Die SPD geht in ihrer Stellungnahme zu den Wahlprüfsteinen hingegen davon aus, dass 95 Prozent des Gebäudebestandes nach den ihr vorliegenden Zahlen teilsaniert und damit nicht in so drastisch schlechtem Zustand seien, wie oftmals angenommen. Um die Sanierungsquote bis 2020 auf jährlich zwei Prozent des Gebäudebestandes zu verdoppeln, bedürfe es einer angemessenen finanziellen Förderung sowie der Konzentration auf kleinteilige Maßnahmen anstelle der hohen Anforderungen an das Gesamtgebäude. "Da die Einsparungen an Energiekosten nie die nötigen Investitionen - auch nicht langfristig - amortisieren, müssen wir die richtigen Förderinstrumente als Ausgleich und Entlastung bereitstellen." Eine qualifizierte Beratung soll dafür sorgen, dass sich die Sanierung nicht nur an energetischer Einsparung, sondern auch an den finanziellen und lebenswirklichen Bedingungen des Einzelnen und der Wohngegend orientiert - und damit an den effizientesten Maßnahmen anstelle der maximal möglichen und teuersten.
Das klingt nach energetischer Sanierung mit Außenmaß, Sachverstand und scharfem Wirtschaftlichkeitskalkül. Stand bisher die Komplettsanierung im Fokus von Fachleuten und Politik, scheint sich der Blickwinkel nun auch auf die ersten Schritte einer energetischen Gebäudesanierung auszuweiten. Diese Betrachtungsweise ist sicherlich praxisnäher, birgt jedoch die Schwierigkeit, dass der Beratungsaufwand zunimmt und die Vorausberechnung der erzielbaren Einspareffekte mit noch mehr Ungenauigkeiten behaftet ist.
Bekannten Dämmkritikern wie dem fränkischen Architekten Konrad Fischer oder Norbert Deul von der Schutzgemeinschaft für Wohnungseigentümer und Mieter geht das nicht weit genug. Sie halten Wärmedämmung und Energiesparfenster grundsätzlich für ineffektiv und fürchten, dass Hausbesitzer und Mieter die Kosten für die teuren Sanierungen tragen müssen, ohne dass dem jemals eine Energieersparnis in vergleichbarer Höhe gegenübersteht. Sie plädieren dafür, die ganzen Vorschriften für Sanierungswillige, wie sie in der Energie-Einsparverordnung festgelegt sind, zu streichen und alles dem gesunden Eigeninteresse der Immobilienbesitzer nach geringeren Energiekosten zu überlassen.
Christian Stolte, Bereichsleiter "Energieeffiziente Gebäude" bei der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin - die sich als halbstaatliche Institution als Kompetenzzentrum für Energieeffizienz, erneuerbare Energien und intelligente Energiesysteme versteht und als Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft agiert - hält einen Zwang zur energetischen Gebäudesanierung ebenfalls für den falschen Weg. "Eigentümern liegt ihr Gebäude doch am Herzen", sagt Stolte. "Information und die richtigen Anreize sind die wesentlich erfolgreicheren Instrumente. Die Förderprogramme der KfW sind zwar gut, müssen aber weiter ausgebaut werden. Zudem halte ich steuerliche Anreize zur energetischen Sanierung für besonders wichtig."