Bilanz der Heizperiode Heizung runter, Schimmel rauf: Ein Sparerfolg mit Nebenwirkungen

Quelle: imago images

Die Aufrufe zum Energiesparen waren deutlich. Viele Mieter sind ihnen nachgekommen und haben ihre Heizungen runtergedreht – mit teils unschönen Folgen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die Appelle waren allgegenwärtig. „Ich bitte jeden und jede, jetzt schon einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor gut einem Jahr. „Wenn man Putin ein klein bisschen schaden will, dann spart man Energie“, hieß es an anderer Stelle. Habeck wurde sogar noch konkreter: „Wenn man die Wohnung heizt und abends die Gardinen zuzieht, spart man bis zu fünf Prozent Energie“, so Habeck, Bundesenergieberater im Nebenjob. „Und wenn man die Raumtemperatur um ein Grad senkt, sind es rund sechs Prozent. Das ist vielleicht nicht ganz so gemütlich, aber man friert noch nicht.“

Viele sind den Aufrufen nachgekommen. Offizielle Statistiken deuten darauf hin, dass beispielsweise Privathaushalte in den meisten Wochen dieser Heizperiode 10 bis 20 Prozent weniger Gas verbraucht haben als sonst, jeweils bei vergleichbaren Temperaturen.

Heizung runterdrehen: „Keine geeignete Sparmethode“

Ein Sparerfolg, der offenbar Nebenwirkungen hatte. „In diesem Winter hatten wir es leider mit unverhältnismäßig vielen Fällen an Schimmelbildung in den Wohnungen zu tun“, heißt es etwa bei der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892. Sie vermietet in der Hauptstadt knapp 7000 Wohnungen. Die Genossenschaft führt den vermehrten Schimmelbefall direkt auf die Energiesparbemühungen zurück. Die Heizungen seien runtergedreht, die Temperaturen in den Wohnungen gesenkt worden. 

„Das Absenken um ein paar Grad stellt grundsätzlich kein Problem dar, aber alles muss Grenzen haben. Gar nicht heizen in Kombination mit geschlossenen Fenstern, damit die Restwärme nicht entweicht, ist keine geeignete Sparmethode“, schreibt die Genossenschaft in ihrer Mitgliederzeitschrift an die eigenen Bewohner.

Die neuen Pläne der Ampelkoalition rund um den Austausch von Öl- oder Gasheizungen werfen viele Fragen auf. Wir haben einige Leserfragen gesammelt und von Experten beantworten lassen.
von Niklas Hoyer

Es klingt nach Standpauke. Und die hat Gründe: So seien in der aktuellen Heizperiode 235 Schimmelbeseitigungen beauftragt worden, berichtet Thorsten Schmitt, Vorstand der Genossenschaft. Das war ein Anstieg um 57 Prozent zur Heizperiode zuvor. Rein rechnerisch entfiel etwa auf jede 30. Wohnung im Bestand ein solcher Auftrag. Der Genossenschaft seien so in diesem Winter bislang Kosten von rund 63.000 Euro für Schimmelbeseitigung entstanden.

Ein Einzelfall? Offenbar nicht. So berichtet etwa auch Hamburgs größter Vermieter, das kommunale Wohnungsunternehmen SAGA, von einer „leicht erhöhten Anzahl von gemeldeter Schimmelbildung in Wohnungen aufgrund falschen Heiz- und Lüftungsverhaltens der Mieterinnen und Mieter“.

SAGA hält knapp 140.000 Wohnungen im Bestand, fast ausschließlich in der Hansestadt. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben versucht, das absehbare Problem zu vermeiden: So sei im vergangenen Sommer eine umfassende Informationskampagne gestartet worden. Die Hauswarte und Hausbetreuer seien zu „Energieberatern“ weitergebildet geworden. So sollte Energie eingespart werden, Nachzahlungen sollten gesenkt und Gebäudeschäden sowie Schimmelbildung vermieden werden.

Ganz geklappt hat das offensichtlich nicht. Trotzdem will der Vermieter nicht nachtragend sein: SAGA übernehme die Kosten der Schimmelbeseitigung in der Regel aus Kulanz, wenn die Mieterinnen und Mieter mitwirkten.

Fossile Heizungen sollen klimafreundlichen Anlagen weichen. Für wen Wärmepumpe, Pelletheizung oder Fernwärme infrage kommen – und für wen sich welche Technik besonders lohnt.
von Henrike Adamsen

„Die Spareuphorie war sehr groß“

Auch John Bothe, Geschäftsführer beim Immobilienunternehmen Silberlake, beobachtet eine Zunahme von Schimmelproblemen. Er verwaltet rund 1000 eigene und 20.000 fremde Wohnungen. Im eigenen Bestand sieht er keine zunehmenden Schimmelprobleme, ein genereller Anstieg sei „im Zuge der Energiesparbemühungen“ aber zu beobachten. „Beim Absenken der Temperatur unter 18 Grad droht eine starke Zunahme der Schimmelgefahr“, so Bothe. „Die Spareuphorie war dieses Jahr sehr hoch – das schlägt sich leider in erhöhter Schimmelproblematik nieder.“

Einige Großvermieter beobachten hingegen keine solchen Nebeneffekte der Energiesparbemühungen. So berichtet Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen Vonovia, mit rund 550.000 Wohnungen, sogar von deutlich weniger Schimmelmeldungen als in der Heizperiode zuvor. Laut Vonovia liegt das „an unseren umfassenden energetischen Sanierungen und dem insgesamt guten Zustand unserer Bestände, anderseits an unserem Kundenservice“. 

Tipps für die Hausbesichtigung

Auch hier hatte es gezielte Informationen zum richtigen Heizen und Lüften gegeben. Eines der größten Wohnungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen, Vivawest, mit rund 120.000 Wohnungen, stellt „keine spürbaren Veränderungen“ fest. Trotz der gestiegenen Energiepreise seien nicht mehr Schimmelschäden gemeldet worden.

Damit das in Zukunft auch bei den Wohnungen der 1892 gelingt, versucht die Genossenschaft sich nun an Tipps und Aufklärung. Schon ein Vier-Personen-Haushalt produziere pro Tag rund zwölf Liter Luftfeuchtigkeit, durch Duschen, Waschen und Kochen etwa. „Diese muss durch regelmäßiges und ausreichendes Lüften abgeführt werden, sonst bildet sie einen Nährboden für Schimmel“, schreibt die Genossenschaft in ihrer Mitgliederzeitschrift. 

Gehälter „In Unternehmen macht sich eine Vollkaskomentalität breit“

In deutschen Unternehmen herrscht ein verqueres Leistungsdenken, sagt Interimsmanager Ulvi Aydin. Er schlägt vor, den Teamgedanken zu hinterfragen – und High Performern mehr zu zahlen als ihren Chefs.

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

Baufinanzierung Sollte ich auch günstige Kredite schnell tilgen?

Die Zeiten niedriger Zinsen sind vorbei. Was heißt das für Kreditnehmer, deren Immobiliendarlehen einen niedrigen Zins hat? Sollen sie bei Geldzufluss trotzdem maximal viel tilgen?

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Die Faustregel laute: Immer dann lüften, wenn die Außenluft trockener als die Innenluft ist. Ein komplettes Weglüften sei allerdings nicht möglich. Von daher müsse auch das Heizverhalten stimmen. „Sonst kühlen die Wände zu stark aus und die Feuchtigkeit kondensiert darauf.“ Würden dosiertes Heizen und regelmäßiges Lüften kombiniert, sei das ideal, „denn frische Luft erwärmt sich viel besser als abgestandene“.

Lesen Sie auch: So verringern Sie Ihren persönlichen Energieverbrauch

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%