
Immobilienkäufe sind in Deutschland nach wie vor bei Privatleuten und Investoren gleichermaßen beliebt. Obwohl die Preise für neue und alte Wohnungen und Häuser seit Jahren steigen, beteuern sämtliche Experten, dass keine Immobilienblase zu befürchten sei. Gegen eine Immobilienblase sprach bislang die solide Finanzierungspraxis in Deutschland.
Erst wenn die private Verschuldung für Immobilien überdurchschnittlich stark zunimmt, steigt die Gefahr für gefährliche Übertreibungen am Markt, wie die Subprimekrise in den USA gezeigt hat. Wichtig ist deshalb, dass die Kriterien, welche die Banken bei der Darlehensvergabe anwenden, weiter hoch bleiben. Offenbar ist das bisher der Fall. Eine Umfrage der Bankenaufsicht unter 116 Banken hat das gezeigt.





Vereinzelt sind die Immobilienpreise gefallen
Auch die Tatsache, dass selbst in den begehrten Großstadtlagen mit knappem Angebot die Preise im Winter weniger stark gestiegen sind, spricht gegen eine Blase. Mehr noch: vereinzelt sind die Preise sogar leicht gefallen.
„Die Nachfrage nach Wohnimmobilien hat sich zum Jahresende etwas beruhigt“, sagte noch vor einer Woche Thilo Weigand, Vorstandsvorsitzender von Europace, einer Transaktionsplattform für Immobilienfinanzierungen, die seit 2005 den Hauspreis-Index EPX auf Monatsbasis berechnet. Signale einer Beruhigung gab es demnach bei Bestandsimmobilien. Gebrauchte Ein- und Zweifamilienhäuser wurden im Dezember gegenüber dem Vormonat erstmals seit einem Jahr wieder billiger – allerdings nur um ein knappes halbes Prozent. Auch die Preissteigerungen bei Eigentumswohnungen haben deutlich an Dynamik verloren, im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Preise im Dezember nur noch um zwei Prozent.
Vorbei ist der Immobilienboom damit noch lange nicht. Neubauhäuser waren zum Jahresende im Bundesdurchschnitt mehr als vier Prozent teurer, bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser sogar um fünf Prozent. Auch die Preissteigerungen in den Großstädten haben kaum Tempo eingebüßt – von Hamburg einmal abgesehen. Der Dr.-Klein-Trendindikator, einen quartalsweisen regionalen Immobilienpreisindex, der auf tatsächlich gezahlten Hauspreisen basiert, weist lediglich für Hamburg sinkende Kaufpreise aus. Allerdings beträgt der Rückgang im Schlussquartal 2014 gegenüber dem vorangegangenen Quartal nur 0,1 Prozent. Hamburger Eigentumswohnungen wurden im gleichen Zeitraum 0,9 Prozent billiger.
Preise von Eigentumswohnungen stiegen in Dresden deutlich an
In anderen Großstädten wie Hannover, Berlin oder Dresden setzen sich die Preissteigerungen der vergangenen Jahre weiter fort, in Dresden gewinnen sie bei Eigentumswohnungen sogar deutlich an Fahrt. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Apartmentpreise knapp 6,6 Prozent.
Thilo Weigand erwartet daher noch keine Abkühlung. „Im kommenden Jahr wird sich das Investitionsinteresse auf dem Immobilienmarkt vermutlich noch stärker in die deutschen Großstädte verlagern“, vermutet Weigand. „Das bestehende Zinsniveau leitet weiterhin den Kapitalfluss in Beton-Gold.“ Er erwartet, dass vor allem institutionelle Investoren vermehrt auf dem deutschen Immobilienmarkt auftreten, um von niedrigen Hypothekenzinsen und guten Renditeaussichten zu profitieren. Die Preise dürften demnach weiter in die Höhe klettern.
"Preisblasen werden wahrscheinlicher"
Es gilt als wahrscheinlich, dass ein Großteil der zusätzlichen Liquidität, welche die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren Anleihekäufen in den Markt pumpt, die Vermögenspreise befeuern wird. Zwar gebe es derzeit kein erhöhtes Risiko für eine Preisblase am deutschen Immobilienmarkt, so Bundesbankvorstand Andreas Dombret.
Aber: „Preisblasen werden wahrscheinlicher“, sagt Dombret. Bisher galt das Überhitzungs-Risiko nicht nur aufgrund der soliden Kreditvergabe der Banken als relativ gering. Zumindest ein Teil des Preisanstiegs gilt als Aufholprozess, da die Preisentwicklung davor sehr schwach ausfiel.
Fraglich ist allerdings, wie lange die private Verschuldung für Immobilien noch auf einem normalen Niveau bleibt. Denn dank der frischen Geldschwemme der EZB könnte die Finanzierung der Wunschimmobilie für viele erschwinglicher werden. Da sowohl Miet- als auch Kaufpreise vor allem in den Großstädten immer höher werden, wird der Kauf einer Immobilie im Vergleich wieder attraktiver.





Starke Preissteigerungen in Metropolregionen
Wären da nicht die hohen Kaufpreise. Wer urban wohnen will, muss tief in die Tasche greifen. Eine Untersuchung des Marktforschungsinstituts Empirica für das „Handelsblatt“ zeigt, dass Wohnungspreise im Vergleich zum örtlichen Jahreseinkommen in den vergangenen fünf Jahren um rund ein Drittel teurer geworden sind. Das gilt für die Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart.
Besonders eklatant ist die Schere zwischen Einkommen und Immobilienpreisen in München. Für eine gute 80 Quadratmeter-Wohnung musste das 7,6-fache des ortsüblichen Jahreseinkommens gezahlt werden. Vor fünf Jahren war es nur das 4,9-fache, die Preise sind deutlich schneller gestiegen als die Einkommen.
Immobilien
Auch in Berlin sind hohe Preissteigerungen zu beobachten. Nach Angaben des Kreditinstituts Berlin Hyp und der Immobilienanalysten von CBRE stiegen die Mieten im vergangenen Jahr im Schnitt um 6,6 Prozent – mehr als in Hamburg oder Köln. Das liegt allerdings weiterhin daran, dass das Preisniveau in Berlin insgesamt noch deutlich unter dem in anderen Metropolen liegt, es handelt sich also um einen Aufholeffekt. Insgesamt führen die Preisanstiege aber dazu, dass selbst in Problemvierteln die Mieten für viele kaum noch erschwinglich sind.
Egal ob München oder Berlin, teuer wird es insbesondere in Lagen, in denen Vermögende Immobilien als Kapitalanlage kaufen und damit die Nachfrage treiben. Den Mini-Zinsen sei Dank gilt Betongold in den Augen vieler als einzig verbliebene Anlagealternative zu Aktien. Und das dürfte auch auf absehbare Zeit so bleiben. Um mögliche Überhitzungen zu vermeiden, sollten Banken also bei ihrer strikten Kreditvergabe bleiben.