Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat vor einer Übervorteilung der Kunden bei Bausparverträgen gewarnt: "Ich erwarte, dass Vertragspartner fair miteinander umgehen", sagte Aigner. Die Fairness werde verletzt, wenn ein Vertragspartner das Vertrauen des anderen zu seinem eigenen Vorteil ausnutze, um Kunden zu finanziell nachteiligen Entscheidungen zu bewegen. Erst vergangenen Dienstag hatte das "Handelsblatt" berichtet, dass die Wüstenrot-Bausparkasse versucht habe, Bausparkunden zu deren Nachteil von hoch in niedriger verzinste Verträge zu locken.
So funktioniert Bausparen
Bausparer sammeln zunächst ihr Guthaben an. Bei Verträgen, die für eine spätere Finanzierung gedacht sind, ist die Verzinsung nicht so wichtig und auch häufig schlechter als bei den besten Banksparplänen. Die Sparphase läuft mindestens so lange, bis der Kunde das Mindestguthaben erreicht hat.
Wenn der Bausparer das vereinbarte Mindestguthaben angespart, die abhängige Bewertungszahl erreicht und die Mindestwartezeiten eingehalten hat, ist der Vertrag zuteilungsreif. Dann kann der Kunde die Bausparsumme (Sparguthaben plus Bauspardarlehen) für die Finanzierung nutzen.
Der Kunde zahlt für den Kredit einen bei Vertragsschluss bereits vereinbarten Zinssatz. Die monatliche Rückzahlung des Darlehens wird auch Tilgungsrate genannt und fast immer in Promille der Bausparsumme aus gewiesen. Es ist schon bei Vertragsabschluss daher auf eine angemessene Ratenhöhe zu achten.
"Bei jeder Vertragsumwandlung ist Vorsicht geboten. Wer die finanziellen Konsequenzen nicht abschätzen kann, sollte unabhängigen Rat in Anspruch nehmen", fordert Aigner die Kunden vor Abschluss eines neuen Vertrags auf. Dem Handelsblatt-Bericht zufolge hat die Bausparkasse an Hunderttausende Kunden Briefe verschickt, in denen sie ihnen vorschlug, den mit mindestens 3,5 Prozent verzinsten Bausparvertrag zu kündigen und einen neuen, deutlich niedriger verzinsten Vertrag zu unterschreiben. Bei einem 14 Jahre laufenden Bausparvertrag über 40.000 Euro Darlehenssumme führt das je nach Restlaufzeit zu einem Verlust von mehreren Tausend Euro, so die Zeitung.
Wüstenrot wehrt sich gegen die Vorwürfe. Ziel der Aktion sei es gewesen, Kunden zu beraten, die das Sparziel ihres Bausparvertrags nicht mehr erreichen können, hieß es in einer Mitteilung. Später ruderte die Bausparkasse zurück: Sollte es durch die Beratungen im Einzelfall Umstellungen von Konten gegeben haben, die nicht im Kundeninteresse und auch im Sinne dieses Vorgehens gewesen sind, werde Wüstenrot dies selbstverständlich ohne Einbußen für die Kunden korrigieren, erklärte das Unternehmen.
Nach Einschätzung von Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), würden deutsche Versicherer ihre Kunden derzeit trotz Niedrigzinsumfelds nur in Einzelfällen in neue Verträge drängen. Die seien jedoch ärgerlich, denn Versicherer seien trotz schwacher Renditen "ganz sicher nicht" zu solchen Schritten gezwungen.“ Illegal seien diese Umdeckungsaktionen zum Nachteil der Kunden zwar nicht, allerdings in Bezug auf die geltenden Beratungspflichten fragwürdig und schadeten dem Vertrauensverhältnis zum Kunden. Zudem entstünde ein hohes Schadenersatzrisiko.
Bausparschätzchen schützen
Wann sollte man keinen Bausparvertrag abschließen?
Wenn der Banker beim Finanzierungsgespräch einen Bausparvertrag empfiehlt, um das spätere Anschlussdarlehen mit einem Bausparvertrag zu finanzieren. Denn: Würden die notwendigen Bausparraten in die erhöhte Tilgung das Bankdarlehens fließen, müsste der Zins des Anschlussdarlehens nach zehn Jahren meist bis auf acht Prozent und mehr steigen, damit sich der Bausparvertrag lohnen würde. Nur wer solche hohen Anschlusszinsen erwartet, ist mit einem zusätzlich besparten Bausparvertrag auf der sicheren Seite.
Wenn man innerhalb von zwei oder drei Jahren über den zugeteilten Bausparvertrag verfügen möchte. Dann würde die Rückzahlungsrate so hoch ausfallen, dass man diese Rate kaum tragen kann. Bankdarlehen mit hohen Zinsen sollten schnell und Bausparverträge mit niedrigen Zinsen sollten eigentlich langsam getilgt werden.
Wenn der Banker oder Vertreter keinen Zahlungsplan für die gesamte angedachte Laufzeit des Bausparvertrages liefert und/oder keinen gesamten Effektivzins für Bauspar- und Bankdarlehen nennt. Ein Beispiel zeigt, warum: Das Bankdarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung hat einen Effektivzins von 3,87 Prozent, das Bauspardarlehen einen Effektivzins von 3,78 Prozent. Wer nun vermutet, der gesamte Effektivzins läge bei 3,82 Prozent, der irrt. Tatsächlich ergibt sich ein gesamter Effektivzins von 4,39 Prozent, wenn das Bankdarlehen nach zehn Jahren mit dem Bausparvertrag abgelösten werden soll. Der Grund für die Diskrepanz zwischen Annahme und Realität sind die niedrigen Guthabenzinsen in der Ansparphase.
Ein Bausparvertrag eignet sich hervorragend zum Ansparen von Eigenkapital für ein späteres Bauvorhaben oder zur Bildung von Renovierungsrücklagen. Wer jedoch erst zum Zeitpunkt der Finanzierung einen Bausparvertrag abschließt, und damit später die Bankhypothek ablösen will, zahlt in aller Regel drauf. Quelle: FMH-Finanzberatung e.K.
Schadenersatz müssen sich betroffene Kunden jedoch erst einmal erstreiten. Besser ist es, wenn es erst gar nicht dazu kommt. Wer sich vor Jahren einen Bausparvertrag zugelegt hat, sitzt heute auf einem kleinen Schatz. Die Tarife von damals bringen Spitzenzinsen von vier bis fünf Prozent im Jahr, mit Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage sind sogar über sechs Prozent Rendite drin - eine attraktive Geldanlage im Dauerzinstief. So ein älterer Tarif kann momentan drei- bis viermal so viel Zinsen einspielen wie Festgeld. Für Kunden sind derartige Verträge ein Glücksfall, den sie sich keinesfalls abschwatzen lassen sollten.
Kunden mit solch wertvollen Altverträgen sollten sich von den verlockenden Angeboten der Bausparkassen oder Versicherer daher nicht verführen lassen. Nach Angaben Max Herbst von der unabhängigen Finanzberatung FMH seien zum Beispiel vor Weihnachten Sparer per Post von ihren Anbietern aufgefordert worden, sich jetzt mit ihrem Guthaben langgehegte Wünsche wie ein neues Auto oder eine große Reise zu erfüllen. Sein Rat: Bloß nicht. Wer Geld von seinem Bausparkonto hole, was grundsätzlich jederzeit möglich ist, verzichte auf den Superzins und schneide sich nur ins eigene Fleisch.
Warum sollte ich einen Bausparvertrag abschließen?
Weil die späteren Darlehenszinsen bereits bei Abschluss des Bausparvertrages garantiert werden – selbst wenn das Darlehen erst in 20 Jahren oder später ausgezahlt werden sollte.
Weil Bausparverträge nicht nur bei Bau- oder Kaufvorhaben eingesetzt werden können, sondern auch bei Renovierungen und Modernisierungen.
Weil Bauspardarlehen auch nachrangig im Grundbuch abgesichert werden können, ohne dass dafür – wie bei einem Bankdarlehen – höhere Zinsen anfallen. Voraussetzung ist, dass Bank- und Bauspardarlehen zusammen nicht mehr als 80 Prozent des Beleihungswertes ausmachen. Das entspricht etwa 72 Prozent des Kaufpreises oder Verkehrswertes.
Weil die meisten Bausparkassen Darlehenszinsen zwischen 2,75 und 4,25 Prozent anbieten. Bei einigen wenigen Bauspartarifen liegen die Kreditzinsen bei fünf Prozent, dafür gibt es aber auch drei Prozent an Guthabenzinsen. Sollte die spätere Bankhypothek billiger sein als das Bauspardarlehen, kann man sich problemlos für das Bankdarlehen entscheiden und auf das Bauspardarlehen verzichten. Folglich sind hohe Guthaben- und Darlehenszinsen beim Bausparen nicht unbedingt falsch.
Weil man keine festen Ansparraten hat, solange man den Vertrag nicht an eine Bank abgetreten hat. Man kann die Regelsparrate des Tarifs wählen oder jeden anderen beliebigen Betrag monatlich einbezahlen oder in einzelnen größeren Beträgen sein Bausparguthaben ansparen. Selbst wenn der Bausparvertrag jahrelang nicht bespart wird, schickt die Bausparkasse keine Mahnung.
Weil man noch Wohnungsbauprämie vom Staat bekommt, wenn man als Lediger maximal 25.600 Euro zu versteuerndes Einkommen hat. Die Wohnungsbauprämie wird dem Bausparkonto jedoch nur dann gutgeschrieben, wenn das Guthaben für wohnwirtschaftliche Zwecke verwendet wird. Dazu zählt aber auch die Badrenovierung in einer Mietwohnung oder der Kauf einer neuen Einbauküche.
Wer die oben genannte Einkommensgrenze einhält, erzielt bei der optimalen Sparrate von monatlich 43 Euro nach sieben Jahren Sparzeit eine Rendite von drei bis fünf Prozent – je nach Bausparkasse. Die staatliche Förderung durch die Wohnungsbauprämie beträgt jährlich 45,06 Euro. Das sind 8,8 Prozent auf die maximal geförderte Jahressparrate von 512 Euro. Bei verheirateten Personen verdoppeln sich Einkommenshöhe und Sparrate – die Rendite ist fast identisch.
Wer für seine Kinder oder Enkel sparen will, kann das über einen Bausparvertrag tun. Ist das Kind mindestens 16 Jahre alt, hat es Anspruch auf die Wohnungsbauprämie, ohne dass das geförderte Bausparguthaben später für wohnwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden muss. Voraussetzung ist, dass das Kind bei Vertragsabschluss das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Daraus ergibt sich bei optimaler Bausparhöhe eine garantierte Rendite von bis zu fünf Prozent – ein Wert, der derzeit nur selten erzielt wird.
Weil ein Bausparvertrag zielgerichtetes Sparen fördert. Man kündigt vermutlich kaum einen Bausparvertrag, um eine Urlaubsreise zu machen, da der Bausparvertrag helfen soll, den Wunsch nach einem Eigenheim zu verwirklichen.
Weil man damit später seine Kinder oder Enkelkinder beim Eigenheimbau unterstützen kann. Dazu wählt man eine passende Vertragshöhe, die man bequem besparen und tilgen kann, und stellt später die Bausparsumme den Bauherren zur Verfügung.
Man kann damit das Zinsrisiko beim Anschlussdarlehen absichern. Wer bereits ein Hypothekendarlehen hat, das weder eine Sondertilgung noch eine Tilgungsveränderung während der Zinsfestschreibung erlaubt, kann mit einem Bausparvertrag sein Zinsrisiko beim Anschlussdarlehen reduzieren. Voraussetzung ist, dass der Bausparvertrag zum Ende der Zinsbindung sicher zugeteilt werden wird.
Ein Bausparvertrag eignet sich hervorragend zum Ansparen von Eigenkapital für ein späteres Bauvorhaben oder zur Bildung von Renovierungsrücklagen. Wer jedoch erst zum Zeitpunkt der Finanzierung einen Bausparvertrag abschließt, und damit später die Bankhypothek ablösen will, zahlt in aller Regel drauf. Quelle: FMH.
Vorzeitige Zuteilung vermeiden
Oft dringen Bausparkassen auch auf eine frühzeitige Zuteilung des Altvertrags, vor allem, wenn bereits 40 oder 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme angespart sind. Der Sparer muss die Zuteilung aber nicht annehmen. Er kann unverdrossen weiter einzahlen, wenn er will - und die Spitzenzinsen so lange weiter kassieren, bis die volle Bausparsumme erreicht ist. Und das kann noch Jahre dauern, je nach Einzelfall. Hat die Bausparkasse keine Kündigung geschickt, sollten Kunden so lange wie möglich an ihrem "Kleinod" festhalten, empfiehlt Rüdiger Stumpf von der Zeitschrift "Finanztest.
Nach Ansicht von Herbst wissen viele Sparer gar nicht, wie gut sie mit ihrem hochverzinsten Bausparvertrag dran sind. Vertreter von Bausparkassen probierten deshalb auch, die Kundschaft trickreich zum Umtausch zu bewegen. Finger weg, wenn Sparer selbst kündigen oder den Tarif wechseln sollen, rät Sylvia Beckerle von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Eine bessere Geldanlage komme nicht mehr nach.
Rund um die Jahrtausendwende hatten sich die Bausparkassen mit Top-Zinsen nur so überboten. Wer damals auf eine reine Geldanlage aus war und nicht vor hatte zu bauen, bekam einen dicken Zinsbonus zum Vertragsende versprochen. Außerdem die Rückerstattung der Abschlussgebühr.
Vertrag beitragsfrei stellen, Zinsen sichern
Neuerdings werde allerdings vereinzelt damit gedroht, dass unter bestimmten Bedingungen der einst versprochene Zinsbonus wegfällt, warnt Stumpf. Sein Rat: Hat der Kunde mit Alttarif etwa 85 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht, sollte er die Einzahlungen stoppen und den Vertrag beitragsfrei stellen. Durch den Kniff profitiert er weiter von den Spitzenzinsen und die Gesellschaft kann den Vertrag nicht kündigen.
Ist die Bonuszahlung an eine Extra-Verzichtserklärung auf das Darlehen gekoppelt, dann sollten Sparer diese erst abgeben, kurz bevor sie die Bausparsumme tatsächlich erreicht haben. Ein Blick auf den nächsten Kontoauszug, der im Januar nächsten Jahres nach Hause kommt, kann klären, wie weit der Altvertrag gediehen ist.
Wer bereits eine Kündigung der Bausparkasse bekommen hat, könne wenig dagegen tun, sagt Beckerle. Ist die Bausparsumme erreicht oder gar schon überspart, darf der Vertrag vom Anbieter aus gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von drei Monaten. Wer Unterstützung braucht und nicht weiß, wie er mit einem Schreiben seiner Bausparkasse umgehen soll, kann sich an eine Verbraucherzentrale vor Ort wenden.