Gewerbeimmobilien in der Krise „Selbst in Toplagen kommt es zu Korrekturen“

Torsten Hollstein ist Geschäftsführer des Immobilienunternehmens CR Investment Management Quelle: CR Investment Management

Immobilienmanager Torsten Hollstein rechnet schon bald mit mehr Mietausfällen und Restrukturierungen bei Hotel-, Handels- und Büroimmobilien.

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Torsten Hollstein ist Geschäftsführer des Immobilienunternehmens CR Investment Management, das sich unter anderem auf die Verwertung finanziell angeschlagener Immobilien spezialisiert hat. Bekannt wurde es vor allem durch sein Engagement bei der insolventen Kaufhauskette Hertie.

WirtschaftsWoche: Herr Hollstein, wegen der Coronapandemie kämpfen Hotels und Einkaufszentren ums Überleben. Ist der Boom bei Gewerbeimmobilien vorbei?
Torsten Hollstein: Zunächst meinten fast alle in der Branche, dass Corona kaum Auswirkungen auf sie haben dürfte. Nun setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass sie die Folgen der Pandemie mit Verzögerung treffen. Die Geschäftsmodelle vieler Mieter sind wirtschaftlich kaum mehr tragfähig. Schon im Winter rechne ich mit deutlich anziehenden Insolvenzzahlen.

Nach aktuellen Prognosen werden die unter anderem Einkaufszentren hart treffen.
Da wird sich der Trend der vergangenen Jahre beschleunigen. Für Einkaufszentren werden schon länger kaum noch neue Flächen ausgewiesen. Es geht darum, die Nutzung zu sichern, indem man die vorhandenen Objekte attraktiver gestaltet. Dafür sind Investitionen erforderlich. Zudem werden die bisher dominierenden Modegeschäfte teilweise von Restaurants und Entertainment-Angeboten ersetzt, die tendenziell niedrigere Mieten zahlen. Große und kapitalstarke Vermieter können das verkraften. Wir rechnen mit fallenden Preisen und etlichen Restrukturierungen.

Das gilt vor allem für weniger attraktive Standorte.
Ich gehe davon aus, dass es selbst in Toplagen zu Korrekturen kommt. Denn auch die hier oft ansässigen Luxusketten haben erkannt, dass sie ihre Produkte gut online verkaufen können und werden Standorte überdenken. Die müssen sicher an der Kö in Düsseldorf und der Maximilianstraße in München präsent sein. Aber muss es wirklich in jeder halbwegs großen Stadt Läden von Gucci und Burberry geben?



Bei Hotels dürfte es kaum besser aussehen.
Hier hat es in den vergangenen Jahren den größten Boom gegeben. Nun dürfte der Weg zurück zur Normalität besonders lang sein – vor allem für Kongress- und Flughafenhotels. Absolute Spitzenadressen werden bei Investoren weiter gefragt bleiben, auch die günstigen Budget-Angebote werden sich vermutlich weiter durchsetzen. Für viele Drei- oder Vier-Sterne-Hotels in Stadt- und Randlagen aber wird es eng werden.

Was bedeutet es für Bürovermieter, dass das Home Office in vielen Unternehmen teilweise zur Dauerlösung zu werden scheint?
Die Unsicherheit ist groß. Trotz des Trends zum flexiblen Arbeiten haben bisher nur wenige Unternehmen angekündigt, dass sie tatsächlich Flächen abmieten wollen. In Deutschland kommen auch aktuell noch deutlich mehr Menschen ins Büro als in London oder New York. Es lässt sich aber bereits feststellen, dass das Mieterrisiko wieder eine größere Rolle spielt. Eine Immobilie wird höher bewertet, wenn sie für zehn Jahre an einen Pharma- und nicht an einen Reisekonzern vermietet ist.

von Saskia Littmann, Lukas Zdrzalek, Rüdiger Kiani-Kreß, Cornelius Welp

Derzeit gibt es vor allem in den Metropolen viele ehrgeizige Büroneubauten. Lohnen die sich noch?
Wenn die Entwickler bereits eine vernünftige Vorvermietung vorweisen können, ganz sicher. Es wird immer eine Nachfrage nach Neubauten in Bestlage geben. Dabei ist aktuell auch wichtig, dass Nachhaltigkeit für viele Unternehmen eine größere Rolle spielt – und Neubauten sind nun mal deutlich klimafreundlicher im Betrieb. Der Boom wird sich aber sicher verlangsamen. Und es werden sich regionale Unterschiede zeigen: In Frankfurt gibt es traditionell viele Interessenten für Neubauten, hier wird eher der Leerstand bei älteren Gebäuden wachsen. In Berlin dagegen ist der ganz große Boom vermutlich erst einmal vorbei.

In der Finanzkrise 2008 wurden Kredite für den Kauf oder den Bau von Gewerbeimmobilien für viele Banken zum Problem. Drohen ihnen Verluste?
Verglichen mit den Jahren vor 2007 haben die Banken bei der Finanzierung konservativ agiert. An ihre Stelle sind vielfach von Finanzinvestoren aufgesetzte Kreditfonds getreten. Die werden von Insolvenzen hart getroffen und in vielen Fällen gezwungen sein, von ihnen finanzierte Immobilien selbst zu übernehmen und zu verwerten. 


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Dafür stehen Sie dann bereit.
Der Work-Out ist immer ein Kern unseres Angebots gewesen und wir registrieren bereits eine steigende Nachfrage. Bei finanziellen Problemlagen und Insolvenzen verhandeln wir mit Finanzierern und Mietern, kümmern uns um die Optimierung oder alternative Nutzung von Gebäuden und wirken auch bei einem möglichen Verkauf mit.

Sie profitieren also davon, dass es überall abwärts geht?
Nein, auch wir investieren weiter in Immobilien. Da gibt es auch jetzt attraktive Optionen. Zum Beispiel die Nachfrage nach sogenannten Serviced Appartements, also Zimmer mit hotelähnlichen Angeboten wie Reinigungsservice, dürfte weiter deutlich anziehen. Und es wird noch weitere Gewinner geben.

Mehr zum Thema: Leere Büros, geschlossene Hotels: Der Markt steht wegen Corona vor einem massiven Preiseinbruch.

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