Gekündigte Bausparverträge Vergleich statt Urteil

Trotz eines richtungsweisenden Urteils zur Kündigung von Bausparverträgen im Februar sind noch nicht alle Kämpfe um die Kündigungsgründe ausgefochten. Nun wurde ein Prozesstermin am BGH aufgehoben.

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Strittig ist, ob in Aussicht gestellte Bonuszahlungen der Bausparkasse auf die Bausparsumme angerechnet werden dürfen. Quelle: dpa

Frankfurt Wo es heute auf Bankkonten Nullzinsen oder für Vermögende bisweilen sogar Strafzinsen gibt, erscheinen Bausparverträge aus den 1990er-Jahren mit ihrer Verzinsung von drei und mehr Prozent im Vergleich zu ähnlich sicheren Geldanlagen als hochattraktiv.

Das hatten sich offenbar auch zwei Besitzer von Bausparverträgen gedacht, denen die BHW in den Jahren 2014 und 2015 gekündigt hatte. Als Grund führte die BHW an, dass die Kunden ihre Bausparverträge bereits voll angespart hätten – jedenfalls dann, wenn man die Bonusansprüche einrechne. Die Kunden wollten jedoch nicht hinnehmen, dass auch die Boni berücksichtigt wurden. Schließlich werden diese nur ausgezahlt, wenn der Kunde auf ein Bauspardarlehen ausdrücklich verzichtet. Das bestätigt auch ein Sprecher der BHW auf Nachfrage. Solange aber die Bausparsumme nicht voll angespart wurde, bestand noch die Möglichkeit auf ein Darlehen. Die Kunden klagten.

Das Oberlandesgericht Celle gab ihnen Recht: BHW hätte nicht kündigen dürfen. Die Bausparkasse ging in Revision. Am kommenden Dienstag hätte der Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt werden sollen. Nun wurde der Termin aufgehoben, weil die Bausparkunden ihre Klagen zurückzogen.

„Wir haben uns außergerichtlich mit den Klägern geeinigt“, erklärt ein Sprecher der BHW dem Handelsblatt. Über die Details der Einigung wollte er sich nicht äußern.

In beiden Fällen geht es um einen Sonderaspekt des Kündigungsrechts von Bausparkassen. „Im Grunde geht es darum, ob mögliche Bonusansprüche aus den Verträgen auch auf das Guthaben angerechnet werden“, erklärt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sei dies der Fall, würde die Bausparsumme früher erreicht, was „unstrittiges Kündigungsrecht“ begründen würde.

Möglicherweise hätten sich in dem Verfahren aber auch die Werbung und die vertraglich eingeräumten Rechte auf Bonusrendite auf die Auslegung des Vertrags ausgewirkt. „Nach unserer Auffassung spielte in vielen Fällen das Erlangen eines Bauspardarlehens für den Vertragsabschluss keine Rolle“, sagt Nauhauser. Schließlich habe die BHW Bausparverträge eins mit Worten wie „Renditeknaller“ beworben. Im Klartext geht es also um die Frage, ob bei den Aussichten auf Rendite das Bauspardarlehen tatsächlich noch das Hauptziel des Vertrags ist.


Worum es bei den Klagen ging

Bei den betroffenen Kunden, die nun ihre Klage zurückzogen, handelt es sich laut Mitteilung des BGH um Verträge mit einer Bausparsumme von 50.000 D-Mark (25.565 Euro) und 150.000 D-Mark (76.694 Euro), die 1998 und 1999 abgeschlossen wurden. Zum Zeitpunkt der Kündigungen hatten die beiden Kunden noch Anspruch auf rund 1.573 beziehungsweise 10.836 Euro als Bauspardarlehen. Die Ansprüche auf Boni hätten jedoch 4.765 und 23.991 Euro betragen und damit höher gelegen als die Bausparsumme, erklärte die Bausparkasse.

Eine höchstrichterliche Rechtsprechung vom BGH, ob eine Kündigung in diesen Fällen rechtens ist, wird es vorerst nicht geben. Die Urteile des OLG Celle (Aktenzeichen: XI ZR 537/16 und XI ZR 540/16) im Sinne der Verbraucher haben weiter Bestand. „Es liegt auf der Hand, dass keine Bausparkasse ein Interesse an einem negativen BGH-Urteil hat, dann würde die Verärgerung der Kunden nur erneut hochkochen. Das käme den Bausparkassen, die seit Februar Rückenwind vom BGH fühlen, so gar nicht gelegen“, sagt Nauhauser. Der Verbraucherschützer rät allen übrigen Kunden der BHW mit ähnlichem Sachverhalt, sich erneut an die Bausparkasse zu wenden.

Die BHW selbst fürchtet sich jedoch nicht vor größeren Unwägbarkeiten. Es handele sich bei den Betroffenen um „spezielle Einzelfälle“, erklärt ein Sprecher.

Bereits im Februar hat es hingegen eine richtungsweisende Rechtsprechung des BGH zu gekündigten Bausparverträgen gegeben. Damals entschieden die Karlsruher Richter, dass Bausparverträge in der Regel zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar seien. Zuteilungsreif heißt, dass der Kunde Anspruch auf ein Bauspardarlehen hat. Dazu muss der Kunde eine Mindestansparsumme – typischerweise 40 bis 50 Prozent der Bausparsumme – und eine von der Bausparkasse bestimmte Bewertungsziffer erreicht haben. Ob Boni auf diese Summe angerechnet werden könnten, wurde in dem Urteil nicht geklärt.

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