Energieversorgung Brennstoffzellen im Eigenheim

In Japan sind die ersten Brennstoffzellen für den Hausgebrauch auf dem Markt. Auch in Deutschland ist ein Förderprogramm gestartet, damit die Minikraftwerke in Eigenheimen installiert werden.

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grafik brennstoffzellen

Nicht, dass Toshiki Shimizu besonders gerne Kaffee tränke – als Japaner bevorzugt er Tee. Von der „teuersten Kaffeemaschine der Welt“ erzählt er trotzdem gern. Shimizu ist bei Japans High-Tech-Konzern Panasonic zuständig für Brennstoffzellen, die das Unternehmen als neuartige Minikraftwerke für den Hausgebrauch anbietet.

Die ersten Brennstoffzellen-Prototypen, erinnert sich Shimizu, haben statt viel Strom vor allem heißes Wasser produziert. „Die Entwickler haben damit Kaffee gekocht“, sagt er schmunzelnd: „Gemessen an unserem Forschungsaufwand, war der natürlich unbezahlbar.“

Inzwischen produzieren Shimizu und sein Team Heißgetränke längst wieder mit Wasserkocher und Kaffeemaschine. Doch jetzt liefern Brennstoffzellen den Strom. Und das nicht mehr nur in Panasonics Labor in Kusatsu, nahe der Konzernzentrale bei Osaka. Dem Forschungsstadium nämlich sind die kombinierten Strom- und Wärmeerzeuger entwachsen.

Im vergangenen Sommer hat Panasonic, gemeinsam mit den Partnern Toshiba und Eneos, in Japan erste serienreife Brennstoffzellen-Systeme für Einfamilienhäuser auf den Markt gebracht. „Die Nachfrage ist mehr als doppelt so groß wie erwartet“, sagt Shimizu. Ein halbes Jahr nach dem Start versorgen Brennstoffzellen bereits mehrere Tausend Haushalte mit Energie. Die Leitung zum Stromversorger ist nur noch Ausweichlösung.

Revolution im Energiemarkt

Auch wenn die Geräte vorerst nur in Japan vertrieben werden – für das weltweite Geschäft mit der Strom- und Wärmeversorgung von Haushalten bedeuten die neuen Brennstoffzellen eine Revolution. Neben der Solarenergie erwächst den Stromkonzernen mit der Brennstoffzellen-Technik im Haus ein weiterer Konkurrent, der den Markt verändern und den durch Blockheizkraftwerke und Erdwärme forcierten Trend zur dezentralen Energieerzeugung noch beschleunigen wird.

Umso mehr, als Brennstoffzellen so etwas wie die Alleskönner der Energieversorgung von Wohn- und Geschäftshäusern sind. Denn die universelle Zelle erzeugt nicht nur Strom, sondern zugleich Wärme und warmes Wasser (siehe Grafik). Im Idealfall fällt so nicht nur der Anschluss an das öffentliche Stromnetz weg, sondern auch die Gas- oder Ölheizung sowie der Warmwasserboiler. Die japanischen Systeme speichern Abwärme und Warmwasser in einem Isoliertank, den Strom puffert ein Lithium-Ionen-Akku.

Kern der Anlage aber ist der sogenannte Stack. In diesem Bauteil verbinden sich in einem chemischen Prozess Sauerstoff und Wasserstoff, wobei Wasser, Wärme und elektrischer Strom entstehen. Und zwar ohne die in Kraftwerken erforderliche, verlustreiche Umwandlung von Dampf in Strom mit Generatoren. Statt Wasserstoff kann – wie in den japanischen Brennstoffzellen – auch Erdgas als Energiequelle dienen.

Dann wird zwar zusätzlich Kohlendioxid frei. Doch weil die Zellen bis zu 95 Prozent der eingesetzten Energie in Strom und Wärme umwandeln, sind die Systeme wesentlich effizienter »» und umweltverträglicher als die Kombination aus Kraftwerksstrom und dem herkömmlichen Heizkessel im Keller.

Nach Berechnungen des japanischen Innovationsministeriums liegt der CO2- Ausstoß von Brennstoffzellen bei gleicher elektrischer Leistung rund ein Drittel unter dem von Kraftwerksstrom, weil Abwärme-, Umwandlungs- und Übertragungsverluste wegfallen. Der Ausstoß von Stickoxiden sinkt gar um 60 bis 90 Prozent.

Unerfüllte Hoffnungen

Wie Brennstoffzellen funktionieren, hat der badische Chemiker Christian Friedrich Schönbein bereits 1838 entdeckt. „Die Idee ist genial, die Materie aber enorm komplex“, sagt Klaus Preiser, Chef des auf dezentrale Energieversorgung spezialisierten Versorgers Badenova Wärmeplus aus Freiburg. Weder Betriebssicherheit noch Lebensdauer der Zellen konnten bisher mit der etablierten Strom- und Wärmeerzeugung gleichziehen, sagt er. Sein Unternehmen betreibt ein Testzentrum für alternative Versorgungstechniken. „Die großen Erwartungen haben die Brennstoffzellen bisher nicht erfüllt.“

Ebenso hoffnungs- wie neidvoll blicken deutsche Brennstoffzellen-Entwickler daher auf die Serienfertigung in Japan. „Das -beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Peter Beckhaus, stell-vertretender wissenschaftlicher Leiter beim Zentrum für BrennstoffzellenTechnik ZBT in Duisburg.

Ähnlich urteilt Joachim Berg, Entwicklungschef für Kraft-Wärme-Kopplung beim Remscheider Heiztechnikproduzenten Vaillant: „Dass auch außerhalb Europas Märkte für die Technik entstehen, ist positiv.“ Direkte Konkurrenz sei der Marktstart in Japan nicht, ergänzt Guido Gummert, Chef des Hamburger Brennstoffzellen-Experten Baxi Innotech. „Zu unterschiedlich sind Märkte und technische Vorgaben, als dass Anbieter aus Japan bald bei uns auftreten.“

Panasonic-Logo in Tokyo. Die Quelle: AP

Entscheidender Grund für den Vorsprung der Asiaten ist nach Einschätzung von ZBT-Fachmann Beckhaus ein Zusammenspiel von staatlicher Forschungsförderung und unternehmerischer Entwicklungskooperation in Japan, „von dem wir in Deutschland nur träumen können“. Wie bei der Mikroelektronik habe der Staat auch die Brennstoffzellen-Technik als strategisches Wachstumsfeld identifiziert und die Technologieführer zur Zusammenarbeit verpflichtet. „Das ist der erprobte Ansatz, die Voraussetzungen für die Markteinführung einer neuen Technik gemeinsam zu schaffen und erst danach in den Wettbewerb zu treten.“

Ein Konzept, das in Deutschland bisher wenig erfolgreich ist. Hersteller und Zulieferer von Brennstoffzellen-Systemen versuchten zwar, branchenweite Entwicklungsziele und Basisspezifikationen für Kernkomponenten zu definieren, sagt Baxi-Innotech-Chef Gummert. „Viel erreicht hat man jedoch noch nicht.“

Förderprogramm Callux soll Durchbruch bringen

Den Durchbruch zur Marktreife in Deutschland soll nun das seit Herbst 2008 laufende, 90-Millionen-Euro-Förderprogramm Callux bringen. Bis Ende 2012 wollen Bundesbauministerium, Geräteproduzenten und die Energieversorger EnBW, E.On Ruhrgas, EWE, MVV Energie und VNG 800 Brenstoffzellen-Systeme in deutschen Wohnhäusern installieren. „2013 soll die Technik dann auch bei uns serienreif sein“, hofft ZBT-Experte Beckhaus. Denn es geht um einen lukrativen Markt: Jedes Jahr müssen in rund einer Viertelmillion deutschen Einfamilienhäusern neue Heizungen installiert oder alte ersetzt werden.

„Mit Callux macht die Technik den überfälligen Schritt aus dem Labor in den Feldtest unter Realbedingungen“, sagt Badenova-Experte Preiser. Neben der Alltagstauglichkeit müsse die Technik aber auch billiger werden. Das bei Badenova installierte und noch als Einzelstück gefertigte Testsystem mit einem Kilowatt elektrischer Leistung habe 70 000 Euro gekostet. „Um konkurrenzfähig zu werden, muss der Preis um den Faktor zehn runter“, sagt Preiser. 7000 Euro also.

Davon sind auch die Japaner noch weit entfernt. Dank staatlicher Fördermittel von umgerechnet 10 000 Euro pro Kunde kosten Ein-Kilowatt-Anlagen derzeit rund 15 000 Euro. Obwohl sie mehr Gas verbrauchen, sollen sich die Brennstoffzellen für einen Vier-Personen-Haushalt in acht bis zehn Jahren durch Ersparnisse beim Stromverbrauch amortisieren.

900 Euro Ersparnis im Jahr

Auch wenn Strom hierzulande billiger und Gas teurer ist als in Japan, können sich Brennstoffzellen auch in Deutschland rentieren: Laut einer Referenzrechnung könnten Haushalte mit der Technik rund 900 Euro Strom- und Gaskosten im Jahr sparen, sagt Baxi-Innotech-Chef Gummert. Wissend, dass derlei Berechnungen nur ein Indikator sein können.

Eines aber ist schon jetzt klar: „Trotz niedrigerer Energiekosten werden sich Brennstoffzellen ohne staatliche Hilfe nicht etablieren können“, sagt ZBT-Fachmann Beckhaus. Bis die Technik dank Großserienfertigung auch in der Anschaffung preislich konkurrenzfähig sei, gehe es ohne Anschubprogramm nicht.

Auch dabei könne Japan Vorbild sein, sagt Badenova-Manager Preiser und verweist auf das 100 000-Dächer-Programm. Damit hatte die rot-grüne Bundesregierung 1999 die Einführung der Solartechnik für Privatnutzer und Unternehmen angestoßen. „Und erfolgreich eine Idee der japanischen Regierung kopiert.“

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