar mit einer Rückerstattung der Abschlussgebühr von einem Prozent, wenn das Baudarlehen nicht abgerufen wird.
Die Experten sind sich in dieser Frage uneins. Gemeinhin gelten die Kündigungen als rechtlich sauber, wenn die gesamte Bausparsumme bereits angespart wurde, aber nicht zum Immobilienkauf genutzt wird. Sinn und Zweck des Bausparens ist gemeinhin die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens nach der Sparphase. Ist die gesamte Bausparsumme jedoch schon angespart, ist das Darlehen obsolet, die Bausparkasse kann das beabsichtigte Kreditgeschäft nicht machen. Die meisten Kommentatoren gehen daher davon aus, dass eine Kündigung durch die Bausparkasse in solchen Fällen rechtens ist. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlt bislang.
Zumindest die Bausparkasse Schwäbisch Hall erklärte, nur zu kündigen, wenn das angesparte Guthaben die Bausparsumme überschritten habe. Andere Bausparkassen lassen diese Fairness bislang vermissen. Die Kündigung von Verträgen, die bereits seit langem zuteilungsreif sind, aber bei denen die Kunden auf Inanspruchnahme des Baudarlehens verzichten, ist allerdings umstritten. Zuteilungsreif ist ein Bausparvertrag, wenn das Sparguthaben 40 bis 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden (9 U 151/11), dass die Kündigung von Verträgen rechtswidrig ist, wenn der Bausparer das Darlehen in Anspruch nehmen könnte (zuteilungsreifer Vertrag), die Bausparsumme aber noch nicht zu 100 Prozent erreicht ist. Letzten Endes ist jedoch der Einzelfall entscheidend.
Die Bausparkassen berufen sich auf Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Demnach sind alle Darlehensverträge grundsätzlich nach zehn Jahren durch den Darlehensnehmer kündbar. Die Bausparkasse argumentieren, sie seien Darlehensnehmer, weil sie für die Überlassung des Sparguthabens dem Sparer Zinsen zahlen. Erst wenn die Sparer den Immobilienkredit abrufen, wechseln die Vertragsparteien die Rollen. Ist der Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif, ohne dass der Bausparer das Darlehen abruft, sei die Kündigung rechtens, argumentiert die Branche. Selbst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – die zuständige Aufsichtsbehörde – hat die Kündigungswelle der Bausparkassen verteidigt. "Von Abzocke kann keine Rede sein", sagte BaFin-Chefin Elke König Anfang Januar gegenüber der Tageszeitung "Bild".
Wessen Sparguthaben noch nicht die Bausparsumme erreicht hat, kann sich auf das Stuttgarter Urteil berufen und verlangen, dass der Vertrag weiterläuft, bis die volle Summe angespart sei. Noch ein Argument: Die hohen Guthabenzinsen dienten in der Vergangenheit Bausparkassen durchaus als Verkaufsargument. Wer Werbung oder Beratung in dieser Richtung in irgendeiner Form belegen kann, verbessert seine Chancen. Verbraucherschützer sehen zumindest eine rechtliche Grauzone, wenn die Bausparsumme noch nicht überschritten ist. Im Zweifel müssen Gerichte entscheiden, ob die Kündigungen rechtens sind.
„Bausparen an sich ist eine prima Idee“, heißt es bei der Stiftung Warentest. Wer in sieben oder zehn Jahren bauen wolle, sichere sich schon heute einen Kredit mit niedrigen Zinsen - auch wenn er für seine Sparraten kaum Zinsen von der Bausparkasse bekommt. Beim Sparkonto gibt es auch nicht mehr. Zum Teil schließen auch heutige Bauherren Bausparverträge ab, um mit dem Bauspardarlehen in zehn Jahren einen Kredit abzulösen.
Das hängt sehr stark von der Beratung ab, wie ein Test aller 20 Bausparkassen in Deutschland durch Stiftung Warentest ergab. Manche Verträge sind zu schmal bemessen, viele zu üppig, kritisieren Tester. Viele Berater setzten Bausparsumme, Guthaben oder Darlehensraten zu hoch an. Gleichzeitig enthielten sie ihren Kunden Informationen vor, um Angebotsvergleiche zu erschweren.
Der falsche Vertrag kann mehrere tausend Euro Mehrkosten bedeuten, wenn dem Kunden nicht sogar die Finanzierung um die Ohren fliegt. Das zu viel bezahlte Geld bleibt der Bausparkasse - hier sieht die Stiftung Warentest einen der Gründe für die Missstände.
Sie wollen der Kritik auf den Grund gehen. In einzelnen Beratungen seien offenbar Fehler gemacht worden, räumt der Verband der privaten Bausparkassen ein. Mit dem Gesamtbild könne man nicht zufrieden sein, betonen auch die Landesbausparkassen (LBS). Sie verweisen auf eigene Testkäufe, die regelmäßig bessere Ergebnisse zutage förderten.
Vertragszustand entscheidet über Zulässigkeit der Kündigung
Wie gut die Chancen stehen, dass die Bausparkasse ihre Kündigung widerruft, hängt allerdings davon ab, wie weit der Vertrag angespart wurde, wie die Vertragsbedingungen gestaltet sind und ob noch weiter Sparraten in den Vertrag fließen. Im eigenen Interesse sollten Betroffene daher zunächst ihren Vertrag daraufhin prüfen, ob die Bausparkasse daraus im Einzelfall das Recht zur Kündigung ableiten kann.
Aber anders als bei Kreditverträgen, die nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Falle ungenauer Widerrufsbelehrungen nichtig sind, fehlen für Bausparverträge eindeutige Kriterien und Urteile der höchsten Gerichtsinstanzen zum Kündigungsrecht der Bausparkassen. Im Fall der Ratenkredite hatte das Urteil des Bundesgerichtshofs bei Verbrauchern, die den Kredit heute günstiger bekommen würden, zu massenhaften Vertragswiderrufen geführt.
*Name von der Redaktion geändert