Grundsteuer-Reform Hat Scholz' Reform-Vorschlag so eine Chance?

Bundesfinanzminister Scholz bezeichnet seinen Gesetzentwurf zur Grundsteuer als „sehr bürgerfreundlich, nett“. Quelle: dpa

Ende April soll das Kabinett einen Entwurf für die Grundsteuer-Reform beschließen. So der Plan von Finanzminister Scholz. Dabei ist der Streit um bestimmte Regelungen noch immer nicht beigelegt. Was es zu wissen gibt.

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Bis zum Jahresende muss die Bundesregierung die Grundsteuer reformiert haben. Diese Frist hat das Bundesverfassungsgericht gesetzt. Nach vielen Ansätzen, Diskussionen und viel Kritik an unterschiedlichen Vorschlägen muss sich das Kabinett für einen Entwurf entscheiden. Finanzminister Olaf Scholz hat seine Pläne nun festgezurrt und will sie am 30. April im Kabinett besprechen und absegnen lassen.

Was es zum Stand der Dinge zu wissen gibt:

Wie sehen Scholz' Reformpläne aus?

Im Grunde will Scholz das alte Grundsteuer-Modell beibehalten. In erster Linie sollen die Immobilien- und Grundstückbewertungen aktualisiert werden und lediglich einige kleine Neuerungen hinzugefügt werden. Alle Grundstücke in der Bundesrepublik sollen zum 1. Januar 2022 neu bewertet werden. Alle sieben Jahre sollen die Bewertungen dann überprüft und ggf. angepasst werden. Zur Berechnung werden nach Scholz' Plänen vor allem der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete eine Rolle spielen. Die so neu berechnete Grundsteuer soll erstmals 2025 fällig werden.

Damit diese erste Neubewertung der Grundsteuer nach Jahrzehnten nicht zu massiven Anstiegen bei der Steuer führt, plant Scholz, dass die ermittelten Werte dann wieder deutlich verringert, wobei die Relation zwischen höher und niedriger eingestuften Objekten aber erhalten bleibt. Scholz bezeichnete diese Regelung als „sehr bürgerfreundlich, nett“. Wie hoch die Steuer am Ende genau ausfällt, bestimmen die Kommunen mit dem so genannten Hebesatz. Ob die Gesamtbelastung für die Bürger die bisherigen rund 14,8 Milliarden Euro pro Jahr tatsächlich nicht übersteigt, liegt also in ihrer Hand.

Scholz zufolge soll die Neuregelung insgesamt nicht zu höheren Steuerbelastungen für die Bürger führen. Um durchschnittlich keine deutlich höhere Grundsteuer zu bekommen, will er die sogenannte Steuermesszahl, mit der der Wert der Immobilie multipliziert wird, drastisch senken. Mit dieser können die Einnahmen gesteuert werden. Scholz hofft dann darauf, dass die Kommunen über ihre Hebesätze dafür sorgen, dass die Belastung am Ende durchschnittlich nicht höher ausfallen wird. „Man kann mal davon ausgehen, in Berlin, in Hamburg, in München, in Düsseldorf, in Frankfurt, in Stuttgart, in Leipzig, in vielen, vielen anderen Orten, die sehr attraktiv sind, und wo die Grundstückswerte massiv gesteigert worden sind, werden die Bürgermeister und die Stadträte die Hebesätze dramatisch absenken“, sagte er. „Ich gehe mal davon aus, dass das flächendeckend in ganz Deutschland der Fall sein wird.“

Für den Sozialwohnungsbau soll es Abschläge bei der Steuerbelastung geben. Zudem Kommunen sollen über höhere Hebesätze auch die Möglichkeit bekommen, unbebaute Grundstücke stärker zu belasten – mit der so genannten Grundsteuer C. Damit soll Spekulationen mit Wertsteigerungen auf Böden entgegengewirkt und der Bau angeschoben werden. Die Einführung hatten CDU, CSU und SPD auch im Koalitionsvertrag vereinbart.

Eine Grundsteuer C gab es schon einmal, sie wurde in den 1960er Jahren abgeschafft.

Mit welchen Einnahmen und Ausgaben rechnet Scholz durch die Grundsteuer-Reform?

Einem Medienbericht zufolge geht Scholz davon aus, dass die Reform der Grundsteuer beim Staat zu zusätzlichen Personalkosten von mehr als 500 Millionen Euro führen wird. Die nötige Neubewertung von 36 Millionen Grundstücken und Gebäuden führe bei den Finanzämtern zu Personalkosten in Höhe von rund 462 Millionen Euro, berichtete das „Handelsblatt“ unter Berufung auf den Gesetzentwurf. Hinzu kämen demnach weitere Personalkosten von 76 Millionen Euro für Postverteilung und eine IT-Stelle. Bereits im laufenden Jahr seien bei den Finanzämtern laut dem Gesetzentwurf 222 Arbeitskräfte zusätzlich nötig. Höhepunkt sei das Jahr 2023, in dem Scholz mit 3045 zusätzlichen Arbeitskräften rechne.

Das Finanzministerium rechnet mit einem jährlichen Aufkommen durch die Grundsteuer von rund 14,8 Milliarden Euro – damit nimmt das Ministerium die gleiche Summe an, auf die sich die Grundsteuer aktuell beläuft.

Wie ist der Zeitplan zur Grundsteuerreform?

Die entscheidende Deadline kommt aus Karlsruhe. Um zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung auf den Weg gebracht zu haben, wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt, muss Scholz' Finanzministerium nun zügig handeln. Deshalb soll das Kabinett am 30. April über Grundsteuer entscheiden. „Dieser Termin ist erforderlich, um die vom Bundesverfassungsgericht bis zum 31. Dezember 2019 gesetzte Frist für die Neuregelung einzuhalten“, heißt es in einem Anschreiben an die anderen Ministerien, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitiert. Scholz gab seine Vorschläge am Dienstag in die so genannte Ressortabstimmung. Nun haben die übrigen Ministerien Gelegenheit bis zum 23. April Stellung zu beziehen.

Wie stehen die Chancen, dass Scholz' Reformkonzept durchs Kabinett kommt?

Zum größten Problem für Scholz und seine Reformpläne dürfte Bayern werden. Schon während der Diskussionsphase war deutlich geworden, dass Bayern andere Reformansätze favorisiert als der Finanzminister. Nachdem dieser nun seine finalen Pläne offengelegt hatte, kommentierte Ministerpräsident Markus Söder gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ sogleich, sie seien „ein sehr enttäuschender Vorschlag“ und kündigte kämpferisch an: „Das wird so nicht Gesetz werden.“ Stein des Anstoßes für Söder: Scholz sei in keiner Weise auf die Bedenken Bayerns eingegangen. „Damit ist der Zug aufs falsche Gleis gesetzt.“

Auch aus der Union insgesamt gab es Kritik an den Plänen des SPD-Ministers. Ebenso wie die Kritiker aus Bayern, stoßen sich die Unionspolitiker daran, dass eine Öffnungsklausel fehle, die den Ländern eigene Regelungen erlauben und damit mehr Einfluss sichern würde. Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) sagte, die Fraktion könne der Reform ohne Länder-Öffnungsklausel nicht zustimmen. Der Vorschlag von Scholz sei nicht abgestimmt und damit kein Entwurf der Koalition“. Zwischen Kiel und Konstanz gebe es viele Unterschiede, auch zwischen Stadtstaaten und Flächenländern. „Wir wollen deshalb föderale Vielfalt und passgenaue Lösungen ermöglichen“, verlangte Jung.

Die SPD wiederum lehnt die Forderung der Union zu Öffnungsklauseln für die Länder ab. „Ein rechtlicher Flickenteppich mit unterschiedlichen Grundsteuer-Modellen in unterschiedlichen Bundesländern muss vermieden werden“, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post. Es müsse auch weiterhin um eine bundeseinheitliche Regelung gehen.

Dies lässt mutmaßen, dass Scholz' Pläne ohne Änderungen so sehr wahrscheinlich nicht das Kabinett passieren werden.

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