Bekenntnisse eines Luxusmaklers „Auch Wohlhabende wollen nicht im Luxusghetto leben“

Andreas Botas Quelle: Daniel Delang für WirtschaftsWoche

Andreas Botas vermittelt seit 30 Jahren Immobilien in Deutschlands nobelsten Lagen an den bayerischen Seen. Jetzt hört er auf – und blickt zurück auf ein Geschäft, das ihm immer weniger Spaß gemacht hat.

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Andreas Botas, Makler. So schlicht steht es in seiner Signatur. Dass dahinter ein bisschen mehr steckt, merkt man spätestens, wenn man ihn besucht.

Botas, 60, residiert in einem Gebäude, dass sich Gut Rösslberg nennt und sich dann als Schlösschen entpuppt, gelegen in der idyllischsten Voralpenlandschaft zwischen Ammersee und Starnberger See. Spätestens da stellt man Botas‘ Ruf als einer der führenden Luxusmakler in Deutschland nicht mehr infrage. Angeblich hat er sogar dem König von Thailand einst ein Grundstück vermittelt. Dazu sagt Botas natürlich nichts.

Ansonsten aber spricht er gern und offen darüber, wie das Geschäft mit den Reichsten der Reichen so läuft – und warum es ihn zunehmend abstößt.

Die meisten Makler residieren dort, wo ihre Kunden oder Objekte sind. Wie kommen Sie zu einem solchen Schlösschen im Nirgendwo?
Diese Immobilie ist mir eher zugefallen, auf familiärem Wege. Aber für mein Geschäft war das immer sehr hilfreich. Meine Kundschaft schätzt die Diskretion, und zu mir können die prominentesten Köpfe kommen, ohne dass die Boulevardpresse es merkt. Außerdem glaube ich sagen zu können: Ich bin der einzige Luxusmakler Deutschlands, der in einem Objekt wohnt, dass er auch verkaufen könnte.

Das heißt: Sie ticken so wie Ihre Kunden.
Das kann man leider nicht mehr so uneingeschränkt sagen. Mir ging es immer darum, dass die Menschen, denen ich hier Immobilien verkaufe, auch in die Gegend passen. Dass sie also wirklich hier wohnen wollen und das Haus am See mit Alpenpanorama für sie nicht bloß ein Statusobjekt ist. Aber das wird leider immer schwieriger.

Warum? Es sind doch wahrscheinlich wirklich einige der schönsten Grundstücke des Landes, die Sie hier verkaufen. Warum sollte man das kaufen und da dann nicht wohnen wollen?
In letzter Zeit sind die Preise schon ein wenig extrem geworden. Und mit den rasant steigenden Preisen hat sich auch das Klientel verändert. Oder, wie man so sagt, es ist schon ein bisschen „geldig“ geworden.

von Konrad Fischer, Thomas Stölzel

Aber günstig war es hier doch noch nie.
Das stimmt. Als in den 1880er Jahren die Bahnanbindung aus München kam, haben die Bauern ihre Seewiesen verkauft. Seitdem ist das eigentlich immer eine sehr teure Gegend gewesen. Aber eben nicht mehr.

Und jetzt?
Um sich heute noch ein freistehendes Haus in Starnberg leisten zu können, reicht es nicht mehr, wenn man im oberen Management eines der Münchner Dax-Konzerne arbeitet. Heute muss man mindestens Vorstand sein.

Aber auch Vorstände können ja nette Menschen sein.
Natürlich, aber das heißt ja leider nicht, dass nur Dax-Vorstände hier kaufen. Die Preise erreichen eine Liga, wo man es fast nur noch mit einer internationalen Geldelite zu tun hat, für die Summen überhaupt keine Rolle mehr spielt. Und die hält sich so ein Haus dann eher als Prestigeobjekt als einer, der es sich als Altersruhesitz kauft. Das kannte ich bisher nur vom Tegernsee.

„Solche Preise verderben am Ende das Landschaftsbild“

Gibt es da Unterschiede zwischen den einzelnen Seen? Bei den Preisen ja wohl kaum.
Trotzdem ist das etwas völlig anderes! Am Tegernsee gibt es alles, was der Jetset liebt: Yachthäfen, noble Restaurants, Boutiquen. Das ist am Starnberger See anders, den muss man eher als Nobelviertel von München betrachten. Hier wird nur gewohnt, zum Essen und Einkaufen fährt man in die Stadt. Deshalb war der See gerade für die Superreichen aus Russland und dem Nahen Osten lange Zeit nicht attraktiv. Ich habe mich manchmal schon selbst geärgert, wenn ich hier mit meinem Boot über den See geschippert bin und keinen Anleger gefunden habe, wo man sich auch mal hinsetzen und was trinken kann. Am ganzen Starnberger See! Ich sage immer: Am Starnberger See treffen sich die Superreichen bei Aldi.

Aber die Langeweile hat quasi für eine angenehme Sozialstruktur gesorgt.
So habe ich das immer wahrgenommen. In Starnberg gibt es immer noch viele Handwerker und normalen Mittelstand, der hier wohnt. Aber jetzt, wo man hier kein Reihenhaus mehr für unter einer Million Euro bekommt, ändert sich das leider.

Der Luxusmakler mit dem Gespür für Ungleichheit.
Man braucht das nicht zu ironisieren. Auch die meisten wohlhabenden Menschen wollen schließlich nicht in einem Luxusghetto leben. Aber das wird es zwangsläufig, und deshalb macht mir das Geschäft auch weniger Spaß heute. Deshalb habe ich mir an meinem 60. Geburtstag überlegt, dass ich aufhöre, solange ich mich noch an meinem Beruf erfreuen kann.

Ein Beruf bleibt Ihnen ja noch: Schlossherr.
Auch den werde ich aber drangeben. Wir verkaufen das Schlösschen, und ziehen in eine Wohnung in der Gegend hier.

Klingt fast, als wollten Sie mit Ihrer Zunft brechen.
Naja, nicht so ganz: An irgendwen muss ich das Schlösschen ja schließlich auch verkaufen. Aber irgendwie ist es schon so. Wie sich das Geschäft in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, ist schon ein bisschen extrem geworden. Ein Beispiel: Ich habe 2007 ein Objekt vermittelt für fünf Millionen Euro. Das ist gerade weiterverkauft worden, für mehr als 20 Millionen!

Aber warum lässt Sie das persönlich zweifeln?
Solche Preise, die verderben am Ende auch das Landschaftsbild an den Seen. Die Leute, die so viel investieren, wollen dann auch 600 Quadratmeter Wohnfläche und betonieren alles zu. Bis sie dann merken, dass sie einsam sind vor lauter Platz. Und dann verkaufen sie wieder.

Zumindest für den Makler lohnt sich diese Spirale.
Genau. Vielleicht ist es auch das, was mir langsam suspekt wird.

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