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Gbureks Geld-Geklimper

Gefährliche Immobilienblasen

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Die Immobilienpreise steigen und mit ihnen die Schulden der Spekulanten. Daraus ist eine Blase entstanden, die jederzeit platzen kann. Was Anleger dagegen unternehmen sollten.

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Wo eine Immobilienblase droht
Eine deutsche Immobilienblase ist vorerst nicht zu erkennen – so lautet die Einschätzung des Empirica-Instituts. Ihr Blasenindex für 2014 zeigt in den größten Städten Deutschlands keine akute Gefahr an. Mieten, Kaufpreise und Einkommen steigen nämlich vielerorts im Gleichklang. Laut empirica drohen Blasen auf dem Immobilienmarkt erst, wenn die Kaufpreise schneller als die Mieten steigen, die Kaufpreise wiederrum schneller als die Einkommen steigen, in spekulativer Erwartung mehr Wohnungen gebaut und dafür zudem mehr Kredite aufgenommen werden. Quelle: REUTERS
In Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf ist die Bildung einer regionalen Immobilienblase in den kommenden Jahren wahrscheinlich. Gemessen am Referenzwert von 2004 ist sowohl die Anzahl die für den Erwerb einer Eigentumswohnung benötigten Jahresmieten als auch die dafür benötigten Jahreseinkommen gestiegen. Brauchte man im ersten Quartal 2004 lediglich 22,4 Jahresmieten, benötigte man 2014 bereits 25,5. Bei den Jahreseinkommen stieg die Zahl von 5,3 auf 5,9. Bei beiden Werten leuchtet die Blasenampel rot auf. Lediglich die Fertigstellung neuer Wohnungen je 1000 Einwohner macht einen stabilen Eindruck. Statt 2,1 im Jahre 2003 wurden 2012 1,8 Wohnungen je 1000 Düsseldorfer errichtet. Insgesamt herrscht in Düsseldorf eine mittelmäßig einzustufende Blasengefahr. Blasengefahr: GelbHinweis: Empirica teilt ihr Bewertungsschema zur Untersuchung der Blasengefahr in Deutschlands Großstädten in vier Kategorien ein: „Vervielfältiger“ gibt an, wie viele Jahresmieten nötig sind, um eine Eigentumswohnung erwerben zu können, „Preis-Einkommen“ misst die Anzahl der benötigten Jahreseinkommen für den Erwerb einer Eigentumswohnung, „Fertigstellungen“ zeigt, wie viele Wohnungen je 1000 Einwohner pro Quartal fertiggestellt wurden. Die vierte Kategorie beziffert die gesamte Blasengefahr für die jeweilige Stadt. Zur Kennzeichnung der Blasengefahr verwendet Empirica eine „Ampel-Logik“. Rot bedeutet akute Blasengefahr, Gelb eine mittelmäßige Blasengefahr und grün eine stabile Immobilienmarktentwicklung. Die Daten beschreiben die Entwicklung des ersten Quartals 2014 im Vergleich zum ersten Quartal 2004. Quelle: dpa/dpaweb
In den Großstädten der neuen Bundesländer sieht die Immobilienmarktsituation entspannter aus, als in den Städten der alten Länder. So steht die Ampel im Dresden in der Kategorie „Vervielfältiger“ auf grün. Im Vergleich zu 2004 sank die Anzahl der Jahresmieten für den Erwerb einer Wohnung von 25 auf 22,6. Damit liegt die Stadt unter dem bundesdeutschen Schnitt von 24,9. Bei „Preis-Einkommen“ stieg der Wert leicht von 5,4 auf 5,6. Die Ampel leuchtet hier gelb auf. Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
In Bremen zeigen die Indikatoren eine leichte Blasengefahr an, die schnell akut werden könnte. Die Jahresmieten stiegen um 19,9 auf 21,6, das Preis-Einkommensverhältnis um 0,1 auf 4,8. Nur die Fertigstellung neuer Wohnungen gab leicht nach von 2,2 auf 1,2. Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
Deutschlands teuerster Immobilienmarkt zeigt in der Empirica-Studie die deutlichsten Anzeichen einer möglichen Blasenbildung. Zwar gehört München zu den einkommensstärksten Regionen der Republik, das Preis-Einkommensverhältnis leuchtet dennoch rot auf. Wurden 2004 noch 7,3 Jahreseinkommen für eine Eigentumswohnung verlangt, waren es im ersten Quartal 2014 schon 8,8. In der Kategorie „Vervielfältiger“ stieg die Zahl von 27,7 auf 31,1. Auch hier steht die Ampel auf rot. Nur die Zahl der Fertigstellungen macht einen stabilen Eindruck. Hier stieg die Zahl der neuen Wohnungen von 2,9 auf 4,3. Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
Die beliebte Studentenstadt Köln gehört ebenfalls zu den eher sich erhitzenden regionalen Immobilienmärkten. Das Jahresmieten-Kaufpreisverhältnis stieg um 2,3 auf 25 und leuchtet rot auf. Das Preis-Einkommensverhältnis präsentiert sich etwas stabiler mit einem Anstieg von lediglich 0,2 auf 6,2. Im Vergleich zum Deutschlandweiten Schnitt von 4,6 liegt die Zahl allerdings klar darüber. Blasengefahr: Gelb Quelle: WirtschaftsWoche
In der Finanzmetropole Frankfurt am Main werden für den Erwerb neue Wohnungen 23,7 Jahresmieten fällig. Im ersten Quartal 2004 waren es lediglich 20,6. Das Preis-Einkommensverhältnis tendiert auf stabilen 7,2 Jahreseinkommen. Blasengefahr: Gelb Quelle: WirtschaftsWoche

Das nennt man geschicktes Timing: Die allgemeine Aufregung über die Zinsentscheidung der EZB vom 5. Juni hatte sich gerade gelegt, da preschte der Internationale Währungsfonds (IWF) gerade mal sechs Tage später mit einer brisanten Studie an die Öffentlichkeit. Der zufolge droht ein Crash an den Immobilienmärkten. Der Clou: Die Daten dazu waren schon vor der EZB-Entscheidung einem kleinen exklusiven Kreis bekannt, wurden aber bewusst unter Verschluss gehalten, denn ihre Veröffentlichung hätte den EZB-Rat beeinflussen können.

Wie ernst soll man die IWF-Studie nehmen? Lassen wir dazu einige Kernaussagen Revue passieren: Das Ende des Häuserbooms in den USA und dann auch anderswo war eine wesentliche Ursache der Finanzkrise in den Jahren danach. Die Immobilienblase hat entscheidend speziell zur Krise der Banken beigetragen, deren vielfache Verknüpfung untereinander sich als sehr gefährlich erwiesen hat. Politiker und Notenbanker wissen nicht, wie sie die nächste Krise an den Immobilienmärkten verhindern sollen, weil ihnen dafür keine Instrumente zur Verfügung stehen. Die Komplexität des Problems schreckt sie von Lösungsansätzen ab. Gefährdete Länder sind vor allem Belgien, Norwegen, Schweden, Kanada und Australien. Die expansive Geldpolitik lässt die Blase immer größer werden. Am Ende verlagern sich die Lasten von den Schuldnern zu den Gläubigern.

Wo sich der Immobilienkauf noch lohnt

Eine gefährliche Kombination von Immobilien- und Schuldenblase

Der IWF konnte natürlich nicht in jedes Detail gehen, und im Gegensatz zum geschickten Timing aus Anlass der Veröffentlichung ist das Crash-Timing nicht steuerbar. Dennoch vermittelt die Studie genug Stoff zum Nachdenken über Immobilienblasen im Allgemeinen sowie über die vergangene und die aktuelle Entwicklung im Besonderen. Es geht ja nicht um einen Crash an den Aktienmärkten, der, so schlimm er enden mag, irgendwann wieder von einem Kursaufschwung abgelöst wird. Sondern es handelt sich wegen der riesigen aufgepumpten Volumina und wegen des hohen Einsatzes von Fremdkapital um eine Kombination aus Immobilien- und Schuldenblase. Das Phänomen hat internationale Dimensionen, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Es ist gerade mal ein knappes Vierteljahrhundert her, als die japanische Immobilienblase platzte und Aktien mit in die Tiefe riss. Die Folgen sind bis heute nicht ausgestanden, sondern nur flüchtig vom letzten Anstieg der japanischen Aktienkurse überdeckt. Kaum hatten deutsche Anleger das Problem der Japaner wahrgenommen, da besorgten sie ihr eigenes: mithilfe des Finanzmarktförderungsgesetzes. Dahinter verbargen sich Sonderabschreibungen von 50 Prozent auf Immobilien in den neuen Bundesländern einschließlich West-Berlin. Die dadurch entstandene Blase platzte in der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Dann ging es rund um den Globus weiter: Erst amerikanische Häuserblase, 2006 peng, besonders Ausländer bliesen Immobilienpreise in Spanien und Irland auf, 2007 peng, Londoner Preise für Gewerbe- und Wohnimmobilien gleichermaßen kräftig rauf und runter, jetzt wieder oben, schließlich deutsche und chinesische Häuserblase, Ende offen.

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