Bausparkassen Wie sich Bausparer vor Abzocke schützen

Bausparkassen wie Wüstenrot stehen in Verdacht, Kunden aus hoch verzinsten Altverträgen zu drängen. Das ist nicht verboten. Aber wer die Tricks der Branche durchschaut, kann sich erfolgreich wehren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Erst vergangenen Dienstag gab es Meldungen, dass Wüstenrot versucht habe, Bausparkunden zu deren Nachteil in niedriger verzinste Verträge zu locken. Bei jeder Vertragsumwandlung ist Vorsicht geboten. Wer jedoch die Tricks der Branche durchschaut, kann sich erfolgreich wehren. Quelle: Fotolia

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat vor einer Übervorteilung der Kunden bei Bausparverträgen gewarnt: "Ich erwarte, dass Vertragspartner fair miteinander umgehen", sagte Aigner. Die Fairness werde verletzt, wenn ein Vertragspartner das Vertrauen des anderen zu seinem eigenen Vorteil ausnutze, um Kunden zu finanziell nachteiligen Entscheidungen zu bewegen. Erst vergangenen Dienstag hatte das "Handelsblatt" berichtet, dass die Wüstenrot-Bausparkasse versucht habe, Bausparkunden zu deren Nachteil von hoch in niedriger verzinste Verträge zu locken.

So funktioniert Bausparen

"Bei jeder Vertragsumwandlung ist Vorsicht geboten. Wer die finanziellen Konsequenzen nicht abschätzen kann, sollte unabhängigen Rat in Anspruch nehmen", fordert Aigner die Kunden vor Abschluss eines neuen Vertrags auf. Dem Handelsblatt-Bericht zufolge hat die Bausparkasse an Hunderttausende Kunden Briefe verschickt, in denen sie ihnen vorschlug, den mit mindestens 3,5 Prozent verzinsten Bausparvertrag zu kündigen und einen neuen, deutlich niedriger verzinsten Vertrag zu unterschreiben. Bei einem 14 Jahre laufenden Bausparvertrag über 40.000 Euro Darlehenssumme führt das je nach Restlaufzeit zu einem Verlust von mehreren Tausend Euro, so die Zeitung.

Was Banken bei der Hausfinanzierung wichtig ist
Haushaltsplan Quelle: FM2 - Fotolia
Gefülltes Portemmonaie Quelle: Klaus Eppele - Fotolia
Mann am Schreibtisch Quelle: detailblick - Fotolia
Holzhaus Quelle: Svenni - Fotolia
VorhabenImmobilien als Kapitalanlage (Gewerbeimmobilien, Mietshäuser) werden nicht von allen Banken finanzier. Häuser in den ländlichen Gegenden der neuen Bundesländer können ebenfalls aufgrund der schlechten Zukunftsaussichten durch das Raster der Bank fallen. Quelle: dpa
Verfallene Häuser Quelle: dapd
Neubau Quelle: obs

Wüstenrot wehrt sich gegen die Vorwürfe. Ziel der Aktion sei es gewesen, Kunden zu beraten, die das Sparziel ihres Bausparvertrags nicht mehr erreichen können, hieß es in einer Mitteilung. Später ruderte die Bausparkasse zurück: Sollte es durch die Beratungen im Einzelfall Umstellungen von Konten gegeben haben, die nicht im Kundeninteresse und auch im Sinne dieses Vorgehens gewesen sind, werde Wüstenrot dies selbstverständlich ohne Einbußen für die Kunden korrigieren, erklärte das Unternehmen.

Nach Einschätzung von Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), würden deutsche Versicherer ihre Kunden derzeit trotz Niedrigzinsumfelds nur in Einzelfällen in neue Verträge drängen. Die seien jedoch ärgerlich, denn Versicherer seien trotz schwacher Renditen "ganz sicher nicht" zu solchen Schritten gezwungen.“ Illegal seien diese Umdeckungsaktionen zum Nachteil der Kunden zwar nicht, allerdings in Bezug auf die geltenden Beratungspflichten fragwürdig und schadeten dem Vertrauensverhältnis zum Kunden. Zudem entstünde ein hohes Schadenersatzrisiko.

Bausparschätzchen schützen

Wann sollte man keinen Bausparvertrag abschließen?

Schadenersatz müssen sich betroffene Kunden jedoch erst einmal erstreiten. Besser ist es, wenn es erst gar nicht dazu kommt. Wer sich vor Jahren einen Bausparvertrag zugelegt hat, sitzt heute auf einem kleinen Schatz. Die Tarife von damals bringen Spitzenzinsen von vier bis fünf Prozent im Jahr, mit Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage sind sogar über sechs Prozent Rendite drin - eine attraktive Geldanlage im Dauerzinstief. So ein älterer Tarif kann momentan drei- bis viermal so viel Zinsen einspielen wie Festgeld. Für Kunden sind derartige Verträge ein Glücksfall, den sie sich keinesfalls abschwatzen lassen sollten.

Kunden mit solch wertvollen Altverträgen sollten sich von den verlockenden Angeboten der Bausparkassen oder Versicherer daher nicht verführen lassen. Nach Angaben Max Herbst von der unabhängigen Finanzberatung FMH seien zum Beispiel vor Weihnachten Sparer per Post von ihren Anbietern aufgefordert worden, sich jetzt mit ihrem Guthaben langgehegte Wünsche wie ein neues Auto oder eine große Reise zu erfüllen. Sein Rat: Bloß nicht. Wer Geld von seinem Bausparkonto hole, was grundsätzlich jederzeit möglich ist, verzichte auf den Superzins und schneide sich nur ins eigene Fleisch.

Warum sollte ich einen Bausparvertrag abschließen?

Vorzeitige Zuteilung vermeiden

Oft dringen Bausparkassen auch auf eine frühzeitige Zuteilung des Altvertrags, vor allem, wenn bereits 40 oder 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme angespart sind. Der Sparer muss die Zuteilung aber nicht annehmen. Er kann unverdrossen weiter einzahlen, wenn er will - und die Spitzenzinsen so lange weiter kassieren, bis die volle Bausparsumme erreicht ist. Und das kann noch Jahre dauern, je nach Einzelfall. Hat die Bausparkasse keine Kündigung geschickt, sollten Kunden so lange wie möglich an ihrem "Kleinod" festhalten, empfiehlt Rüdiger Stumpf von der Zeitschrift "Finanztest.

Nach Ansicht von Herbst wissen viele Sparer gar nicht, wie gut sie mit ihrem hochverzinsten Bausparvertrag dran sind. Vertreter von Bausparkassen probierten deshalb auch, die Kundschaft trickreich zum Umtausch zu bewegen. Finger weg, wenn Sparer selbst kündigen oder den Tarif wechseln sollen, rät Sylvia Beckerle von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Eine bessere Geldanlage komme nicht mehr nach.

Rund um die Jahrtausendwende hatten sich die Bausparkassen mit Top-Zinsen nur so überboten. Wer damals auf eine reine Geldanlage aus war und nicht vor hatte zu bauen, bekam einen dicken Zinsbonus zum Vertragsende versprochen. Außerdem die Rückerstattung der Abschlussgebühr.

Vertrag beitragsfrei stellen, Zinsen sichern

Neuerdings werde allerdings vereinzelt damit gedroht, dass unter bestimmten Bedingungen der einst versprochene Zinsbonus wegfällt, warnt Stumpf. Sein Rat: Hat der Kunde mit Alttarif etwa 85 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht, sollte er die Einzahlungen stoppen und den Vertrag beitragsfrei stellen. Durch den Kniff profitiert er weiter von den Spitzenzinsen und die Gesellschaft kann den Vertrag nicht kündigen.

Ist die Bonuszahlung an eine Extra-Verzichtserklärung auf das Darlehen gekoppelt, dann sollten Sparer diese erst abgeben, kurz bevor sie die Bausparsumme tatsächlich erreicht haben. Ein Blick auf den nächsten Kontoauszug, der im Januar nächsten Jahres nach Hause kommt, kann klären, wie weit der Altvertrag gediehen ist.

Wer bereits eine Kündigung der Bausparkasse bekommen hat, könne wenig dagegen tun, sagt Beckerle. Ist die Bausparsumme erreicht oder gar schon überspart, darf der Vertrag vom Anbieter aus gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von drei Monaten. Wer Unterstützung braucht und nicht weiß, wie er mit einem Schreiben seiner Bausparkasse umgehen soll, kann sich an eine Verbraucherzentrale vor Ort wenden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%