ECE-Managerin Fisher „Die Insolvenzen bereiten uns Sorgen“

Quelle: imago images

Joanna Fisher, Geschäftsführerin für Shoppingcenter beim Projektentwickler ECE, erklärt, warum Einkaufszentren trotz Corona und Digitalisierung eine Zukunft haben, sich deren Neubau für Investoren aber nicht lohnt.

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WirtschaftsWoche: Frau Fisher, bis jetzt haben Inhaber von insgesamt 400 Geschäften in deutschen ECE-Einkaufszentren Insolvenz angemeldet, im Verlauf der Covid-19-Pandemie könnten es noch deutlich mehr werden. Wie schwer wird es für die Shopping-Center?
Joanna Fisher: Zunächst mal geht es um 400 von insgesamt rund 20.000 Geschäften in unseren Centern, also einen Bruchteil. Es wird sicherlich auch noch zu weiteren Insolvenzen kommen und natürlich bereitet uns das Sorgen. Wir erwarten aber keine größere Insolvenzwelle, die zum kompletten Verschwinden von Retail-Unternehmen führt, sondern vielmehr eine Anpassung der Strukturen und Standorte bei den betroffenen Unternehmen. Wir führen dabei mit den betroffenen Mietern intensive Gespräche, um gemeinsam Lösungen zu finden, wie wir in diesen Fällen möglichst viele der Geschäfte erhalten können. Eine Insolvenz bedeutet ja nicht, dass die Geschäfte schließen, sondern ist erstmal eine Chance, sich neu aufzustellen.

Können Sie Beispiele nennen?
Wir konnten zum Beispiel neun der insgesamt 13 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof in den von der ECE gemanagten Centern erhalten. Auch bei einigen großen Modefilialisten ist es uns gelungen, oftmals alle, zumindest aber einen sehr großen Teil der Filialen in den Centern zu erhalten.

von Saskia Littmann, Lukas Zdrzalek, Rüdiger Kiani-Kreß, Cornelius Welp

Aktuell läuft das für den Einzelhandel wichtigste vierte Quartal. Rechnen Sie mit einem guten Weihnachtsgeschäft?
Die Frequenzen haben sich gut erholt, an vielen Standorten liegen unsere Besucherzahlen schon wieder bei bis zu 90 Prozent des Vorjahres oder sogar darüber. Während Dienstleister und Gastronomie immer noch deutlich weniger umsetzen als im Vorjahr, entwickeln sich andere Branchen wie Lebensmittel, Drogerie, Gesundheit oder Sportartikel besser. Hilfreich für den Handel wäre, wenn die Geschäfte und Center in der Vorweihnachtszeit auch am Sonntag öffnen dürften. Das würde zugleich auch die Frequenzen entzerren, wäre also im Sinne der Pandemie-Prävention.

Der Einzelhandel hatte es ja auch schon vor Corona schwer. Trotzdem glauben Sie weiter an die Zukunft des Einkaufszentrums. Warum?
Jede Krise führt auch zu notwendigen und wichtigen Veränderungen. Wichtig ist, auf diese Veränderungen zu reagieren, um gestärkt daraus hervorzugehen. Einkaufszentren sind lebendige Marktplätze, die sehr flexibel sind und sich seit jeher den veränderten Kundenwünschen anpassen. In Zukunft wird das bestehende Angebot noch stärker erweitert werden müssen, zum Beispiel durch Beauty- und Spa-Konzepte, Dentallabore oder Entertainment-Angebote. Dann werden Shopping-Center auch in Zukunft erfolgreich sein.


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Trotzdem hat die ECE schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie beschlossen, keine Einkaufszentren mehr zu entwickeln. Warum?
Das Mietniveau ist in den letzten Jahren eher gesunken. Hinzu kommen die Baukosten, die stetig gestiegen sind. Dadurch ist zumindest der Neubau von Einkaufszentren für Investoren meist nicht mehr attraktiv.

Liegt das auch daran, dass Finanzierungen ausfallen und Banken neue Projekte deshalb nicht mehr finanzieren wollen?
In der Regel sind die Objekte sehr langfristig finanziert und es sind auch keine Finanzierungen ausgefallen. Wir merken aber, dass viele Banken genauer hinschauen und beispielsweise die Governance-Anforderungen steigen. Das ist aber völlig normal in einer solchen Phase, zumal die Konditionen für Finanzierungen nach wie vor sehr gut sind.

Mehr zum Thema: Leere Büros, geschlossene Hotels, verödete Einkaufszentren: Der Markt steht wegen Corona vor einem massiven Preiseinbruch – und viele Fondsanleger könnten Geld verlieren.

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