Gewerbeimmobilien in der Coronakrise Mietmarkt für Büroflächen im freien Fall

Top-Deal - die Treptowers an der Spree in Berlin (hier 2018): im dritten Quartal 2020 mietete die Deutsche Rentenversicherung Bund 84.000 Quadratmeter Bürofläche in dem Gebäudekomplex. Derzeit wird noch saniert. Quelle: imago images

Auf dem Büromarkt geht es durch die Coronakrise weiter abwärts. Der Büroflächenvermietung in den Top-7-Städten fällt im dritten Quartal in Folge – mit zunehmendem Tempo. Investoren aber kaufen weiter Bürogebäude.

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Homeoffice, Kurzarbeit und Stellenabbau in den Corona-gebeutelten Branchen hinterlassen tiefe Spuren auf dem Markt für Büroflächen. Laut einer Analyse von German Property Partners (GPP), einem Netzwerk lokaler Gewerbeimmobilien-Dienstleister,  sank der Flächenumsatz bei der Vermietung von Büroimmobilien im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal um 41 Prozent. Schon in den beiden Vorquartalen war  die Zahl der neu vermieteten Quadratmeter bedenklich gesunken. So betrug das Minus im ersten Quartal – das ja nur im März vom Corona-Lockdown betroffen war – gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum 25 Prozent, im zweiten Quartal lag das Minus bei 35 Prozent. Der Abwärtstrend bei der Vermietung von Büroflächen nimmt somit weiter Fahrt auf.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand. „Insbesondere Firmen aus industriellen und technischen Branchen stellen Anmietungsentscheidungen zurück oder erwägen Flächenreduzierungen“, erläutert Oliver Schön, Sprecher von GPP, die jüngsten Zahlen. „Unternehmen, deren Mitarbeiter häufiger im Homeoffice arbeiten oder die von der Pandemie stärker betroffen sind, denken nun vermehrt über die Einsparung von Büroflächen nach.“

Schön rechnet damit, dass dieser Trend in den kommenden Monaten anhalten wird. Bislang hat sich der Leerstand bei Büroimmobilien allerdings  kaum erhöht. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil leerstehender Büroflächen im dritten Quartal lediglich um 0,2 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. In Düsseldorf ist als einziger Top-7-Stadt die Leerstandquote sogar gesunken, von 7,3 auf 6,8 Prozent.



Von den Top-7-Städten verzeichnete Stuttgart mit einem Minus von 62 Prozent den größten Rückgang, gefolgt von Berlin mit minus 45 Prozent. Am besten schlug sich noch München mit minus 28 Prozent (siehe Grafik)*. Insgesamt dürfte der Jahresumsatz mit Büroflächen laut GPP-Prognose weit unter dem der Vorjahre liegen, 2020 wird voraussichtlich nur eine Flächenumsatz von rund 2,5 Millionen Quadratmetern erreicht. Es wäre der zweitniedrigste Wert seit der Finanzkrise 2009. Zugleich rechnet GPP-Sprecher Schön aufgrund von mehr Untermietflächen, Projektfertigstellungen und Firmenverkleinerungen sowie Insolvenzen mit höherem Leerstand in den Top-7-Städten sowie abnehmendem Flächenbedarf: „Das führt in der Konsequenz zu sinkenden Mieten, insbesondere in weniger nachgefragten Lagen.“

Auf der anderen Seite hat GPP beobachtet, dass es auf dem Büromietmarkt allmählich wieder lebhafter zugeht. Dass sich das bislang nicht im Flächenumsatz widerspiegelt, begründet GPP damit, dass sich viele Anmietungsprozesse coronabedingt verzögern.

Bei den Mietpreisen liegt Berlin mit durchschnittlich 29 Euro pro Quadratmeter an der Spitze im Metropolenvergleich, gefolgt von München (22,50 Euro) und Frankfurt (21,60 Euro). Köln ist mit durchschnittlich 15 Euro pro Quadratmeter Bürofläche noch die günstigste unter den sieben Städten.

Verkauf von Gewerbeimmobilien stockt

Die Coronakrise bremst auch den Markt für die Top-Gewerbeimmobilien in den Metropolen. Gegenüber dem dritten Quartal 2019 hat das Transaktionsvolumen laut GPP in den Monaten Juli bis September in den sieben größten deutschen Städten um 20 Prozent abgenommen, es sank um rund 4,7 Milliarden Euro auf 18,94 Milliarden Euro.

Tatsächlich verläuft die Entwicklung aber weder in den Städten noch in den verschiedenen Immobiliensegmenten gleich. So konnte etwa das Transaktionsvolumen in Hamburg und Düsseldorf gesteigert werden, in den  übrigen Großstädten Köln, Stuttgart, Frankfurt, Köln, München und Berlin war es deutlich rückläufig. Die Hauptstadt verzeichnete mit einem Minus von 42 Prozent auf nunmehr 4,75 Milliarden Euro den größten Rückgang. Allerdings war das entsprechende Vorjahresquartal in Berlin auch ungewöhnlich stark.

Dass die Verkäufe in Hamburg um 37 Prozent auf 3,64 Milliarden Euro steigen konnten, verdankt die Hansestadt vor allem vielen großvolumigen Transaktionen. So wurde beispielsweise das Neubauprojekt „Johann-Kontor“ in der Innenstadt mit geplantem 4-Sterne-Hotel, 145 Wohnungen und Büroflächen für mehr als 300 Millionen Euro vermarktet. Auch das Gruner+Jahr-Verlagshaus am Baumwall, das architektonisch an ein Schiff erinnert, wechselte für 300 Millionen Euro den Besitzer.


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Investoren kaufen unverdrossen Büroflächen

Gleichzeitig zeigt sich in der Gesamtentwicklung, dass vor allem Büroimmobilien bei Investoren nach wie vor begehrt sind. Teils deutlich mehr als die Hälfte der Investitionen in Gewerbeimmobilien entfallen auf Bürogebäude. Düsseldorf erreicht hier sogar einen Anteil von 81 Prozent. „Die aktuell starke Nachfrage in der Assetklasse Büro bezieht sich insbesondere auf Objekte in Toplagen mit bonitätsstarken Mietern bei langfristigen Verträgen“, erklärt Schön den Widerspruch. „In B- und C-Lagen hingegen sind auch Büroimmobilien inzwischen deutlich schwieriger verkäuflich als vor der Pandemie. Solche Häuser werden langfristig schlechter zu vermarkten sein als Objekte mit Leerstand in den Innenstädten.“ Von Corona und Homeoffice betroffen seien vor allem Branchen, die klassischerweise in der Peripherie der Großstädte angesiedelt seien. Zudem seien die Alternativen zu Büroobjekten noch zu unattraktiv. „Hotel-, Einzelhandels- und Freizeitimmobilien sind zu risikoreich und das Angebot an Pflegeimmobilien ist rar gesät“, so Schön. Das zeigen auch die Zahlen: Einzelhandelsobjekte kommen auf einen Anteil von neun Prozent, Hotels kommen gar nur auf vier Prozent Anteil am Gesamtvolumen.

Immerhin gibt es Anzeichen einer leichten Marktbelebung gegenüber dem bereits stark von der Coronakrise geprägten zweiten Quartal 2020. Über alle Top-7-Städte gerechnet, ergab sich ein Transaktionsvolumen von 6,5 Milliarden Euro. Das waren 1,8 Milliarden Euro mehr als im Zeitraum von April bis einschließlich Juni.
*Korrekturanmerkung: In einer ersten Fassung des Artikels stand fälschlicherweise, dass Berlin den größten Rückgang verzeichnet hätte.

Mehr zum Thema: In fünf europäischen Großstädten herrscht das akute Risiko einer Immobilienblase.

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