Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Keine Frage, die selbstgenutzte Immobilie ist beliebt wie nie – und dank Niedrigzinsen auch für viele Haushalte erstmals erschwinglich. Deshalb ist die Freude groß, wenn die Bank eine Immobilie finanziert. Doch vor lauter Euphorie vergessen viele Hauskäufer die Folgekosten.
Drei Viertel der deutschen Makler sagen, dass ihre Kunden zu wenig über die Nachrüstpflichten für ihre Wohngebäude wissen. Das ergab der Marktmonitor Immobilien des Immobilienportals immowelt.de.
Fakt ist: Zahlreiche gesetzliche Vorschriften entpuppen sich im Nachhinein als erhebliche finanzielle Last. Dafür verantwortlich ist die Energieeinsparverordnung, kurz EnEV. Sie gibt es bereits seit dem Jahr 2002, seitdem wurde sie ständig aktualisiert. Jetzt gibt es eine neue Fassung, die EnEV 2014. Sie hat erhebliche Folgen - und zwar sowohl für Immobilieneigentümer und Bauherren als auch für Kaufinteressenten, Vermieter und Mieter.
Vor allem werden bestimmte Auflagen und Vorschriften zum energetischen Zustand von Wohngebäuden nun mit mehr Druck durchgesetzt. Die Änderungen betreffen insbesondere vier Bereiche: Den Energieausweis, strengere Mindeststandards für Neubauten sowie eine Sanierungspflicht für obere Geschossdecken und alte Heizkessel.
Neuer Energieausweis
Bislang konnte nur der Interessent an einem Gebäude einen Energieausweis verlangen. Waren sich Käufer und Verkäufer einer Immobilie einig, konnten sie auf den Energieausweis verzichten. Deshalb setzte sich der Energieausweis bislang nicht durch. Einer WirtschaftsWoche Online vorliegenden, bislang unveröffentlichten Umfrage vom Immoscout24 zufolge hat knapp die Hälfte der rund 700 befragten Inserenten noch keinen Energieausweis. Als Grund gibt mehr als die Hälfte an, ihn für überflüssig zu halten, weitere 38 Prozent scheuten den Energieausweis wegen der damit verbundenen Kosten. Nicht einmal ein Drittel der Verweigerer plant in Rahmen der neuen Gesetzgebung, einen Energieausweis zu beantragen.
Doch jetzt hat sich die Rechtslage geändert: Mietern und Immobilienkäufern ist der Energieausweis unaufgefordert vorzulegen – spätestens beim ersten Besichtigungstermin.
Außerdem müssen Anbieter die Energiekennwerte bereits in den Immobilienanzeigen ausweisen. Vorgeschrieben sind Angaben zum Baujahr und zur Art der Heizung sowie zum Energieaufwand pro Quadratmeter und Jahr in Kilowattstunden.
Bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), einem halbstaatlichen Kompetenzzentrum für Energieeffizienz, verspricht sich Bereichsleiter Christian Stolte davon einen erheblichen Vorteil. Immerhin sei der Energiebedarf häufig ein wichtiges Kriterium beim Kauf einer Immobilie. "Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird das Bewusstsein dafür erhöhen."
Wird der Energieausweis nicht vorgelegt, begeht der Anbieter einer Immobilie eine Ordnungswidrigkeit - und die kann bis zu 15.000 Euro Bußgeld nach sich ziehen. Allerdings gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2015. Damit sollen sich alle Beteiligten schrittweise auf die neuen Vorschriften einstellen. Ist jedoch bereits ein Energieausweis vorhanden, müssen die energetischen Kennwerte auch in Annoncen stehen. Spätestens beim Besichtigungstermin muss ein Ausweis unaufgefordert vorgelegt werden.
Wie beim Kühlschrank
Eine weitere Neuerung betrifft die Darstellung im Energieausweis. Ab sofort nutzen die Ausweise Energieeffizienzklassen, wie man sie von Elektrogeräten kennt. Das Optimum: Die Klasse A+, für einen Energieaufwand von weniger als 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Das Schlechteste: Klasse H, mit mehr als 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Hinzu kommen bunte Farben, von grün für gute Werte über gelb und orange bis hinzu tiefrot für die schlechteste Energieeffizienzklasse. Damit sollen Interessenten sofort erfahren, ob es sich um ein sparsames Gebäude oder eine Energieschleuder handelt.
Unsanierte und teilsanierte Gebäude dürften nach Schätzungen der dena größtenteils in den Klassen C bis G liegen. Bei energieeffizient sanierten Gebäuden oder Neubauten sollten die Klassen A+, A und B den Schwerpunkt bilden.
Makler kritisieren diese Kategorisierung. Sie halten einen Blick auf die Nebenkostenabrechnungen für sinnvoller – auch wenn diese stark vom Heizverhalten der Bewohner abhängen.
Verschiedene Optionen
Geblieben ist die Wahlmöglichkeit zwischen einem Bedarf- und einem Verbrauchsausweis. Lediglich für Gebäude mit bis zu vier Wohneinheiten, die vor 1977 gebaut wurden, ist der Bedarfsausweis zwingend vorgeschrieben. Dieser berechnet den Energiebedarf eines Gebäudes anhand der vorhandenen Bausubstanz und Aspekte wie der Heizungsanlage, der Qualität und Größe der Fenster oder der bereits erfolgten Wärmedämmung des Gebäudes.
Weil der Bedarfsausweis die Energiebilanz von Häusern unabhängig vom Heizverhalten oder Witterungsschwankungen kalkuliert, ist er für viele Hauseigentümer erste Wahl. Allerdings liegen die Werte regelmäßig über dem tatsächlich gemessenen Verbrauch.
Der Verbrauchsausweis richtet sich nach den tatsächlichen Energiekosten der vergangenen Jahre. Damit liefert er praxisnahe Ergebnisse. Dafür schränken die Witterungsverhältnisse der betrachteten Jahre und die damit verbundenen Heizgewohnheiten die Vergleichbarkeit mit anderen Gebäuden ein.
Den Energieausweis erstellt ein Energieberater, der über die Expertenlisten bei der dena oder der KfW gefunden werden kann. Sie können mittlerweile aber auch über spezialisierte Dienstleister im Internet beantragt werden. Abhängig vom Aufwand kosten sie zwischen 50 und 350 Euro. Diese Kosten kommen nun auf alle Hauseigentümer zu.
Bei der Nachbesserung bestehender Häuser gibt es nur kleine Änderungen, außerdem ist davon nicht jeder Hauseigentümer betroffen. Die Wärmedämmung der obersten Geschossdecke ist nun Pflicht - falls das Dachgeschoss unbeheizt und das Dach nicht ausreichend gedämmt ist.
Dafür haben Immobilienbesitzer bis Ende 2015 Zeit, bei einem Eigentümerwechsel sind es zwei Jahre. Ob tatsächlich Dämmpflicht besteht, muss im Einzelfall – am besten durch einen qualifizierten Energieberater – geprüft werden. Der Hintergrund: Der Wärmedurchgangskoeffizient der Dachdämmung - der sogenannte U-Wert -, darf ein bestimmtes Maximum nicht überschreiten.
Von der Vorschrift ausgenommen sind Hauseigentümer, die zum 1. Februar 2002 mindestens eine Wohnung in dem Gebäude selbst genutzt haben. Für sie besteht Bestandsschutz nach den damals gültigen Vorschriften der Wärmeschutzverordnung. Nachrüsten müssen aber Besitzer alter Heizkessel. Öl- und Gasheizungen, die vor 1985 installiert wurden, müssen bis 2015 gegen eine moderne Heizanlage ausgetauscht werden. Später eingebaute Heizungen sind nach 30 Jahren zu ersetzen. Ausnahmen von dieser Regel gibt es für Niedertemperatur- und Brennwertkessel.
Kleines Schlupfloch
Daneben können auch hier Immobilieneigner, die vor Februar 2002 schon Selbstnutzer waren, die Austauschpflicht ignorieren. Allerdings dürfte es sich für die meisten Hauseigentümer durchaus bezahlt machen, derart veraltete Heizkessel durch ein modernes Gerät zu ersetzen. Denn die Sanierungsmaßnahmen rechnen sich durch die Energieersparnis so schnell wie eine neue Heizung.
Für neue Bauvorhaben sind die Regeln allgemeingültig. Spätestens ab 2016 müssen Neubauten erneut höhere Anforderungen an Wärmedämmung und Anlagentechnik erfüllen.
Der zulässige Wert für den Jahresenergiebedarf wird nochmals um 25 Prozent gesenkt. Gleichzeitig muss die Wärmedämmung um 20 Prozent stärker ausfallen. Die Mindeststandards müssen für Bauvorhaben umgesetzt werden, bei denen Bauantrag oder Bauanzeige nach dem 1. Mai 2014 erfolgt.
Für Neubauten ohne Genehmigung oder Anzeige gelten die Bauvorschriften bei Baubeginn am 1. Januar 2016. In der Vergangenheit haben viele Bauherren in ihrer Planung die geltenden Energiestandards allerdings übererfüllt, so dass nicht alle laufenden Vorhaben an die neuen Anforderungen angepasst werden müssen.
Generell gilt aber weiterhin, dass energetische Sanierungsmaßnahmen nur dann zwingend erfolgen müssen, wenn sich die Maßnahme innerhalb einer annehmbaren Zeit amortisiert. Der Gesetzgeber hat diese Frist nicht klar geregelt. In der Rechtsprechung gilt allgemein ein Zeitraum von zehn Jahren als angemessen. Innerhalb dieser Zeit sollten die eingesparten Energiekosten den Mehraufwand für die energetische Sanierung abgedeckt haben.
Volkswirtschaftlich sind Zweifel an der Wirtschaftlichkeit umfangreicher Dämmmaßnahmen angebracht. Deshalb hat die dena den Energieberatern jüngst ein kostenloses Programm zur Verfügung gestellt, das auf den Analysen von rund 400 Modellsanierungen basiert. Dabei kann der Energieberater die Szenarien individuell oder regional anpassen. „Wenn es um die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden geht, ist die Motivation der Hauseigentümer und die Förderung der Sanierungen einem gesetzlichen Zwang überlegen“, sagt dena-Bereichsleiter Stolte.
Fazit: Die Pflicht zum Energieausweis ist die größte Errungenschaft der neuen Verordnung. Künftig dürften Käufer und Mieter den mehrseitigen Schriftstücken ständig begegnen. Auf dem Immobilienportal Immoscout24 finden sich die Energiekennwerte derzeit in 13 Prozent der Anzeigen. Spätestens in einem Jahr werden es nahezu 100 Prozent sein.