Bei Wohneigentümergemeinschaften geht es oft um Emotionen. Eine der häufigsten Gefühle im Umgang mit den Nachbarn ist Neid. Wenn ein anderer Eigentümer beispielsweise einen Pool in seinem Garten baut, dann ist der Nachbar, der sich das nicht leisten kann, schnell verärgert. Wenn ihm dann das Gesetz in die Karten spielt, wird er den Bauherrn ausbremsen wollen.
So ähnlich könnte es bei zwei Eigentümern passiert sein, denen jeweils eine Doppelhaushälfte gehörte. Da sie wegen des einheitlichen Grundstücks eine Eigentümergemeinschaft bildeten, waren sie rechtlich voneinander abhängig. Einer der beiden Eigentümer wollte in seinem Garten einen Pool bauen. Laut Gesetz hatte sein Nachbar eigentlich kaum eine andere Chance, als dem zuzustimmen. Deswegen hielt es der Nachbar mit dem Poolwunsch für überflüssig, ihn überhaupt zu fragen. Doch das war ein Fehler.
Denn der Bauherr hatte die Rechnung ohne seinen Nachbarn gemacht. Der stellte sich gegen den Poolbau. Erst der Bundesgerichtshof (BGH) beendete den Rechtsstreit. Der BGH stellte klar, dass in diesem Fall ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft keine überflüssige Formalie sei. Der Bauherr hätte sich mit seinem Nachbarn absprechen und einen formalen Beschluss der Eigentümergemeinschaft einholen müssen, bevor er mit dem Poolbau beginnt (V ZR 140/22).
Projekte wie beispielsweise der Bau eines Pools sind häufig Zankäpfel in Eigentümergemeinschaften. Oliver Fouquet, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht von der Kanzlei KGH in Nürnberg, erklärt im Gespräch mit der WirtschaftsWoche, was aus dem BGH-Urteil für ähnliche Streitfälle folgt.
WirtschaftsWoche: Herr Fouquet, viele Wohneigentümer, die in einer Gemeinschaft organisiert sind, glauben, sie könnten mit ihrer Immobilie machen, was sie wollen. Der BGH sieht das anders.
Oliver Fouquet: Die Richter haben klar gestellt, dass Eigentümer, die ein Anrecht auf Zustimmung zu einer Baumaßnahme haben, dennoch einen Beschluss benötigen. In dem Fall steht dem Bauherrn ein Sondernutzungsrecht für den Garten zu. Dennoch hätte er der Gemeinschaft seine Pläne für den Pool offenlegen und diese um Zustimmung durch Beschluss bitten müssen, so der BGH.
Wenn Bauherrn das nicht tun, was droht ihnen dann?
Die Gemeinschaft könnte die Baumaßnahmen stoppen. Schlimmstenfalls müsste der Bauherr bereits erstellte Bauteile entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Die Kosten müsste der Eigentümer dann alleine tragen.
Das heißt, ich müsste als Eigentümer beispielsweise die für einen Pool ausgehobene Baugrube wieder zuschütten?
Ob sie das als Eigentümer machen müssten, entscheidet letztendlich ein Gericht. Solch eine Maßnahme müssten die übrigen Eigentümer zunächst einklagen. Aber allein ein Baustopp wäre für den Bauherrn ein hohes wirtschaftliches Risiko. Unter Umständen muss der Auftraggeber die Handwerker auch für dann nicht erbrachte Leistungen bezahlen.
Wie lässt sich das vermeiden?
Es ist ratsam, die Wohneigentümergemeinschaft vorab zu informieren und in der Eigentümerversammlung über die geplante Maßnahme abstimmen zu lassen. Handelt es sich um eine Baumaßnahme, der die übrigen Eigentümer zustimmen müssen, ist ein positiver Beschluss zumindest wahrscheinlich.
Was ist, wenn die übrigen Eigentümer nicht der Baumaßnahme zustimmen?
Bei einem negativen Beschluss bleibt dem Bauherrn eine Beschlussersetzungsklage. Ein Gericht entscheidet dann anstelle der Eigentümergemeinschaft. Dieser Beschluss ist dann für alle Eigentümer bindend. Weil ein Gerichtsverfahren sechs bis neun Monate dauern kann, sollte der Eigentümer vorab keine Termine mit Handwerkern vereinbaren.
Die Verträge der Eigentümergemeinschaft wie die Teilungserklärung schließen mitunter bestimmte Baumaßnahmen aus.
Oft regelt eine Teilungserklärung sehr genau, was die Eigentümer in ihrem Garten tun dürfen und was nicht. Das geht von der maximalen Größe einer Gartenlaube bis hin zur Erlaubnis für einen Pool. Eigentümer sollten daher in die Teilungserklärung schauen, bevor sie Bauprojekte planen.
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