Empirica-Chef Reiner Braun „Für junge Käufer sind Erbbau-Immobilien ein schlechtes Geschäft“

Quelle: imago images

Erbbauimmobilien gelten als eine günstige Einstiegschance für Käufer mit wenig Eigenkapital. Doch Empirica-Chef Braun warnt vor den langfristigen Kosten.

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Reiner Braun beobachtet für das Berliner Immobilienunternehmen Empirica die Entwicklungen am Häuser- und Wohnungsmarkt. Im Interview erklärt er, was Hausbesitzer in spe über Erbbauimmobilien wissen müssen.

WirtschaftsWoche: Herr Braun, beim Erbbaurecht kaufen Verbraucher ein Haus ohne Grundstück. Die Immobilie ist entsprechend günstiger – ist das die Chance für Hauskäufer ohne viel Eigenkapital?
Reiner Braun: Ja, das Erbbaurecht gilt als Einstiegschance für Menschen mit wenig Eigenkapital. Das ist beim Immobilienerwerb nämlich die größte Hürde. Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte, sollte 20 Prozent vom Kaufpreis und die Kaufnebenkosten in Höhe von etwa zehn Prozent schon mitbringen. Bei einer typischen Immobilie von 400.000 Euro wären das mal eben 120.000 Euro, die die Käufer schon angespart haben müssen. Und welches junge Paar hat das schon? Beim Erbbaurecht entfallen die Kosten fürs Grundstück logischerweise. Und das kann den Kaufpreis um gut ein Viertel des Preises drücken.

Beim Erbbaurecht verlangt der Pächter einen Zins für die Nutzung des Grundstücks. Was bedeutet das für die laufenden Kosten?
Der Erbbauzins liegt bei bis zu sechs Prozent im Jahr – je nachdem, wie der Vertrag mit dem Pachtgeber ausgestaltet ist. Das sind mehrere hundert Euro im Monat, die der normale Hauskäufer nicht stemmen muss. Er muss stattdessen zwar für Tilgung und Zinsen für das Grundstück aufkommen, das sind derzeit zusammen aber meist nur etwa 4 Prozent.

Nach 20 bis 30 Jahren haben Immobilienbesitzer in der Regel ihre Schuld abgezahlt. Sie haben dann kaum noch Wohnkosten. Den Vorteil haben Erbbaukäufer nicht.
Genau. Für junge Käufer sind Erbbauimmobilien ein schlechtes Geschäft. Sie wollen ja 40, 50 Jahre dort leben und müssen den Erbbauzins weiterhin zahlen. Der Erbbaukäufer bekommt zudem eine weniger gute Altersvorsorge und hat eine höhere und ewige monatliche Belastung. Andererseits hätten sie sich das Haus womöglich sonst nicht leisten können.

Reiner Braun ist Vorsitzender des Immobiliendienstleisters Empirica.

Das Grundstück macht einen erheblichen Teil beim Wert der Immobilie aus. Gewähren die Banken überhaupt Kredite für solche Objekte?
Das ist schwieriger als bei normalen Finanzierungen. Schließlich erhalten die Bank weniger Sicherheiten für ihr Darlehen. Erbbaukäufer bekommen von den Banken meist schlechtere Konditionen. Vor allem, wenn die Restlaufzeit des Erbpachtvertrages kurz ist.

Die anfänglichen Vorteile werden also bei der Finanzierung durchkreuzt?
Das kann passieren, ja.

Das Erbbaurecht ist an gewisse Laufzeiten geknüpft – zum Beispiel 99 Jahre. Was ist, wenn die Restlaufzeit erlischt?
Dann wird in der Regel neu verhandelt. Trotzdem: Wenn die Restlaufzeit nur noch zehn Jahre beträgt, dann sollten Käufer die Finger von dem Objekt lassen. Wenn der Vertrag nicht verlängert wird, muss der Hausbesitzer ausziehen – das Grundstück gehört ja nicht ihm. Dafür wird er dann finanziell entschädigt, in der Regel mit 75 Prozent des Verkehrswerts. Sowas kann passieren. Der Bundesbahn gehören beispielsweise viele Erbbaugrundstücke. Wenn die dort plötzlich den ÖPNV ausbauen will, könnte das für die Hausbesitzer problematisch werden.

Erbbaukäufer schließen einen Vertrag mit dem Grundstückspächter. Worauf müssen sie dabei achten?
Der Erbpachtzins ist individuell und kann nach Ende der Restlaufzeit genauso angepasst werden wie der Bodenwert als Bemessungsgrundlage. Käufer müssen daher damit rechnen, dass die Belastung dann steigt. Anders als beim herkömmlichen Hauskauf können Erbbaukäufer auf dem Grundstück zudem nicht tun, was sie wollen. Wenn sie beispielsweise einen Anbau planen, brauchen sie meistens die Genehmigung des Pachtgebers.

Welche Probleme können beim Wiederverkauf einer Erbbauimmobilie auftreten?
Erbbauimmobilien können schnell an Wert verlieren, weil die Restlaufzeit seit dem Einzug natürlich gesunken ist.

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Unterm Strich eignen sich Erbbauimmobilien also weniger als Wertanlage?
Definitiv, Erbpachtimmobilien sind die schlechtere Wertanlage. Wenn der Wert einer Immobilie steigt, ist das in der Regel aufs Grundstück zurückzuführen. Deren Preise haben sich in den letzten Jahren verfünffacht, in Berlin sogar verzwanzigfacht. Klar ist es besser, wenn einem Haus und Grundstück gehören Trotzdem: Erbpacht ist besser als mieten. Auch Erbpacht-Eigentümer haben bei gleichem Einkommen ein vielfach höheres Vermögen als Mieter.

Mehr zum Thema: Im Immobilienboom suchen Kaufwillige nach bezahlbaren Optionen. Eine davon: Erbpacht. Dabei erwerben Käufer nur ein Haus, nicht das Grundstück. Das senkt die Kosten – kurzfristig.

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