Energetische Gebäudesanierung „Da ansetzen, wo ohnehin saniert werden muss“

Christian Stolte Quelle: PR

Christian Stolte, Dena-Manager, fordert mehr wirtschaftliche Anreize für Vermieter, um zu dämmen und will mit seriellem Sanieren die Baukosten senken.

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Herr Stolte, die Dena macht sich fürs Dämmen von Wohnhäusern stark. Wie wohnen Sie privat?
Wir wohnen am Stadtrand von Berlin in einem Altbau von 1929. Wir sanieren Stück für Stück. Vor acht Jahren haben wir die Heizung ausgetauscht und eine Solaranlage eingebaut, vor drei Jahren kamen neue Passivhausfenster rein. Das nächste Projekt ist die Dämmung der Nord- und Ostseite des Hauses.

Das Klimapaket der Bundesregierung fördert auch das Sanieren von Altbauten. Welche Fördermaßnahme hat den größten Effekt?
Erstmals können private Hauseigentümer Sanierungskosten von ihrer Steuerschuld abziehen.

Warum ist das so wichtig?
Damit erreichen sie auch Immobilienbesitzer, die ausreichend Eigenmittel haben und keine zinsverbilligten Kredite benötigen. Steuern zu sparen, hat in Deutschland eine hohe Anziehungskraft. 

Viele Studien, die Argumente dafür lieferten, dass energetische Sanierungen wirtschaftlich sind, beruhten auf stark steigenden Energiepreisen. Tatsächlich ist Heizen günstiger als vorhergesagt.
Die Dena wurde 2008 gedrängt, ihre Prognosen für die Entwicklung der Energiepreise deutlich anzuheben. Wir haben das nicht getan. Für private Hauseigentümer ist die Heizkostenersparnis meist nicht das ausschlaggebende Argument, um zu sanieren. Es geht ihnen primär um Modernisierung und Wohnkomfort.

Das mag für Selbstnutzer gelten. Vermieter müssen jedoch schauen, dass sich ihre Investition rechnet. Mit einem Mietendeckel wird sich das kaum rentieren.
Wir müssen daher das preiswerte, serielle Sanieren mit Fertigteilen fördern, nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Baukosten. Wir arbeiten bereits an einem solchen Konzept. Die Bundesregierung will dafür ein neues Förderprogramm auflegen.

Hauseigentümern wird teilweise das Recht abgesprochen, mit der Vermietung Geld zu verdienen. Warum sollten sie ins Dämmen investieren?
Der Staat muss die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten verbessern, um den wirtschaftlichen Anreiz zu erhöhen. Bisher müssen Vermieter ihre Investitionen über 50 Jahre abschreiben. Der Zeitraum sollte kürzer sein oder die Abschreibungsraten in den ersten Jahren höher.

Nach energetischen Sanierungen steigen die Mieten oft sprunghaft. Das führt zu Konflikten zwischen Mietern und Vermietern.
In Berlin steigen die Mieten aber nicht, weil so viel saniert würde. Dann müssten in der Hauptstadt massenhaft energieeffiziente Wohnungen entstehen. Das ist jedoch nicht der Fall. Tatsächlich werden auch zu wenig Wohnungen gebaut. Die Investitionen müssen letztlich von Staat, Vermieter und Mieter anteilig getragen werden.

Aus Sicht der Mieter rechnet sich das Dämmen jedoch oft nicht, weil die Mieten stärker steigen als die Heizkosten.
Die Sanierung sollte bei den Bauteilen ansetzen, die ohnehin saniert werden müssen. Das reduziert den Aufwand. Und wenn wir die energetische Sanierung ausschließlich auf die Wirtschaftlichkeit zuschneiden, verlieren wir andere wichtige Kriterien aus dem Blick.

Welche meinen Sie?
Den nachhaltigen Werterhalt der Bausubstanz der Immobilie, die Behaglichkeit und den Wohnwert. 

Um die Klimaziele der Bundesregierung für Wohngebäude zu erreichen, müsste sich die jährliche Sanierungsrate verdoppeln.
Allein mit Dämmen lassen sich diese Klimaziele nicht erreichen. Wir senken zwar den Energieverbrauch, aber der Anteil fossiler Brennstoffe ist nach wie vor zu hoch. Erst wenn deutlich mehr Wärme aus erneuerbaren Quellen kommt, werden wir die Klimaziele erreichen.

Mit Solar- oder Windstrom zu heizen, wäre aber nicht effizient.
Die Energie aus Wind und Strom sollten wir nutzen, um Wärmepumpen zu betreiben. Gleichzeitig müssen wir auch flüssige oder gasförmige Brennstoffe auf Basis erneuerbarer Energien erzeugen. Mit denen lassen sich Heizungen klimafreundlich betreiben. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik.

Viele Hausbesitzer verzichten aufs Dämmen, weil sie Schimmel befürchten oder sich keinen Sondermüll an die Fassade kleben wollen.
Die giftigen Flammschutzmittel für Polystyrol-Dämmplatten sind inzwischen verboten. Schimmel entsteht dort, wo sich auf kühlen ungedämmten Innenwänden Feuchtigkeit niederschlägt und kein Luftaustausch stattfindet. In einem gedämmten Haus mit ausreichender Lüftung sinkt das Schimmelrisiko sogar.

Dämmbefürworter argumentieren mit den geringeren CO2-Emissionen sanierter Häuser. Sie verschweigen aber, dass die Produktion von Dämmstoffen auch CO2 freisetzt.
Wenn die Produktion mehr Energie verbrauchen würde als Heizkosten eingespart werden, wäre die Sanierung unsinnig. Aber so ist es bei weitem nicht. Gemessen am Energieverbrauch haben sich die meisten Dämmstoffe in weniger als zwei Jahren amortisiert. Was die CO2-Bilanzierung angeht, stehen wir noch am Anfang. Bisher sind die CO2-Emissionen der Produktion nicht in den Energiesparverordnungen integriert. Der Staat könnte klimafreundliche Produkte stärker fördern.

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